Die deutsche Autoindustrie schätzt ihre Lage derzeit ziemlich gut ein. Allerdings macht sich die Branche einer aktuellen IFO-Befragung Sorgen um die Zukunft. Die Konkurrenz vor allem aus Übersee und China gilt als innovativ und wird vom Staat unterstützt, deswegen wird die internationale Wettbewerbssituation wird als problematisch bewertet.
Das bestätigt in unserer Facdebatte Hildegard Müller, Präsidentin Verband der Automobilindustrie VDA. Für die ist die Situation herausfordernd „Neben der Bewältigung akuter Krisen sind wir zunehmend mit grundlegenden, teils drastischen Veränderungen konfrontiert: Der Dreiklang aus technologischem und demographischem Wandel sowie den einschneidenden geopolitischen Umbrüchen fordern der Branche inmitten ihrer größten Transformation enorme Kraftanstrengungen ab.“ Sie bewundernswert es, mit wie viel Anpassungsfähigkeit, Einsatz und Leidenschaft die vergangenen und akuten Herausforderungen angegangen und gemeistert wurden. Das entschlossene Commitment der Autoindustrie zu den Pariser Klimazielen und zur Erreichung der Klimaneutralität bleibe Leitmotiv. Dafür berichtet sie von Rekordinvestitionen. Zwischen 2023 und 2027 werden nach ihren Angaben rund 250 Mrd. in Forschung und Entwicklung, insbesondere in die E-Mobilität, weitere rund 130 Mrd. u.a. in den Umbau von Werken gesteckt. Für eine maximale Wettbewerbsfähigkeit fordert sie erine Standortpolitik, übergreifende Strategien und Technologieoffenheit.
In der Politik ist das angekommen. Baden-Württemberg Wirtschaftministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) berichtet aus ihrem Bundesland von einer Aktiven Ansiedlungsstrategie, mit Neuansiedlungen und Transformationsvorhaben der heimischen Unternehmen in Baden-Württemberg unterstützt werden. „Als zentraler Ansprechpartner identifiziert die Landesagentur Baden-Württemberg International (BW-i) gemeinsam mit uns die für die Transformationsvorhaben benötigten Flächen und unterstützt bei der schnellen Umsetzung von notwendigen Genehmigungsverfahren.“ Zudem unterstützt ihr Haus die hiesige Automobil- und Zulieferindustrie nicht nur durch die bestehenden Fördermöglichkeiten im Land, sondern auch bei Förderangeboten auf EU- und Bundesebene zum Beispiel bei der Batteriezellenfertigung (Stichwort IPCEI) oder bei der Mikroelektronik.
Auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), beschreibt den Nachdruck, mit dem seine Regierung daran arbeiten, die Industrie zukunftsfähig aufzustellen. „Im Rahmen unserer Hightech Agenda unterstützen wir die Transformation mit schlagkräftigen Initiativen und Programmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Damit schaffen wir neue Perspektiven für die gut 200.000 Menschen, die direkt in der bayerischen Fahrzeugindustrie beschäftigt sind.“ Als Beispiele nennt er den 200 Millionen Euro starken Transformationsfonds der LfA Förderbank Bayern, die Technologieförderung oder die Gründerförderung. Das Cluster Automotive begleite und unterstützt seit Jahren die Automobilindustrie. Für die Dekarbonisierung des Industrie- und Verkehrssektors sei Wasserstoff ein zentraler Baustein. Deshalb beschleunige man aus Bayern heraus massiv den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. „Wir fördern die Errichtung von Elektrolyseuren mit 150 Millionen Euro und von Wasserstofftankstellen mit 50 Millionen Euro. Das gleiche Tempo würde ich mir vom Bund erwarten.“
Niedersachsen Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) hebt die Bedeutung eines schnellen Technologie- und Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und zum anderem ein landesweiter Wissens- und Erfahrungsaustausch innerhalb der Branche selbst hervor. Dafür habe man vor einigen Jahren die Automotive Agentur Niedersachsen gegründet. „Diese dient unter anderem als zentraler Ansprechpartner für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Institutionen der Automobilindustrie und Mobilitätswirtschaft und setzt gezielte Technologieimpulse im ganzen Land. Denn insbesondere die KMUs sollen in der Transformation besonders gestützt und gestärkt werden.“ Darüber hinaus biete man den niedersächsischen Automobilzulieferern einen Zuschuss für eine Transformationsberatung an.
Seine NRW-Amtskollegin Mona Neubaur (Grüne) berichtet von Bemühungen, die guten Rahmenbedingungen in Nordrhein-Westfalen mit hervorragend ausgebildeten Fachkräften, exzellenten Hochschulen und einer stark vernetzten Branche weiter zu verbessern und unterstützen – etwa durch das von Zulieferern getragene Kompetenznetz „automotiveland.nrw“. Hinzu komme ein klares Bekenntnis zum Ausbau der Elektromobilität. „Mit der gezielten Förderung von Chancenfeldern wollen wir die Innovationskraft der Unternehmen stärken und damit gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten und ausbauen. Dazu haben wir zum Beispiel im EFRE-Programm NRW 2021-2027 Innovationswettbewerbe in den Themenbereichen „Produktion“, „Mobilität“ sowie „IKT“ aufgelegt.“ In der vergangenen EFRE-Förderperiode sei es gelungen, Wertschöpfungsketten und branchenübergreifende Kooperationen zu stärken und insbesondere den Mittelstand systematisch zu fördern. Außerdem profitiere die Automobilindustrie in Nordrhein-Westfalen auch von Maßnahmen zum klimaneutralen Umbau im Mittelstand und zum Ausbau des 5G-Netzes. So können Wachstum und Beschäftigung nachhaltig gesichert werden.
Rico Chmelik, Geschäftsführer automotive thüringen e.V., richtet den Blick auf die Fachkräfte-Problematik, die Jobs und eine Studie, die im Rahmen des Projektes Thüringer Kompetenzverbund Automotive (TKA) veröffentlicht wurde. Nach dieser werden bestimmte Wertschöpfungsumfänge überflüssig und entfallen und andere Wertschöpfungskomponenten bestehen fort, müssen aber für neue Anforderungen modifiziert werden. Und bislang nicht benötigte Wertschöpfungsleistungen müssen neu entwickelt und aufgebaut werden. Dies geschiehe parallel und gleichzeitig mit einem Nebeneinander von Arbeitsplatzentfall, Arbeitsveränderung und Arbeitsplatzaufbau. „Hierzu gehen wir in Pilotprojekten mit Partnern aus der Industrie in neue Formate der Qualifizierung des Bestandspersonals.“ Das heutige Anforderungs- und Qualifikationsprofil der Automobilzulieferindustrie verdeutliche, dass Ergänzungsqualifikationen beim Bestandspersonal insbesondere für das Beschäftigungssegment der Fachkräfte und Aufstiegsqualifikationen von wesentlicher Bedeutung seien. „Zur Bewältigung des automobilen Strukturwandels stellt nicht zuletzt eine frühzeitige und auf Zukunftsfelder ausgerichtete Kompetenzentwicklung eine unverzichtbare Voraussetzung dar.“