Menue-Button
WERBUNG
Mein kostenfreies Live-Webinar: ALS EXPERTE DIGITAL WIRKSAM SICHTBAR WERDEN - FÜR FÜHRUNGSKRÄFTE UND DEREN KOMMUNIKATIONS­VERANTWORTLICHE
← FACHDEBATTE
Interview15.11.2022

Gut funktionierende Hinweisgebersysteme sind gerade für den Mittelstand wichtig

Wie die Regeln dafür aussehen sollten

Dr. Malte Passarge - Direktor, Institut für Compliance im Mittelstand (ICM) Quelle: Privat Dr. Malte Passarge Direktor Institut für Compliance im Mittelstand (ICM)
INITIATORIN DIESER FACHDEBATTE
Dipl.- Journ. Nikola Marquardt
Founder & Herausgeberin
Meinungsbarometer.info
ZUR FACHDEBATTE

Dr. Malte Passarge sieht viele Punkte der geplanten Regelungen für Hinweisgeber kritisch. Er ist Direktor des Instituts für Compliance im Mittelstand (ICM) und berät mittelständische Unternehmen in allen Fragen des Wirtschaftsrechts und ist spezialisiert auf die Beratung bei der Gestaltung und Einführung von Compliance-Programmen sowie Beratung im Gesellschaftsrecht.





Whistleblower sollen sich künftig sowohl an interne oder externe Meldestelle werden dürfen. Wie wichtig ist die Wahlfreiheit aus Ihrer Sicht?
Die Wahlfreiheit ist aus praktischer Sicht für den redlichen Hinweisgeber kaum relevant. Sowohl meine Erfahrung als externer Ombudsmann, als auch wissenschaftliche Studien zeigen, dass es dem Hinweisgeber darum geht, dass die von ihm gemeldeten Missstände abgestellt werden. Langwierige Verfahren über ferne Behörden helfen da nicht. Dafür ist der richtige Weg eine Meldung bei der Ombudsstelle des betroffenen Unternehmens. Angesichts der Überlastungen bei Behörden ist nicht zu erwarten, dass diese eine ordnungsgemäße Bearbeitung von Meldungen gewährleisten können. Dies hat das Desaster bei der FIU beeindruckend unter Beweis gestellt. Somit wird die Meldung bei der externen Meldestelle für den unredlichem Hinweisgeber zu einem Freifahrtschein, um sich nach zu erwartender Nichtbearbeitung an die Öffentlichkeit zu wenden

JETZT HERUNTERLADEN

DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE

DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT

alle Debattenbeiträge ungekürzt im Original
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
MEHR ERFAHREN


Langfristig sollen alle Unternehmen und Verwaltungen mit mehr als 50 Beschäftigten eine interne Meldestelle haben. Wie bewerten Sie diese Grenze - auch hinsichtlich der Aufwände, die auf die kleineren Beschäftigungsgeber zukommen?
Diese Grenze ist recht niedrig gesetzt und nicht hilfreich. Zum einen gibt es Unternehmen – etwa aus dem Finanzbereich – die mit weniger als 50 Mitarbeitern Umsätze im hohen 3-stelligen Millionenbereich oder gar Milliarden generieren, womit natürlich ein hohes Compliancerisiko einhergeht. Zum anderen gibt es viele mittelständische Unternehmen mit einigen 100 Mitarbeitern, von denen nur geringe Risiken ausgehen. Gleichwohl ist es schwierig, eine sinnvolle Grenze zu ziehen, meines Erachtens sollte diese bei 100 bis 200 Mitarbeitern liegen.

Geschützt sollen auch unzutreffende Meldungen sein, nicht aber vorsätzlich falsche. Wie bewerten Sie diese geplante Regelung?
In einem Rechtsstaat muss es selbstverständlich sein, dass vorsätzlich falsche Meldungen keinem Schutz unterliegen. Leider ist die derzeitige Regelung im Hinblick auf fahrlässig falsche Meldungen unzulänglich und verkehrt die Schutzmaßnahmen. Der Gesetzgeber hat völlig außer Acht gelassen, dass auch fahrlässig falsche Meldungen für ein betroffenes Unternehmen verheerende Auswirkungen haben können. Angesichts der massiven globalen Shitstorms können nur wenige leichtfertig dahingesagte Äußerungen ein Unternehmen an den Rand des Ruins bringen. Gerade mittelständische Unternehmen können sich dagegen kaum zur Wehr setzen. Hier sind die Täter-Opferrelationen völlig verschoben. Hilfreich wäre es, auch dem Hinweisgeber eine Prüfpflicht im Hinblick auf seine Meldungen aufzuerlegen. Sofern sich dies an seinen Fähigkeiten und Kompetenzen und der Art und Weise des gemeldeten Verdachtes orientiert, ist dies durchaus zumutbar.

Was sollte aus Ihrer Sicht unbedingt noch in einem endgültigen Hinweisgeberschutzgesetz stehen - und was keinesfalls?
Ich halte den Schutz für redliche Hinweisgeber für besonders wichtig. Gut funktionierende Hinweisgebersysteme sind für Unternehmen, gerade Mittelstand wichtig und werden von diesen auch positiv wahrgenommen. Umso bedauerlicher ist, dass das Gesetz einen sachgerechten Schutz der Hinweisgeber gerade verhindert. Zugleich fehlt es auch an einen sachgerechten Schutzkonzept für Unternehmen vor Falschmeldungen.

Ein großes Problem ist der maßlose Anwendungsbereich für alle straf- und bußgeldbewehrten Verstöße, dies muss massiv reduziert werden. Mit der derzeitigen Regelung wird ein Monster geschaffen, sogar das Parken eines Mitarbeiters im Halteverbot als Ordnungswidrigkeit würde in den Anwendungsbereich fallen.

Dies wird noch stärker ausgeweitet durch die Regelung in § 3 Abs. 2 Nr. 2 HinschG-E wonach nicht nur rechtswidrige, sondern auch “missbräuchliche Praktiken“, also Handlungen, die in formaler Hinsicht nicht rechtswidrig sind, aber dem Ziel oder dem Zweck einer Regelungen zuwiderlaufen in den Anwendungsbereich fallen sollen. Hierbei handelt es sich um einen völlig unbestimmten Rechtsbegriff, der Missbrauch Tür und Tor öffnet.

Ausgesprochen irritierend ist die Regelung in § 11 zur Dokumentationspflicht der Hinweise. Dies hat keinerlei positiven praktischen Effekt und gefährdet die Anonymität des Hinweisgebers. Es drängt sich der Verdacht auf, dass damit parallelen oder nachlaufenden behördlichen  Ermittlungen die Arbeit erleichtert werden soll.

Die Dokumentationspflicht steht auch im Widerspruch zur Löschpflicht nach zwei Jahren. Kommt es zu einem Prozess mit einem Hinweisgeber ist das Unternehmen im Prozess zu Unrecht benachteiligt, wenn es auf länger zurückliegende Dokumente nicht zurückgreifen kann. Auch aus Sicht der Compliancepraxis ist eine solche Pflicht negativ zu bewerten. Denn es kommt gelegentlich vor, dass zu einem konkreten Sachverhalt über einen längeren Zeitraum verschiedene Meldungen eingehen, die nicht immer ausreichend substantiiert sind und erst das nach mehreren Meldungen eine Aufklärung des Sachverhaltes und Abstellung kritischer Verhaltensweisen möglich wird.

Es hätte auch nahe gelegen, dass der Gesetzgeber angesichts verschiedener Regelungen zu Hinweisgeberstellen in anderen Gesetzen (LksG, ArbSchG, GeschG, GwG, KWG, WpHG, VAG, BörsG, WPO, KAGB) eine einheitliche Regelung schafft. Leider wurde dies unterlassen.

UNSER NEWSLETTER
Newsletter bestellen JETZT BESTELLEN
■■■ WEITERE BEITRÄGE DIESER FACHDEBATTE

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Prof. Dr. Stefanie Fehr
Forscherin
Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach

Prof. Dr. Stefanie Fehr - Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach, Studiengänge Wirtschaftsinformatik, Datenschutz und IT-Sicherheit
Whistleblower | EU

Über den Nutzen von Whistleblowing für ■ ■ ■

Was die Regeln für Hinweisgeber bringen können

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Prof. Dr. Stefanie Fehr
Forscherin
Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Daniel Moßbrucker
Journalist und Trainer
Frei

Daniel Moßbrucker - Journalist und Trainer für digitale Sicherheit
Whistleblower | EU

Etwas fehlt im Whistleblower-Gesetz

Wo die vorgesehenen Regeln eine Lücke haben

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Daniel Moßbrucker
Journalist und Trainer
Frei

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Paula Benedict
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Freie Universität Berlin

Paula Benedict - Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Vergleichendes Strafrecht, Strafverfahrensrecht, Wirtschafts- und Umweltstrafrecht, Freie Universität Berlin
Whistleblower | EU

Hinweisgeberschutz lohnt sich für ■ ■ ■

Wie eine Forscherin die geplanten Regeln zum ■ ■ ■

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Paula Benedict
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Freie Universität Berlin

ZUR FACHDEBATTE
■■■ DIESE FACHDEBATTEN KÖNNTEN SIE AUCH INTERESSIEREN
DIGITALISIERUNG | TRENDS & INNOVATIONEN

Wie wir wohnen werden

Die neusten Trends in, am und ums Haus

Uwe Schimunek

INITIATOR
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info

Dipl.- Journ. Nikola Marquardt

INITIATORIN
Dipl.- Journ. Nikola Marquardt
Founder & Herausgeberin
Meinungsbarometer.info

ÜBER UNS

Meinungsbarometer.info ist die Plattform für Fachdebatten in der digitalen Welt. Unsere Fachdebatten vernetzen Meinungen, Wissen & Köpfe und richten sich an Entscheider auf allen Fach- und Führungsebenen. Unsere Fachdebatten vereinen die hellsten Köpfe, die sich in herausragender Weise mit den drängendsten Fragen unserer Zeit auseinandersetzen.

überparteilich, branchenübergreifend, interdisziplinär

Unsere Fachdebatten fördern Wissensaustausch, Meinungsbildung sowie Entscheidungsfindung in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Gesellschaft. Sie stehen für neue Erkenntnisse aus unterschiedlichen Perspektiven. Mit unseren Fachdebatten wollen wir den respektvollen Austausch von Argumenten auf Augenhöhe ermöglichen - faktenbasiert, in gegenseitiger Wertschätzung und ohne Ausklammerung kontroverser Meinungen.

kompetent, konstruktiv, reichweitenstark

Bei uns debattieren Spitzenpolitiker aus ganz Europa, Führungskräfte der Wirtschaft, namhafte Wissenschaftler, Top-Entscheider der Medienbranche, Vordenker aus allen gesellschaftlichen Bereichen sowie internationale und nationale Fachjournalisten. Wir haben bereits mehr als 600 Fachdebatten mit über 20 Millionen Teilnahmen online abgewickelt.

nachhaltig und budgetschonend

Mit unseren Fachdebatten setzen wir auf Nachhaltigkeit. Unsere Fachdebatten schonen nicht nur Umwelt und Klima, sondern auch das eigene Budget. Sie helfen, aufwendige Veranstaltungen und überflüssige Geschäftsreisen zu reduzieren – und trotzdem die angestrebten Kommunikationsziele zu erreichen.

mehr als nur ein Tweet

Unsere Fachdebatten sind mehr als nur ein flüchtiger Tweet, ein oberflächlicher Post oder ein eifriger Klick auf den Gefällt-mir-Button. Im Zeitalter von X (ehemals Twitter), Facebook & Co. und der zunehmenden Verkürzung, Verkümmerung und Verrohung von Sprache wollen wir ein Zeichen setzen für die Entwicklung einer neuen Debattenkultur im Internet. Wir wollen das gesamte Potential von Sprache nutzen, verständlich und respektvoll miteinander zu kommunizieren.