Nach den Einbrüchen in der Pandemie normalisiert die Reiseverhalten weitgehend. Es gibt nach aktuellen Erhebungen wie der ADAC Tourismusstudie aber auch neue Trends. So sind Inlandsreisen besonders nachgefragt. Ein Trend, auf den sich auch die Regionen einstellen – und über den sich die Verantwortlichen freuen. „Dass Gäste unser Land besuchen ist ja keine Selbstverständlichkeit, sondern was Besonderes“, erklärt Mecklenburg-Vorpommern Tourismus- Minister Reinhard Meyer in der Fachdebatte auf Meinungsbarometer.info. Gleichzeitig haben die Gäste aus seiner Sicht bestimmte Erwartungen, die man gern erfülle. Hier gehe es vor allem um neue, spannende und vielfältige Angebote, um im harten Wettbewerb für mehr Gäste weiter vorn mithalten zu können. Und „Wer touristisch erfolgreich sein will, muss intensiv auf seine Vorzüge aufmerksam machen.“
Seine sächsische Amtskollegin Barbara Klepsch betont für ihr Land: „Der Freistaat ist eine starke Ganzjahres-Destination mit hervorragenden Gastgebern. Sachsen liefert mit Kunst und Kultur in Kombination mit Natur und aktiver Erholung beste Voraussetzungen für Urlaub.“ Hinzu kämmen viele Höhepunkte, die Reiseanlässe nach Sachsen bieten. Sie freu sich, dass mit rund 7 Millionen Gästeankünften und knapp 18 Millionen Übernachtungen 2022 der Neustart des Tourismus gelungen ist.
Ebenfalls im Trend liegen Individualreisen. Andreas Braun, Geschäftsführer der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg, sieht seine Region darauf sind bestens eingestellt und verweist etwa an die vielen Wander- und Radwege, unsere kulturellen Sehenswürdigkeiten und Städte oder das kulinarische Angebot. „Tatsächlich beobachten wir seit vielen Jahren, dass unsere Gäste vor allem ihren Zweit- oder Dritturlaub in Baden-Württemberg verbringen, also vorwiegend zum Kurzurlaub kommen. Die Haupturlaubsreise verbringen viele im Ausland.“ Im eigenen Land gönne man sich zusätzlich ein Wellnesswochenende am Bodensee, zwei Tage Wandern im Schwarzwald oder eine Radtour auf der Schwäbischen Alb. Während der Pandemie habe sich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer zwar kurzzeitig etwas erhöht. Ob sich das auch langfristig ändere, werde sich in den nächsten Jahren zeigen.
Für Stefan Zindler, Geschäftsführer der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH, bietet die touristische Infrastruktur in seinem Land ideale Voraussetzungen - beispielsweise bei der Auswahl von Übernachtungsmöglichkeiten und Urlaubsaktivitäten. „Hier spielt die große Auswahl an Campingplätzen und Ferienwohnungen, aber auch an inhabergeführten Hotels und Pensionen und individuelle Unterkünften den Wünschen und Bedürfnissen der Gäste in die Hände.“ Auch die Urlaubsaktivitäten ließen sich spielend leicht auf die individuellen Wünsche anpassen - etwa Wander- und Radtouren über den Tourenplaner Rheinland-Pfalz. Dieser zeige neben der reinen Wegeführung auch passende Unterkünfte, Einkehrmöglichkeiten und interessante Kulturhighlights am Streckenrand an. Unterwegs sei dann die Rheinland-Pfalz erleben-App der ideale Begleiter, um auch kurzfristig neue Touren und Wege zu entdecken.
Noch ein weiterer Trend tritt immer deutlicher zu Tage. Reisende legen Wert auf Nachhaltigkeit. Aus Sicht von Barbara Radomski, Geschäftsführerin der Bayern Tourismus Marketing GmbH, hat das Thema hat insbesondere durch die Coronapandemie einen starken Wahrnehmungsschub erhalten. Sie nennt bevölkerungsrepräsentative Erhebungen, die sich eine langsame, aber beständige Zunahme des Interesses an nachhaltigem Reisen zeigen. Danach wünschen sich 42% einen ökologischen und 56% einen sozialverträglichen Urlaub. „Aber Wunsch und Wirklichkeit gehen hier häufig stark auseinander. Zwar ist der Wunsch nach Nachhaltigkeit grundsätzlich vorhanden, das entsprechende Handeln aber fehlt und damit auch die Nachfrage nach „nachhaltigen“ Reisen.“ Deswegen geht ihre Region den Weg, als Destination nachhaltiger zu werden. Ihr Unternehmen möchte einen Haltungswechsel in ganz Bayern fördern. „Zusammen mit zahlreichen Akteur*innen aus dem bayerischen Tourismus haben wir daher ein Werkzeug entwickelt – die Matrix für nachhaltige Destinationsentwicklung, das die Branche auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit unterstützen soll.“
Allerdings berichtet Dr. Heike Döll-König, Geschäftsführerin bei Tourismus NRW, dass bisher selten gezielt nach nachhaltigen Angeboten gefragt wird oder diese gezielt ausgewählt werden. Dieses seien auch oft schwer zu finden. „In Nordrhein-Westfalen läuft aktuell ein Fördermittelwettbewerb der Landesregierung, mit dessen Hilfe der Tourismus im Land nachhaltig aufgestellt werden soll. Daran haben auch wir uns mit zwei Projektvorschlägen beteiligt.“ Mit einem der Projekte soll eine Nachhaltigkeitsoffensive im nordrhein-westfälischen Tourismus gestartet werden. Das soll Anbieter sensibilisieren und diese befähigen, nachhaltige Angebote zu gestalten. Zum anderen gehe es dann aber natürlich auch um die Kommunikation und das Bekanntmachen solcher Angebote bei den Gästen.
Für Mario Schiefelbein Geschäftsführer bei der Tourismus-Agentur Nordsee GmbH (TANO), ist Nachhaltigkeit, als Bestandteil des touristischen Angebotes, nicht mehr wegzudenken. „Viele Gastgeber und alle Touristiker in den Destinationen haben darauf reagiert und ihr Angebot entsprechend angepasst. Schließlich lebt unsere Region mit dem Weltnaturerbe Wattenmeer von einer intakten Natur.“ Man werde also alles unternehmen, um sie zu erhalten. Er verweist auf Angebote, wie den mit Strom fahrenden Nordsee-Flitzer, der von den Gästen in einigen Orten kostenlos für Spritztouren gemietet werden kann.
In Sachen Nachhaltigkeit sind auch Bahnreisen ein erheblicher Faktor. Für Ronny Korbaniak, Geschäftsführer beim LTV Landestourismusverband Brandenburg e.V., spielt der Ausbau des ÖPNV spielt für die Reiseregionen eine wichtige Rolle. „Der Anteil von Tagesgästen und Kurzurlaubern aus den Nahmärkten Berlin und Sachsen ist hoch. Insbesondere aus Berlin erfolgt die Anreise bevorzugt mit dem ÖPNV.“ Ein Ausbau auf der Schiene führe zu Entzerrung von Kapazitätsauslastungen und einer komfortableren An- und Abreise. Die Gäste seien mit dem Rad unterwegs oder haben selbst eine Mobilitätseinschränkung, sodass ein gut ausgebautes ÖPNV-Netz wichtig sei, um den Ansprüchen der Gäste gerecht zu werden. Vielerorts sei der Verkehr aber auf die Schülerbeförderung ausgerichtet, sodass am Wochenende, wenn die Gäste kommen, das Angebot an öffentlichem Nahverkehr nachlasse. „Ein Ausbau auf der Schiene führt zu einer höheren Nachfrage, der sich auch positiv auf die Nachfrage der örtlichen Verkehre auswirken könnte, um zusätzliche Angebote zu schaffen.“
Christoph Gösel, Geschäftsführer Thüringer Tourismus GmbH, sieht in der Nutzung der Bahn am zentralen ICE-Knoten durchaus ein Angebot, welches sich schon jetzt einer Beliebtheit und relativ hohen Nutzung erfreut. Den ÖPNV des Landes darauf auszurichten und die regionalen Verbindungen im Land zu verbessern, sei der große Anspruch unserer Zeit. „Ein möglichst gut ausgebauter und getakteter ÖPNV ist ein wichtiger Bestandteil für den Aktivtourismus in Thüringen. Gerade in Bezug auf die Wanderer und Radfahrer, welche Tagestouren planen und nicht auf Rundwegen unterwegs sind, ist die Nutzung des ÖPNV wesentlich, angefangen von der Nutzung bestehender Verbindungen bis hin zu der Möglichkeit der Radmitnahme.“ In verschiedenen Landkreisen in touristisch stärker genutzten Regionen seien diese Angebote in den letzten Jahren bereits ausgebaut worden.
Aus der Praxis berichtet Hans-Dieter Bergmann, General Manager beim Resort Mark Brandenburg, von den Herausforderungen des Fachkräftemangels. Der begegne man mit gezielten Aktivitäten und Maßnahmen und setze verstärkt auf die Ausbildung von jungen Talenten und Quereinsteigern. „Wir begrüßen, dass der Tourismusverband sich für die Hoteliers und Gastronomen einsetzt und die Branche dabei unterstützt als guter Arbeitgeber bekannter zu werden.“