Nach dem aktuellen Waldzustandsbericht sind vier von fünf Bäumen bundesweit krank. Wie geht es dem Wald in Ihrem Bundesland?
Nicht gut. Das Jahr 2018 war eine Zäsur für den Wald in Sachsen. Bis dahin hatte sich der Waldzustand seit den 90er Jahren stetig verbessert. Dann kamen die Stürme von 2017/18 und mehrere Dürrejahre in Folge. Seitdem haben wir geschwächte Wälder und einen historisch beispiellosen Befall mit Borkenkäfern. Er hat großflächig Waldbestände dezimiert, teilweise sind Wälder komplett abgestorben. Aber nicht nur Fichten-Monokulturen und Kiefernbestände sind betroffen, auch heimische Laubbäume leiden unter Trockenstress.
Viele Bäume verlieren an Vitalität oder sterben ab. Wir haben darauf reagiert, indem wir den Waldumbau deutlich beschleunigt haben. Wir steuern um Richtung Wald der Zukunft, hin zu klimastabilen, deutlich artenreicheren, strukturreicheren Wäldern mit einem deutlich höheren Anteil an Laubbäumen. Das gelingt schon an vielen Orten in Sachsen. Sehr schwierig ist jedoch die Situation auf den sandigen Böden im nördlichen Sachsen. Hier entstehen auf nährstoffarmen Böden bei abnehmenden Niederschlägen und steigenden Temperaturen Bedingungen, mit denen nur wenige Baumarten zurechtkommen. Die Folgen der Klimakrise sind hier besonders krass zu erleben.
JETZT HERUNTERLADEN
DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE

DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
Der Wald steht insbesondere durch den Klima-Wandel unter Druck und ist zugleich ein wichtiger Faktor im Kampf um die Begrenzung der Erderwärmung - wie unterstützen Sie die hiesige Forstwirtschaft bei den entsprechenden Herausforderungen?
Wir unterstützen die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer mit einem breiten und attraktiven Instrumentarium. Unter anderem unterstützen wir den Waldumbau und die Wiederaufforstung. Unser Leitbild dabei ist die sogenannte integrative naturgemäße Waldbewirtschaftung. Das heißt, hier wir ziehen natürliche Prozesse in die wirtschaftliche Nutzung des Waldes stärker ein. Wir integrieren zum Beispiel Biotopbäume und Totholz. Waldränder und Lichtungen sorgen für Struktur- und Artenvielfalt. Auf Pflanzenschutzmittel wird weitestgehend verzichtet. Und wenn statt schwerer Maschinen leichtere Alternativen in den Wald fahren, schützt das empfindliche Waldböden. Im sächsischen Staatswald wirtschaftet der Staatsbetrieb Sachsenforst nach diesen Prinzipien. Klar ist aber auch: Wegen der immensen Schäden der letzten Jahre und wegen der immer stärker sichtbaren Folgen der Klimakrise muss der Waldumbau an Tempo zulegen.
Holz ist auch ein nachhaltiger Rohstoff. Welche Rolle kann der Wald für die wirtschaftliche Transformation spielen?
Unsere Wälder haben viele Funktionen. Sie sind Lebensraum für unzählige Arten, sie sind CO2-Senke, Wasserspeicher, Erholungsort, aber eben auch Rohstofflieferant. Wir brauchen Holz, einheimisches Holz, für mehr Nachhaltigkeit etwa im Möbel- oder im Gebäudebereich. Wichtig ist, dass die Nutzung von Holz in langlebigen Produkten Vorrang hat. Dann muss Holz eine ganze Kaskade von Nutzungen durchlaufen, bis es am Ende des Nutzungszyklus auch zum Heizen verwendet werden kann. Holz kann und muss fossile, klimaschädliche Roh- und Werkstoffe ersetzen. Und moderner Holzbau hilft, die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen. Damit wir diese Potenziale nutzen können, müssen wir unsere Wälder nachhaltig und noch sorgfältiger bewirtschaften und Holz sparsamer und effizienter nutzen.
Wissenschaftler wollen den Wald mit digitaler Sensorik resilienter machen - wie kann moderne Technik dem Wald aus Ihrer Sicht helfen?
Digitale Sensorik kann beispielsweise die aufwändige Früherkennung von Borkenkäferbefall ablösen, so wie sie jetzt praktiziert wird. Aber das ist noch ein weiter Weg.
Wir setzen viele forstwissenschaftlichen Ressourcen dafür ein, zusammen mit anderen Bundesländern hochwertiges, genetisch vielfältiges Saatgut für die Forstbaumschulen bereitstellen. So sollen die benötigten, großen Mengen an hochwertigen Pflanzen für Wiederaufforstung und Waldumbau zur Verfügung stehen.