Whistleblower sollen sich künftig sowohl an interne oder externe Meldestellen wenden dürfen. Wie wichtig ist die Wahlfreiheit aus Ihrer Sicht?
Die Richtlinie sieht vor, dass Hinweisgeber einen Missstand intern oder extern melden können. Gleichzeitig sollen sich die Mitgliedstaaten dafür einsetzen, dass interne Meldewege bevorzugt werden. Die Richtlinie sieht damit im Gegensatz zum vorliegenden Gesetzentwurf kein uneingeschränktes Wahlrecht vor. Der Gesetzgeber sollte ein dreistufiges Meldesystem dem Grunde nach beibehalten. Eine vorrangige interne Meldung liegt auch im Interesse des Hinweisgebers. Eine effiziente Beseitigung eines Missstandes ist meist am ehesten durch das Unternehmen selbst möglich. Die Aufklärung und Beseitigung von Vorfällen durch externe Stellen erfolgt in vielen Fällen erst viel später. Grund hierfür kann ein bürokratisches Vorgehen der Behörden oder auch der Umstand sein, dass Behörden erst umfassend ermitteln müssen. Es muss daher weiter möglich sein, eine vorrangige interne Meldung z. B. durch eine Betriebsvereinbarung zu regeln. Zudem könnten Fälle normiert werden, in denen sofort der externe Meldeweg beschritten werden kann. Möglich wäre auch eine gesetzliche Regelung, dass eine externe Meldestelle erst tätig wird, wenn ein vorhandener interner Meldeweg zunächst erfolglos beschritten wurde.
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Langfristig sollen alle Unternehmen und Verwaltungen mit mehr als 50 Beschäftigten eine interne Meldestelle haben. Wie bewerten Sie diese Grenze - auch hinsichtlich der Aufwände, die auf die kleineren Beschäftigungsgeber zukommen?
Kleine und mittelständische Unternehmen verfügen oft noch nicht über Hinweisgebersysteme. Aber auch Unternehmen, die bereits Systeme zur Meldung von Missständen haben, müssten diese oftmals unter Zuhilfenahme externer Berater auf die neuen Anforderungen hin überprüfen und anpassen. Neben einem hohen zeitlichen und administrativen Aufwand entstehen einerseits einmalige Einführungskosten, wie z. B. die Kosten für Mitarbeiterinformationen und ggf. Abstimmungen mit dem Betriebsrat, sowie andererseits jährliche Kosten für den Betrieb des Hinweisgebersystems, die in ihrer Höhe auch davon abhängig sind, wie viele Hinweise zu bearbeiten sein werden.
Geschützt sollen auch unzutreffende Meldungen sein, nicht aber vorsätzlich falsche. Wie bewerten Sie diese geplante Regelung?
Richtig ist, dass vorsätzlich falsche Meldungen nicht vom Hinweisgeberschutzgesetz umfasst sind. Zum Schutz der Rechte der von einer Meldung betroffenen Person ist es auch erforderlich, dass der Hinweisgeber nur solche Meldungen tätigen darf, bei denen er einen begründeten Verdacht hat, dass ein Missstand vorliegt. Voraussetzung muss sein, dass der Hinweisgeber bei der Beurteilung des Sachverhalts alle ihm zur Verfügung stehenden Informations- und Beratungsangebote ausschöpft. Durch eine Meldung eines Missstandes können Unternehmen wirtschaftliche Einbußen, Wettbewerbsnachteile und Imageschäden drohen. Beruht die Annahme, dass ein meldefähiger Sachverhalt vorliegt, allein auf der subjektiven Einschätzung des Hinweisgebers, besteht die Gefahr unnötiger Belastungen Unbeteiligter. Insbesondere muss der Persönlichkeitsschutz anderer Mitarbeiter berücksichtigt werden. Andernfalls kann der Betriebsfrieden Schaden nehmen. Meldung müssen daher verantwortungsvoll und angemessen erfolgen. Nur eine verantwortungsvolle Meldung kann ein Beitrag zur Behebung eines Missstandes sein.
Was sollte aus Ihrer Sicht unbedingt noch in einem endgültigen Hinweisgeberschutzgesetz stehen - und was keinesfalls?
Zumindest sollten Anreize für die vorrangige interne Meldung geschaffen werden. Wichtig ist, dass bei der Ausgestaltung interner Meldeverfahren weitgehende Entscheidungsfreiheit besteht. Die Einrichtung einer zentralen Meldestelle bei einer anderen Konzerngesellschaft muss zulässig bleiben. Bei konzernverbundenen Unternehmen sind Hinweisgebersysteme aus gutem Grund oftmals zentral angesiedelt. Damit wird sichergestellt, dass Meldungen zeitnah und professionell unter Berücksichtigung aller rechtlichen Voraussetzungen bearbeitet werden.