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Summary06.07.2023

Daten für die Gesundheit von allen

Wie ein EU-Gesundheitsdatenraum ausgestaltet sein sollte

Uwe Schimunek - Freier Journalist, Meinungsbarometer.info Quelle: Meinungsbarometer.info Uwe Schimunek Freier Journalist Meinungsbarometer.info

Ein Europäischer Gesundheitsdatenraum soll die Forschung voranbringen und die Versorgung verbessern. Dafür sollen alle national erhobenen Gesundheitsdaten in der EU vernetzt werden – eine Mammut-Aufgabe, aber eine lohnenswerte. In der Fachdebatte auf meinungsbaromter.info begrüßt Dr. Gerald Gaß für die Deutsche Krankenhausgesellschaft, dass der europäische Raum für Gesundheitsdaten der erste Vorschlag für einen bereichsspezifischen Datenraum im Rahmen der europäischen Datenstrategie ist. Denn: „Mit europaweit einheitlichen Regelungen können Innovationen im Gesundheitswesen länderübergreifend gefördert werden.“ Für die Gesundheitsforschung könnten eigene Datenräume entstehen und die Abhängigkeit von Datenbeständen aus Asien oder Amerika werden. Bei der Umsetzung müsse das individuelle Wohl jedes einzelnen und das kollektive Wohl aller, jetziger wie künftiger, Patientinnen und Patienten angemessen berücksichtigt werden. Dabei solle mit dem Gesundheitsdatenraum unter Berücksichtigung der Regelungen der DSGVO die Grundlagen für die bestmögliche Nutzung vorhandener Gesundheitsdaten im Sinne der Patientinnen und Patienten geschaffen werden, so der – Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft.

Für Ulf Schinke vom Verband der Ersatzkassen (vdek) gilt es im Kern, die europaweiten Daten für die Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung zu nutzen. „Dafür benötigen wir eine hohe Datenqualität und die Daten müssen zusammengebracht werden sowie gut vergleichbar sein.“ Dadurch könnten politische Entscheidungen im Gesundheitsbereich besser, neue Gesundheitsdienstleistungen können entwickelt und die Qualität der Versorgung verbessert werden. Dafür brauche es aber klare Regeln, wer mit den gesammelten Gesundheitsdaten was tun dürfe. Wenn Unternehmen die Daten für die Entwicklung neuer Angebote nutze und dabei Gewinne erwirtschaften, solle die Allgemeinheit davon finanziell profitieren, denn sie habe die Daten ja zur Verfügung gestellt.

Aus Sicht der AOK-Bundesverband- Vorständin Dr. Carola Reimann lassen die Anforderungen an die Interoperabilität vermuten, dass die Telematik-Infrastruktur angepasst werden müsste, was zumindest in der Anfangsphase zu hohen Kosten führen dürfte. „Darum plädieren wir bei der regulatorischen Ausgestaltung für mehr pragmatische Freiräume, um an die bestehenden nationalen Lösungen zur elektronischen Patientenakte anzuschließen.“ Die bereits erfolgten Investitionen sollten sich auch nach Öffnung des Marktes noch rechnen.

Für Jürgen Hohnl, Geschäftsführer der IKK ist es wichtig, dass die hohe Datenqualität der elektronischen Patientenakte als Standard auch im EHDS beibehalten wird. „Das bedeutet unter anderem, dass nicht nach dem Grundsatz „Viel hilft viel“ die Primärdokumentation der gesamten medizinischen Behandlungen sämtlicher Leistungserbringer in die Akte eingespeist wird, sondern nur die für Behandlung medizinisch relevante Daten.“ Gleichzeitig heiße das auch, dass Daten nur aus als Medizinprodukt zertifizierten Anwendungen aufgenommen werden sollten und nicht auch aus sogenannten „Wellness-Apps“.

Auch aus Sicht von Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK Dachverbandes, könnte die von der Kommission vorgeschlagene Markteinführung von EHR durch internationale Anbieter erhebliche Auswirkungen auf etablierte Strukturen und die Gesundheitssysteme in den Mitgliedstaaten haben. Sie verweist ebenfalls auf die elektronische Patientenakte (ePA) als zentrales Element im wettbewerblich organisierten Krankenversicherungssystem, in deren Entwicklung zudem bereits erhebliche Investitionen aus Versichertengeldern geflossen sind. „Bei den europäischen Vorgaben zum Inverkehrbringen und zur Inbetriebnahme von EHR-Systemen muss deshalb sichergestellt werden, dass bereits in den Mitgliedstaaten zugelassene EHR-Systeme mit dem Wirksamwerden der Verordnung weiter betrieben werden dürfen, auch um die nationale Akzeptanz der EHR-Systeme aufrechtzuerhalten.“

Fiona Maini vom privaten Dienstleister Medidata stellt die Frage, zu welchem Zeitpunkt Daten aus klinischen Studien und der Forschung in das System integriert werden und wie viele Daten einbezogen werden sollten. Ebenso bleibe abzuwarten, ob die Daten sowohl in die einzelnen landesinternen beziehungsweise länderspezifischen Systeme als auch in das EHDS hochgeladen werden sollen, was sehr arbeitsintensiv wäre, oder ob die Daten aus diesen individuellen Systemen automatisch in das EHDS übernommen werden könnten. „Hierfür müssten stabile Mechanismen vorhanden sein, die es ermöglichen, fehlerhafte Daten zu entfernen und Daten bei Bedarf zu ändern.“

„Um den Zugang und die gemeinsame Nutzung qualitativ hochwertiger Daten für die sekundäre Nutzung zu fördern, muss der EHDS auf dem bestehenden Rahmen für Geschäftsgeheimnisse und Rechte des geistigen Eigentums aufbauen“, betont Mag. Philipp Lindinger, Geschäftsführer der AUSTROMED. Aus Sicht der österreichischen Interessensvertretung der Medizinprodukte-Unternehmen müssen angemessene Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, um den Schutz von geistigem Eigentum und Geschäftsgeheimnissen dort zu ermöglichen, wo dies erforderlich ist. „Um Anreize für Innovationen zu schaffen, sollten sich Dateninhaber und Datennutzer auf eine angemessene Vergütung für die Offenlegung von durch geistiges Eigentum und/oder Geschäftsgeheimnisse geschützten Daten einigen.“ Zudem sollten die bewährten Verfahren der Medizinprodukte-Branche in Bezug auf Interoperabilität und Cybersicherheit berücksichtigt und international anerkannte Standards angewendet bzw. die Entwicklung solcher Standards gefördert werden.

Vermieden werden muss aus Sicht von Dr. Lukas Stärker, Kammeramtsdirektor der Österreichischen Ärztekammer, dagegen alles, was erschwerend oder verteuernd wirkt. Eine bessere Handhabung der persönlichen Gesundheitsdaten durch die Bürgerinnen und Bürger müsse das Ziel sein. Vor allem aber: Den gemeinsamen EU-Gesundheitsdatenraum betreffend, sind also Lösungen gefragt, die mithilfe der Daten und Datenkommunikation zu einer besseren medizinischen Versorgung in der gesamten EU beitragen, Forschung und Innovation zulassen, aber auch gesundheitspolitische Schritte fördern.“

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