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Interview05.07.2023

Was die forstpolitischen Erfolge der vergangenen Jahre bedroht

Und wie Thüringen den Wald für die Zukunft rüstet

Susanna Karawanskij - Thüringer Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft Quelle: D. Santana / TMIL Susanna Karawanskij Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft Landesregierung Thüringen
INITIATORIN DIESER FACHDEBATTE
Dipl.- Journ. Nikola Marquardt
Founder & Herausgeberin
Meinungsbarometer.info
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"Wir sind mit dem klimaresilienten Waldumbau auf einem guten Weg, den wir weiter konsequent verfolgen", betont die Thüringer Landwirtschaftsministerin Susanna Karawanskij (Linke). Dafür investiert der Freistaat viel Geld und ist in manchen Punkten bundesweit Vorreiter. 





Nach dem aktuellen Waldzustandsbericht sind vier von fünf Bäumen bundesweit krank. Wie geht es dem Wald in Ihrem Bundesland?
In 2022 gab es wieder monatelang kaum Niederschläge bei zugleich hohen Temperaturen. Der Waldzustand hat sich dadurch erneut verschlechtert und nur noch 18 Prozent der Bäume in Thüringen gelten als gesund. Jeder zweite Baum weist eine deutlich geminderte Vitalität auf. Als Folge der klimabedingten Waldschäden haben wir 2022 in Thüringen rund 3,9 Mio. Festmeter allein an Fichtenschadholz durch Borkenkäferbefall festgestellt. Das ist der höchste jemals erhobene Wert und übertrifft die reguläre jährliche Erntemenge um deutlich mehr als das Doppelte. Die Folgen der Klimakrise bedrohen die forstpolitischen Erfolge der vergangenen Jahre. Denn wir dürfen angesichts der aktuell schwierigen Situation nicht vergessen, dass der Wald in Thüringen gemischter, älter und naturnäher geworden ist, wie die Ergebnisse der Bundeswaldinventuren belegen. Wir sind mit dem klimaresilienten Waldumbau auf einem guten Weg, den wir weiter konsequent verfolgen.

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Der Wald steht insbesondere durch den Klima-Wandel unter Druck und ist zugleich ein wichtiger Faktor im Kampf um die Begrenzung der Erderwärmung - wie unterstützen Sie die hiesige Forstwirtschaft bei den entsprechenden Herausforderungen?
Die Landesregierung hat bereits 2019 wichtige Weichen gestellt und den Aktionsplan Wald 2030ff ausgerufen. Die Landesforstanstalt erhält 176 Mio. Euro bis 2036 aus einem Sonderprogramm für die Beratung und Unterstützung des Privat- und Kommunalwaldes, für Forschung, Monitoring sowie die Wiederbewaldung und den Waldumbau im Staatswald. Die Arbeit der kommunalen und privaten Waldbesitzendenden unterstützen wir ebenfalls mit einer zielgerichteten Förderung, die so hoch ist wie nie zuvor. Seit 2018 ist das Volumen von fünf Mio. Euro auf den Rekordbetrag von fast 23 Mio. Euro in diesem Jahr gestiegen. Diese Unterstützung setzen wir auch weiterhin fort. Bundesweit einmalig war unsere Förderung der Klimaschutzleistung des Waldes, die wir 2021 mit 15 Mio. Euro Landesmitteln untersetzt hatten. Dieses neue Instrument verstärkte die bundesweite Debatte um eine Honorierung von Waldökosystemleistungen. Schließlich startete der Bund 2022 seine Förderung für das klimaangepasste Waldmanagement. Das Programm wird von Thüringer Waldbesitzenden stark nachgefragt. Trotz der großen Summen, die wir in die Wiederbewaldung und den Waldumbau investieren, so ist doch klar: Eine nachhaltige Waldrettung wird nur mit konsequentem Klimaschutz gelingen.

Holz ist auch ein nachhaltiger Rohstoff. Welche Rolle kann der Wald für die wirtschaftliche Transformation spielen?
Nachhaltigkeit ist die Grundlage der Thüringer Forstwirtschaft. Der umweltfreundliche, nachwachsende Rohstoff Holz ist seit jeher von großer wirtschaftlicher Bedeutung, die in Zeiten des Klimawandels weiter steigt. Im Freistaat arbeiten etwa 40.000 Menschen in der Wertschöpfungskette Holz. Rund 70 Prozent des in Thüringen eingeschlagenen Holzes wird im Umkreis von 100 Kilometern verarbeitet. Bei der Verwendung des nachwachsenden Rohstoffs Holz besteht ein enormes Potenzial, zum Beispiel im Holzbau. Regionales Holz weist eine gute Klimabilanz auf, kann vergleichsweise einfach rückgebaut oder wiederverwendet werden. Darüber hinaus ist eine modulare oder Serienbauweise ein wichtiger Baustein, um den steigenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum zu decken. Wir haben deshalb die Thüringer Bauordnung geändert und das Bauen mit Holz erleichtert. Außerdem haben wir die Gründung der Holzbau-Allianz initiiert, die aus allen wesentlichen Holzbauakteuren Thüringens besteht. Neben dem Holzbau werden auch anderen innovative Formen der Holzverwendung diskutiert, etwa im Automobilbau oder der Textilherstellung, beide mit Tradition in Thüringen.

Wissenschaftler wollen den Wald mit digitaler Sensorik resilienter machen - wie kann moderne Technik dem Wald aus Ihrer Sicht helfen?
Wir sind sehr interessiert an den Forschungsergebnissen zu digitaler Sensorik und deren Vorteilen für die Forstwirtschaft. Die TU Ilmenau und die FH Erfurt spielen in diesem Forschungsbereich ganz vorn mit und entwickeln multispektrale Kamerasysteme, mit denen sie die Landesforstanstalt insbesondere beim Waldmonitoring unterstützen. Mit den Informationen aus der digitalen Sensorik können Schadorganismen im Wald früher erkannt und bekämpft werden. Zudem helfen die Spezialkameras, den klimaresilienten Waldumbau wissenschaftlich zu begleiten, indem sie in frühen Wachstumsphasen erkennen, wie verschiedene Baumarten auf Hitze und Trockenheit reagieren. In der Erprobung befinden sich leistungsfähige Drohnen, die Saatgut geeigneter Baumarten auf großen Schadflächen ausbringen. Digitale Technik wird künftig eine immer größere Rolle beim Waldschutz spielen.

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