Die deutsche Autoindustrie bewertet ihre Lage derzeit positiv, macht sich aber Sorgen um die Zukunft. Wie schätzen Sie die Situation der Branche in Ihrem Bundesland ein?
Seit 2016 beobachten wir einen kontinuierlichen Rückgang der Automobilproduktion im Inland, der sich 2020 infolge der COVID19-Pandemie drastisch beschleunigt hat. Diesem allgemeinen Trend konnten sich die bayerischen Hersteller nicht entziehen, auch wenn der Rückgang geringer ausfiel als im gesamtdeutschen Durchschnitt. Derzeit erholen sich die Produktionszahlen nach Überwindung der Lieferkettenprobleme zwar deutschlandweit wieder.
Drängende Herausforderungen bleiben die ausreichende Versorgung mit Rohstoffen, die Sicherung von resilienten Lieferketten und die hohen Strom- und Energiekosten. Besonders betroffen von der Unsicherheit und dem hohen Kostendruck in der Branche sind die Automobilzulieferer. Gleichzeitig gibt es auch sehr positive Nachrichten. So plant beispielsweise BMW die Neuansiedlung eines großen Werks in Niederbayern, in dem Hochvoltbatterien für die E-Mobilität gefertigt werden sollen. Das unterstreicht die Bedeutung des Standorts Bayern.
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Insbesondere die internationale Wettbewerbssituation wird als problematisch angesehen - wie unterstützen Sie die Branche in Ihrem Bundesland diesbezüglich?
Für Bayern ist die Automobilindustrie als umsatzstärkster Industriezweig von größter Bedeutung. Die Hersteller und Zulieferer stehen bei der Entwicklung klimaneutraler Antriebe unter internationalem Wettbewerbsdruck. Um sie am Standort zu halten, ist es wichtig, die Energiewende entschlossen voranzutreiben und den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter zu beschleunigen. Für eine langfristige Sicherung der inländischen Produktion müssen auch die Rahmenbedingungen für die Unternehmen durch die Bundesregierung deutlich verbessert werden. Wir brauchen eine Senkung der Unternehmenssteuern auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau, die rasche Umsetzung der seit Langem angekündigten „Superabschreibung“ für Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung, die Einführung von Klimaschutzverträgen und die Begrenzung der Lohnzusatzkosten.
In der Bayerischen Staatsregierung arbeiten wir mit Nachdruck daran, die Industrie zukunftsfähig aufzustellen. Im Rahmen unserer Hightech Agenda unterstützen wir die Transformation mit schlagkräftigen Initiativen und Programmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Damit schaffen wir neue Perspektiven für die gut 200.000 Menschen, die direkt in der bayerischen Fahrzeugindustrie beschäftigt sind. Beispiele sind der 200 Millionen Euro starke Transformationsfonds der LfA Förderbank Bayern, unsere Technologieförderung oder die Gründerförderung.
Das Cluster Automotive begleitet und unterstützt seit Jahren die Automobilindustrie. Daneben läuft noch bis Herbst das Zukunftsforum Automobil, ein Zusammenschluss von Partnern aus Industrie, Gewerkschaften, Verbänden und Verwaltung. Mit dem Transformationslotsen Automotive von Bayern Innovativ greifen wir insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen unter die Arme. Neu ist auch das Transformationsnetzwerk transform.by mit vier regionalen Netzwerken in Nürnberg, Regensburg, Ingolstadt und Mainfranken, das der Bund mit einem zweistelligen Millionenbetrag fördert.
Für die Dekarbonisierung des Industrie- und Verkehrssektors ist Wasserstoff ein zentraler Baustein. Deshalb beschleunigen wir aus Bayern heraus massiv den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Wir fördern die Errichtung von Elektrolyseuren mit 150 Millionen Euro und von Wasserstofftankstellen mit 50 Millionen Euro. Das gleiche Tempo würde ich mir vom Bund erwarten.
Nicht zuletzt viele Mittelständler investieren in experimentelle Konzepte, selbst bei der Gefahr einer Fehlinvestition - wie innovativ ist die Branche in Ihrem Bundesland aus Ihrer Sicht?
Innovationen sind der Schlüssel für eine erfolgreiche Entwicklung – und der hohe Innovationsgrad war immer Fundament für die Erfolge der deutschen Automobilindustrie. Nach wie vor ist die bayerische Automobilindustrie bei der Zahl der Patentanmeldungen ganz vorne dabei.
Als ein Problem gilt der Fachkräfte-Mangel. Wie lässt sich dieser abmildern?
In der Staatsregierung setzen wir auf das heimische Potenzial. Als Ergänzung wollen wir den globalen Arbeitsmarkt für gezielte Zuwanderung durch verbesserte Integrationsangebote nutzen. Wir bieten umfangreiche Maßnahmen zur Sicherung der Fachkräfteversorgung an. Seit Langem fördern wir die beruflichen Bildung mit dem Meisterpreis, dem Aufstiegs-BAföG und der Erhöhung des Meisterbonus. Auch die Initiative „Ausbildung macht Elternstolz“ mit IHK und HWK oder die Veranstaltungsreihe für Schüler zum Thema Berufliche Bildung in Kooperation mit SCHULEWIRTSCHAFT sind Beispiele dafür. Zudem unterstützt das Bayerische Wirtschaftsministerium die Initiative „Fachkräftesicherung+“ mit der vbw. Der Pakt für berufliche Weiterbildung 4.0 dient der Stärkung der Weiterbildungsbereitschaft mit Schwerpunkt Digitalisierung.