Familienunternehmen haben besonders loyale Mitarbeiter, eine Herausforderung ist aber der Generationswechsel. Wie sehen Sie die Lage der Familienunternehmer hierzulande grundsätzlich?
Grundsätzlich spielen Familienunternehmen eine wesentliche Rolle in Gesellschaft und Wirtschaft – sie sind das Rückgrat unserer Volkswirtschaft. Durch die Einbindung der Familie in das Unternehmen, stehen Familienunternehmen für Nachhaltigkeit, menschliche Verbindlichkeit, und sind authentisch. Die Mitarbeiterführung ist stark von Werten getragen. Das beruht v.a. auf dem positiven Unternehmergeist und der Einsatzfreude des Unternehmers/der Unternehmerin. Es ist empirisch belegt, dass Familienunternehmen weniger Mitarbeiterfluktuation aufweisen, d.h. es ist eine langfristige Bindung an den Betrieb zu beobachten. Über ein Viertel der Mitarbeiter sind länger als 10 Jahre im Unternehmen. Als Grund wird Sicherheit, Vertrauen sowie die starke Identifikation und Motivation genannt.
Eine der zentralen Stärken von Familienunternehmen gegenüber Nicht-Familienunternehmen und gleichzeitig wesentliche Besonderheit von Familienunternehmen besteht darin, dass durch die enge Verzahnung von Familie und Betrieb Entscheidungen in Familienunternehmen gleichermaßen von sachlichen und emotionalen Motiven geleitet werden. Weiters verfügen Familienunternehmen grundsätzlich über ein positives Image und einen hohen Stellenwert, denn sie haben eine starke Verankerung in der Region.
Obwohl viele Familienunternehmen als besonders erfolgsträchtig und überlebensfähig gelten, sind sie in einem Punkt äußerst krisenanfällig - nämlich bei der Übergabe an die nächste Generation. So belegen Studien, dass es von den 85% der Familienunternehmen weltweit nur 67% in die zweite, 32% in die dritte und 16% in die vierte Generation schaffen. Durchschnittlich werden Familienunternehmen nur 24 Jahre alt. Ungeachtet der zahlreichen positiven Eigenschaften, die Familienunternehmen verbinden, werden Fragen rund um die Nachfolge für besonders problematisch erachtet.
Familienunternehmen sehen sich als besonders innovativ. Wie bewerten Sie diese Einschätzung?
Studien zeigen, dass Familienunternehmer aufgrund der Langzeitorientierung des Betriebes eher risikoavers sind und Gewinne häufiger in das Unternehmen reinvestieren. Anstelle einer kurzfristigen Gewinnmaximierung steht die Nachhaltigkeit und Stabilität des Unternehmens im Mittelpunkt. Ziel ist die familieninterne Fortführung des Unternehmens über Generationen hinweg. Stabilität bedeutet allerdings nicht Stagnation. Familienunternehmen wird oft nachgesagt, dass sie mehr in der Tradition als in der Innovation verhaftet sind. Ich denke, wichtig ist die Anpassungsfähigkeit und –bereitschaft der Familienunternehmen im Sinne einer nachhaltigen Unternehmensstrategie. Viele Familienunternehmen sind bestrebt innovative Lösungen für ihre Kunden zu finden und sie sind grundsätzlich nahe am Kundenproblem. So handelt es sich bei vielen Hidden Champions und Weltmarktführer um Familienunternehmen.
Als ein Hindernis sehen die Familienunternehmen den Fachkräftemangel. Was muss da passieren?
Mitarbeiter-Management ist der erfolgskritische Faktor für alle Unternehmen. Der Fokus richtet sich aktuell vor allem auf die Mitarbeiterbindung, also jenen Teil einer Arbeitgebermarke, welcher sich nach Innen richtet. Das Ziel dabei ist, die Identifikation und das Commitment der Mitarbeiter:innen zum Unternehmen zu stärken, um dadurch die Leistungsbereitschaft und die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen zu erhöhen. Im Hinblick auf die Personalgewinnung ist auf jene Aspekte genau zu achten, die die Arbeitgeberattraktivität aus der Sicht von potenziellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausmachen. Diese Faktoren gilt es hervorzuheben und zu kommunizieren. Employer Branding erfordert im Generellen eine klare interne und externe Haltung des Arbeitgebers, weshalb für erfolgreiche Maßnahmen eine enge Zusammenarbeit zwischen Marketing, Human Resources und Kommunikation erforderlich ist. Durch die Einbindung der Familie in das Unternehmen, stehen Familienunternehmen für menschliche Verbindlichkeit sowie auf eine auf die Mitarbeiter ausgerichtete Kultur und Wertschätzung. Familienunternehmen haben flache Hierarchien, ein vielfältiges Aufgabenspektrum und persönlichen Kontakt zur Unternehmensleitung zu bieten.
Wie sollte die Politik Familienunternehmer im Übrigen unterstützen?
Ich bin überzeugt, dass Familienunternehmen auch in Zukunft eine zentrale Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft haben werden. Dafür ist es aber essentiell, dass die Politik deren Herausforderungen und Bedürfnisse kennt. Die Wirtschaftswelt wird immer komplexer und dynamischer. Geschäftsmodelle vor 20 Jahren haben heute an Relevanz verloren. Bewährte und in der Vergangenheit erfolgreiche Marktstrategien werden buchstäblich außer Kraft gesetzt. Die Geschwindigkeit der Veränderung nimmt signifikant zu. In allen Branchen und Unternehmensgrößen wird der Wandel Einfluss auf bestehende Geschäftsmodelle nehmen.
Was es hier braucht ist die Unterstützung der Unternehmen beim Zugang zu Finanzierungsoptionen bzw. die Schaffung steuerlicher Anreize zur Förderung von Wachstum und digitaler Transformation. Weiters ist der Bürokratieabbau essentiell, es müssen Bürokratiekosten und Überregulierung reduziert werden, damit wieder mehr Raum für Unternehmertum entsteht. Und auch bei der zentralsten Herausforderung von Familienunternehmen – der Betriebsnachfolge – gilt es von Seiten der Politik Anreize zu setzen, damit Nachfolgeprozesse frühzeitig gestartet und entsprechend unterstützt werden.