Dem Wald geht es nicht gut. Die Bestände stehen vor großen Herausforderungen insbesondere vor dem Hintergrund des Klima-Wandels. „Dazu muss man sich nicht mal in umfangreiche Fachberichte einlesen, sondern es genügt mit offenen Augen durch unsere Wälder zu laufen, die immerhin ein Drittel der Bundesrepublik bedecken“, erklärt Johannes Schmitt, Geschäftsführer Deutscher Forstwirtschaftsrat e. V. in unserer Fachdebatte. Auf über einer halben Millionen Hektar sind nach seinen Aussagen Bäume abgestorben. Das Thünen-Institut gehe davon aus, dass rund drei Millionen Hektar Wald durch den Klimawandel besonders bedroht sind und ‚klimafit‘ umgebaut werden müssen.
Malte Campsheide, Geschäftsführer beim Deutschen Fortverein, betont, dass man mit dem Waldumbau nicht erst jetzt beginnt. „Bereits seit über 30 Jahren wird der Wald durch Forstleute aktiv an den Klimawandel angepasst.“ Damit diese Arbeit Früchte trage, brauche man jedoch zwei Dinge. Zuallererst müsse der Klimawandel gestoppt werden. Unter dieser Bedingung könnten die Forstleute versuchen, neue Wälder mit verschiedensten Baumarten entstehen zu lassen. Allerdings benötige man dazu nicht nur Gelder, sondern auch Wertschätzung für die Arbeit.
Für Hans von der Goltz, Bundesvorsitzender Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) muss die zukunftsgerichtete Forstwirtschaft den begonnenen Prozess des Waldumbaus beschleunigen und konsequent weiterverfolgen. Dabei habe die Forstwirtschaft nicht nur mehr die Stabilität von Einzelbäumen, sondern die des gesamten Ökosystems im Blick. „Wir sprechen von Dauerwald.“
Friederike Schulze Hülshorst, zuständig für Forstpolitik und Jagdrecht beim Deutschen Bauernverband (DBV), nennt Zahlen. Danach werden etwa die Hälfte der 11,4 Mio. Hektar des deutschen Waldes von Privatwaldbesitzenden gepflegt, diese seien von der aktuellen wirtschaftlichen Lage besonders hart getroffen. „Um den nachhaltigen Rohstoff Holz auch in Zukunft regional bereitzustellen, CO2 effektiv zu speichern und Verlagerungseffekte zu vermeiden, bedarf es der Honorierung von Ökosystemleistungen, um den Waldbesitzern zu erlauben, ihren Wald zukunftsfähig und klimafest zu gestalten.“ Dabei verweist sie auf Berechnungen des Thünen-Instituts, wonach in den nächsten 3 Jahrzehnten die gewaltige Summe von 43 Milliarden Euro benötigt wird.
Für Forstwirtschaftler Dr. Daniel Klein von Esri Deutschland nehmen die Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf den Natur- und Artenschutz, stetig zu. Immerhin helfen digitale Lösungen. „So kann mit GIS beispielweise genau erfasst und ausgewertet werden, welche Flächen wie genutzt werden. Welche Flächen sind von einer Nutzung ausgenommen? Wo können neue Waldflächen entstehen? Welche Flächen liefern wie viel Holz? Welche Flächen sind besonders waldbrandgefährdet?“ Bei der Beantwortung dieser und anderer wichtiger Fragen seien Geografische Informationssysteme enorm hilfreich.
In den Länder wird viel getan. So hat Baden-Württemberg im Jahr 2020 haben mit der ‚Waldstrategie Baden-Württemberg 2050‘ begonnen. „Sie ist als ein fortlaufender Prozess, um den neuen, enormen Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen und dabei die vielfältigen Chancen, Risiken und Ansprüche der Gesellschaft an den Wald in ihrer Gesamtheit in den Blick zu nehmen“, erklärt der zuständige Minister Peter Hauk( CDU). Im einem breit angelegten Dialog mit allen Waldakteuren werde über die Waldzukunft beraten und konkrete Maßnahmen erarbeitet, um den Wald und seine Gemeinwohlfunktionen zu erhalten und die Waldbewirtschaftung zukunftsfähig aufzustellen. Unter dem Dach der Waldstrategie habe man viele Projekte und Maßnahmen gestartet. Zum Beispiel die Weiterentwicklung der sogenannten Richtlinie der Waldentwicklungstypen.
Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Bündnis 90/Die Grünen) möchte die Waldfläche gerne weiter erhöhen. „Mein Ziel sind klimarobustere und artenreiche Laub- und Laubmischwälder. Dazu werden wir die Forschung an der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt stärken und den klimaangepassten Waldumbau sowie die forstliche Beratung in allen Besitzarten aktiv fördern.“ Allein im Jahr 2022 wurden in ihrem Bundesland 27,5 Mio. Euro Fördermittel für den Wald ausgezahlt, im Jahr 2023 stehen mehr als 30 Mio. Euro zur Verfügung. Das Ministerium hat eine Koordinierungsgruppe eingerichtet, um die Auswirkungen der mittlerweile im fünften Jahr massiv laufenden klimabedingten Krise des Waldes systematisch aufzuarbeiten.
Aus Hessen berichtet Umweltministerin Priska Hinz (Bündnis 90/Die Grünen) von einem „Integrierten Klimaschutzplanes 2025“, in dessen Rahmen gemeinsam mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA), Hessen-Forst und dem Hessischen Waldbesitzerverband ein Projekt erarbeitet wurde, das Empfehlungen für die Baumartenwahl und Bestandsbehandlung unter den Bedingungen des Klimawandels bereitstellt. „Auf dieser Grundlage wurden Karten online zur Verfügung gestellt, auf denen für die gesamte hessische Waldfläche Vorschläge für eine zukünftige Waldbestockung, sogenannte Waldentwicklungsziele zu sehen sind.“ Diese bilden die Grundlage für die Wiederaufforstung im Staatswald und für die Förderung der privaten und kommunalen Waldbesitzer.
Auch Schleswig-Holstein arbeitet mit Hilfe der NW-FVA. „Gemeinsam haben wir ein Projekt zur Anbauwürdigkeit und ökologische Zuträglichkeit alternativer Baumarten im Land Schleswig-Holstein auf den Weg gebracht“, erklärt Forstminister Werner Schwarz (CDU). Ziel sei es, gemeinsam mit allen Akteuren langfristige Konzepte zu erarbeiten, um die schleswig-holsteinischen Wälder fit für die Zukunft zu machen. Hierbei gelte es insbesondere auch den Privatwald einzubeziehen. Durch die zum Teil kleinteilige Besitzstruktur sei eine Unterstützung hier von besonderer Relevanz.
Sachsen hat als Leitbild die sogenannte integrative naturgemäße Waldbewirtschaftung. Das heißt: „Wir ziehen natürliche Prozesse in die wirtschaftliche Nutzung des Waldes stärker ein. Wir integrieren zum Beispiel Biotopbäume und Totholz. Waldränder und Lichtungen sorgen für Struktur- und Artenvielfalt. Auf Pflanzenschutzmittel wird weitestgehend verzichtet“, betont der der sächsische Umweltminister Wolfram Günther (Bündnis90/ Die Grünen). Wenn statt schwerer Maschinen leichtere Alternativen in den Wald fahren, schütze das zudem empfindliche Waldböden. Im sächsischen Staatswald wirtschafte der Staatsbetrieb Sachsenforst nach diesen Prinzipien. Klar sei aber auch: „Wegen der immensen Schäden der letzten Jahre und wegen der immer stärker sichtbaren Folgen der Klimakrise muss der Waldumbau an Tempo zulegen.“
In Thüringen hat die Landesregierung bereits 2019 wichtige Weichen gestellt und den Aktionsplan Wald 2030ff ausgerufen. „Die Landesforstanstalt erhält 176 Mio. Euro bis 2036 aus einem Sonderprogramm für die Beratung und Unterstützung des Privat- und Kommunalwaldes, für Forschung, Monitoring sowie die Wiederbewaldung und den Waldumbau im Staatswald“, erklärt r Landwirtschaftsministerin Susanna Karawanskij (Linke). Die Arbeit der kommunalen und privaten Waldbesitzendenden unterstütze man ebenfalls mit einer zielgerichteten Förderung, die so hoch sei wie nie zuvor. Seit 2018 sei das Volumen von fünf Mio. Euro auf den Rekordbetrag von fast 23 Mio. Euro in diesem Jahr gestiegen. Sie verweist auf die bundesweit einmalige Förderung der Klimaschutzleistung des Waldes, die 2021 mit 15 Mio. Euro Landesmitteln untersetzt wurde. Dieses neue Instrument habe auch die bundesweite Debatte um eine Honorierung von Waldökosystemleistungen verstärkt.
Sachsen-Anhalts Forstminister Sven Schulze (CDU) setzt einen Schwerpunkt auf moderne Technik, mit der Forstverwaltungen, Waldeigentümer und örtliche Bewirtschafter zum Beispiel bei der Bekämpfung von Schäden in den Wäldern und beim Waldumbau unterstützt werden. „Mit Satelliten und drohnengestützter Fernerkundung können Kalamitätsereignisse und deren Entwicklung großflächig und zügig erfasst und ausgewertet werden. Die dazugehörigen GPS-Daten ermöglichen eine schnelle Bekämpfung von Schadursachen vor Ort.“ Außerdem werden die Drohnen für die Wiederbewaldung von Kalamitätsflächen eingesetzt – mit Hilfe von Drohnen können zum Beispiel Baumsamen großflächig ausgebracht werden.
„Die Nutzung von Sensor- und Kamerasystemen in enger Zusammenarbeit mit den Waldeigentümern bietet viele Möglichkeiten, um früh Schäden und Bedrohungen zu erkennen und nachzugehen“ pflichtet die saarländische Klima-Ministerin Petra Berg (SPD) ihm bei. So könne man bei dauerhafter und flächendeckender Überwachung der Wälder qualitativ hochwertigere und zeitlich effizientere Analysen und Schlussfolgerungen treffen. Digitale Sensoren hätten auch große Potenziale für ein funktionierendes Frühwarnsystem, um die saarländischen Wälder resilienter zu machen.
In Österreich trägt die Waldlandschaft aus Sicht von Bernhard Budil, Generalsekretär der Land&Forst Betriebe, mit fast 50 Prozent der Bundesfläche bedeutend zum positiven Image des Landes und zu seinem Stellenwert als erfolgreiche Wirtschafts- und Tourismusregion bei. „Neben den im Forstgesetz definierten Waldleistungen, der Nutz-, Schutz-, Wohlfahrts- und Erholungsfunktion, ist in den letzten Jahren der Anspruch an unzählige Ökosystemdienstleistungen für Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft und im Speziellen auch für das Klima immer höher geworden.“ Er verweist nachdrücklich auf die politischen Rahmenbedingungen – auf EU- und nationaler Ebene – die den Wald der Zukunft beeinflussen. Unter dem Mantel des Green Deals werde eine Vielzahl von Rechtsmaterien entwickelt und beschlossen, die mittelbar und unmittelbar Einfluss auf die europäischen Wälder nehmen. Die eigentlich für die Forstwirtschaft vorgesehene Subsidiarität, also die selbstständige Kompetenz der Mitgliedsstaaten für diesen Bereich, werde bereits seit Langem unterwandert. „Viele dieser Regelungen sind leider praxisfern, konterkarieren die nachhaltige Waldbewirtschaftung sowie die Anpassung an den Klimawandel und führen zu massiven Zielkonflikten“.