Familienunternehmen gelten als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – und entsprechend der Gesamtlage stehen auch sie derzeit vor großen Herausforderungen. Dabei gelten Familienunternehmen als besonders resilient und nach aktuellen Untersuchungen sind sie auch besonders beliebte Arbeitgeber – sicher auch kein Nachteil in Zeiten des Fachkräftemangels.
In unserer Fachdebatte betont Prof. Birgit Felden von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin die starke Position von Familienunternehmen in der deutschen Wirtschaft. Aber: „Die Beliebtheit von Familienunternehmen als Arbeitgeber hängt nach unseren Forschungserkenntnissen vor allem mit der (fehlenden) Größe zusammen.“ So schwinde dieser Vorteil mit zunehmender Anzahl Mitarbeiter. Offensichtlich gelinge es kleineren Unternehmen besser, die bekannten Merkmale von Familienunternehmen auch in die Belegschaft zu transportieren. Diese würden schließlich langfristiger denken, da sie daran interessiert seien, das Unternehmen über Generationen hinweg zu erhalten.
Auch für Österreich konstatiert Prof. Dr. Anita Zehrer von der MCI Internationale Hochschule in Innsbruck das Familienunternehmen eine wesentliche Rolle in Gesellschaft und Wirtschaft spielen. „Durch die Einbindung der Familie in das Unternehmen, stehen Familienunternehmen für Nachhaltigkeit, menschliche Verbindlichkeit, und sind authentisch. Die Mitarbeiterführung ist stark von Werten getragen.“ Das beruht aus ihrer Sicht vor allem auf dem positiven Unternehmergeist und der Einsatzfreude des Unternehmers oder der Unternehmerin. Familienunternehmen wiesen nach ihren Erkenntnissen weniger Mitarbeiterfluktuation auf. Über ein Viertel der Mitarbeiter sind danach länger als 10 Jahre im Unternehmen. „Als Grund wird Sicherheit, Vertrauen sowie die starke Identifikation und Motivation genannt“, erklärt die Forscherin.
Aus der Praxis weiß Dr. Markus Thannhuber, Vorstand der Einhell Germany AG, dass Familienunternehmen aufgrund ihrer Größe oftmals nur auf dem Heimatmarkt aktiv sind. Im gehobenen Mittelstand seien Familienunternehmen aber auch im Bereich Internationalisierung oft sehr gut aufgestellt. Jedoch agieren sie aus seiner Sicht anders als Kapitalgesellschaften. „Die Internationalisierung wird von Kapitalgesellschaften oftmals durch den Einsatz hoher Kapitalmittel vorangetrieben. Familienunternehmen investieren zumeist mit bereits erwirtschaftetem Kapital.“ Deswegen seien Familienunternehmen oft sehr solide und wirtschaftlich gesund aufgestellt. Sie agieren nach seiner Beobachtung mit gebotener Vorsicht und überwachen die unternehmerischen Prozesse sehr eng. „Für Arbeitnehmer ist das eine wichtige Message: Die gesunden Unternehmensstrukturen führen auch zu sicheren Arbeitsplätzen.“
In diesem Sinne betont Joachim Nickelsen, Geschäftsführer beim Exzellenzwerk. Dass ein Unternehmen zwei Dinge erkennbar machen muss: „Erstens für welche Werte, und zweitens für welche Mission es steht, also welches „Wofür“ es verfolgt.“ Da haben Familienunternehmen seiner Sicht Vorteile, denn auf dem Arbeitnehmer-Markt würden sich die Menschen den Arbeitgeber aussuchen, der den eigenen Werten und Zukunftsvorstellungen entspricht. „Durch eine große Schnittmenge dieser beiden Faktoren zwischen Unternehmen und Arbeitnehmer/in entstehen Identifikation und Motivation.“
„Das Grundziel von Familienunternehmen ist es ja, von Generation zu Generation das Unternehmen in einer wettbewerbsfähigen, gut aufgestellten Weise weiterzugeben“, bekräftigt Professor Dr. Rudolf Wimmer, geschäftsführender Gesellschafter von osb international. Diese transgenerationale Perspektive schaffe für diese Unternehmen grundsätzlich eine Langfristorientierung. Mit der aufrecht bleibenden Qualität ihrer unternehmerischen Verantwortung sei diese stets ein wichtiges stabilisierendes Element – gerade in besonders schwierigen Phasen der Unternehmensentwicklung.
Diese Bedeutung zeige sich beispielsweise in dem Umstand, dass die Familie eine ausgesprochen zurückhaltende Ausschüttungspraxis realisiert und damit für eine ausreichende Eigenkapitalausstattung Sorge trägt.
Auf die besondere Resilienz von Familienunternehmen geht Dr. Alexander Schmidt, Consultant bei osb international ein, schließlich ist diese für ihn zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden. „In einer sich ständig verändernden Geschäftswelt geht es darum, die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens gegenüber turbulenten Veränderungen im Blick zu haben und laufend weiterzuentwickeln.“ Gerade Familienunternehmen zeigen für ihn typischerweise ein hohes Maß an Resilienz. Ihre langfrist-Perspektive bei Entscheidungen und ihre Kunden- und Personenorientierung seien Teil der DNA und damit wesentlicher Bestandteil der Resilienz.
Für Boris Söffge, Geschäftsführer der Söffge GmbH, bedeutet Resilienz die Widerstandsfähigkeit gegenüber allen Faktoren, die im Außen stattfinden. „Diese externen Faktoren – zum Beispiel neue Gesetzgebungen – müssen fortlaufend geprüft und gefiltert werden, um vorausschauend zu erkennen, was sich im Markt ändert und wo sich gegebenenfalls Vorteile für unser Unternehmen ergeben.“ Daher bedeutet Resilienz für ihn auch, rechtzeitig zu reagieren und meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so zu führen, dass sie merken, dass wir stabil durch Krisen gehen können.
Beim Thema Resilienz spielt für Martin Krengel, Vorstandsvorsitzender WEPA Gruppe, der Mensch die entscheidende Rolle. Resilienz heißt für ihn, die Führungsmannschaft, die Mitarbeitenden und die gesamte Organisation robust aufzustellen. „Hier müssen wir uns die Frage stellen, wie wir es schaffen, Haltung zu zeigen, uns weiterzuentwickeln und Teamorientierung wirklich zu leben.“ Ein klares Zielbild, eine klare Kultur und Werteorientierung sind für ihn dabei zentral.
Prof. (FH) Dott. Markus Weishaupt, Weishaupt Consulting, sieht Familienunternehmen so wie alle anderen, in eine neue Ära eintreten, die er „Diversifizierte Polykrisen-Epoche“ nennen möchte. „Überleben ist keine Selbstverständlichkeit mehr und wird zum wichtigsten Erfolgsziel. Agile Anpassung ist der Weg dorthin.“ Dabei müssen klassische Familienunternehmen aus seiner Sicht auch einige Dogmen hinterfragen, die bisher als Erfolgskriterien galten. „Echte Kooperation mit ausgewählten Organisationen und die Öffnung des Kapitals für strategische Partner und Mitarbeiter, zusehends auch familienexternes Management, Diversität in den Gremien und Führungskreisen, echte Innovation neben der klassisch inkrementellen, digitale Kompetenz in allen Bereichen und die aktive Positionierung als attraktiver Arbeitgeber werden erfolgsentscheidend sein.“