Nach dem aktuellen Waldzustandsbericht sind vier von fünf Bäumen bundesweit krank. Wie geht es dem Wald in Ihrem Bundesland?
Die Herausforderungen, vor die uns heiße und trockene Sommer, Extremwetterereignisse sowie die Folgen aus beidem stellen, legen die Messlatte für die Forstwirtschaft sehr hoch. Mehrere Trockenjahre und Hitzerekorde wirken sich natürlich negativ auf den Waldzustand aus. Das Schadniveau bei Fichte, Kiefer, Lärche, Esche und Birke steigt zunehmend an.
Größter Verlierer bei uns im Saarland ist weiterhin leider die Fichte, die aufgrund des Trockenstress' chancenlos gegen den Borkenkäfer ist. Aufgrund des generell geringen Anteils der Fichtenwälder im Saarland ist diese Problematik nicht vergleichbar mit der Schadsituation in anderen Teilen Deutschlands. Im bundesweiten Vergleich stehen wir daher noch etwas besser da. Generell machen sich aber insbesondere bei den Laubbäumen die Trockenjahre bemerkbar. Die Ergebnisse der letzten Erhebung zeigen, dass hier im Saarland lediglich noch etwa ein Viertel der Bäume ohne sichtbare Schadmerkmale bleiben. Die Rate der gänzlich abgestorbenen Bäume stieg seit dem Jahr 2018 kontinuierlich an. Die Waldzustandserhebung liefert uns jedes Jahr neue Daten und wird mit an einem sog. dauerhaften Stichprobenpunktraster durchgeführt. Nach einem standardisierten Aufnahmeverfahren wird an den Stichprobenpunkten der Zustand von jeweils 24 Bäumen beschrieben.
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Der Wald steht insbesondere durch den Klima-Wandel unter Druck und ist zugleich ein wichtiger Faktor im Kampf um die Begrenzung der Erderwärmung - wie unterstützen Sie die hiesige Forstwirtschaft bei den entsprechenden Herausforderungen?
Im Staatswald liegt der Schwerpunkt auf dem Umbau des Waldes hin zu einem klimaresilienten Wald, der den klimatischen Herausforderungen gewachsen ist. Bei der Bewirtschaftung richten wir uns daher nach der aktuellen Waldbewirtschaftungsrichtlinie und der Biodiversitätstrategie im Staatswald. Beide Richtlinien geben den Rahmen vor, wie Forstwirtschaft unter dem Aspekt des Klimawandels und des Erhalts der Biodiversität gut und sinnvoll gelingen kann.
Im Privat- und Kommunalwald fördert das Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz (MUKMAV) die Wiederbewaldung von Kahlflächen über das Bund-Länderprogramm (GAK-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur- und des Küstenschutzes“).
In 2022 gab es alleine im Saarland 29 Förderfälle. Hier wurden 137,20 Hektar Wiederbewaldungsfläche mit insgesamt 121.813 Pflanzen, 11.211 Wuchshüllen, Gitter und Netze sowie über 30 Kilometer Wildzaun als Verbissschutz gefördert. Das Fördervolumen belief sich auf 502.660,17 Euro, davon 182.821,96 Euro für Pflanzen und 319.838,21 Euro für Verbissschutzmaßnahmen. Im Jahr 2023 wurden bislang Mittel in Höhe von 650.000 Euro beantragt für circa 95 Hektar Wiederbewaldungsfläche mit insgesamt 122.000 Pflanzen, sowie 12.000 Wuchshüllen und 16 Kilometern Wildzaun als Verbissschutz.
Des Weiteren können Fördermittel für Waldumbaumaßnahmen zur Herstellung klimaangepasster Wälder abgerufen werden.
Über die Förderungen hinaus ergreifen wir weitere Maßnahmen für alle Waldbesitzarten. So unterstützen wir vor allem in Trockenperioden zusätzlich die Feuerwehren und den SaarForst Landesbetrieb bei Präventivmaßnahmen mit den neuen Waldbrandeinsatzkarten.
Holz ist auch ein nachhaltiger Rohstoff. Welche Rolle kann der Wald für die wirtschaftliche Transformation spielen?
Das Saarland setzt sich dafür ein, dass qualitativ hochwertiges Holz, welches sich für eine stoffliche statt einer thermischen Verwendung eignet, vornehmlich in langlebige Produkte eingebracht wird, die zudem möglichst lange im Stoffkreislauf verbleiben. Im saarländischen Umweltministerium wurde ein neues Referat Bioökonomie eingerichtet, welches sich mit der zunehmenden Verdrängung der klimaschädlichen Energie- und Rohstofflieferanten Kohle, Öl und Gas aus Wirtschaftsprozessen beschäftigt und stattdessen auf nachhaltige Energiequellen und Produktionsmittel – darunter auch Holz – sowie Kreislaufwirtschaft setzt. Die Bioökonomie als Wirtschaftsmodell trägt zur grünen Transformation sowie zur Defossilisierung bei. Eine nachhaltige stoffliche Verwendung von Holz bietet sich bspw. in der Bauwirtschaft an, wo Holz eine klimaschonende Alternative zu energieintensiveren Materialien wie etwa Beton oder Stahl darstellen kann.
Zur Erreichung der landes- und bundesweiten Klimaschutzzielen ist die Nutzung von Holz in möglichst langlebigen Produkten sinnvoll und notwendig, wie beispielsweise in Holzhäusern. Neben den Schutzwäldern sind auch nachhaltig bewirtschaftete Wälder wichtig, wegen der steigende Nachfrage an Holz, auch Nadelholz.
Insgesamt halte ich Holz für einen wichtigen Faktor hinsichtlich der wirtschaftlichen Transformation, vor allem in den Sektoren Industrie, Gebäude und Energie spielt die Verwendung von Holz zur Erreichung von CO2-Minderungsziele eine sehr relevante Rolle.
Wissenschaftler wollen den Wald mit digitaler Sensorik resilienter machen - wie kann moderne Technik dem Wald aus Ihrer Sicht helfen?
Die Digitalisierung ist in der Forstwirtschaft ein wichtiger Faktor. Moderne Technik zum Beispiel für Waldinventuren, Holzernteverfahren aber auch zur Erkennung von Vitalitätsverlusten oder Gefahrenquellen können für den Wald von entscheidender Bedeutung sein. Sie erleichtert Verfahren und hilft, die Datengrundlage über alle Waldbesitzarten zu verbessern.
Die Nutzung von Sensor- und Kamerasystemen in enger Zusammenarbeit mit den Waldeigentümern bietet viele Möglichkeiten, um früh Schäden und Bedrohungen zu erkennen und nachzugehen. Wir könnten bei dauerhafter und flächendeckender Überwachung der Wälder qualitativ hochwertigere und zeitlich effizientere Analysen und Schlussfolgerungen treffen. Demnach bieten digitale Sensoren große Potenziale für ein funktionierendes Frühwarnsystem, um die saarländischen Wälder resilienter zu machen.