Der RMV (Rhein-Main-Neckarverbund) hat den ersten brennstoffzellengetriebenen Regionalzug der Welt auf die Reise geschickt. Ist das der Durchbruch für eine neue Technologie auf der Schiene oder bleibt der komplett CO2-freie Schienenverkehr eine Vision?
Die Bahn hat gute Möglichkeiten, in absehbarer Zeit zu einem CO2-freien Verkehrsmittel zu werden. Bei den elektrifizierten Bahnlinien können die Betreiber schon heute erneuerbaren Strom nutzen und damit die Sektoren Strom und Mobilität miteinander koppeln. Seit 2018 setzt die Deutsche Bahn zum Beispiel im Fernverkehr nur noch erneuerbaren Strom ein. Und auf nichtelektrifizierten Strecken kann die Brennstoffzellen-Technologie die bislang eingesetzten Dieselfahrzeuge umweltfreundlich ersetzen. So langsam kommt die Technologie auch in Fahrt: Der erste Auftrag für zwei Prototypen eines Brennstoffzellen-Regionalzugs erfolgte durch das BMVI auf der InnoTrans 2014 in Berlin. Diese mit wissenschaftlicher Begleitung durch das DLR gebauten Brennstoffzellen-Züge werden seit dem Herbst 2016 erprobt. Im Herbst 2017 hat das Land Niedersachsen 14 Züge fest bestellt. Hessen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein bereiten derzeit Ausschreibungen für Brennstoffzellen-Züge auf nichtelektrifizierten Streckennetzen vor. Und auch Wasserstoff als Energieträger rückt derzeit stärker in den Fokus: In vielen Projekten wird erneuerbarer Strom in Form von Wasserstoff gespeichert und steht voraussichtlich in Zukunft verstärkt zur Verfügung.
Hoffen Sie bundes- und europaweit auf Nachahmer-Projekte? Wären Wasserstoff-Antriebe grundsätzliche für alle Typen von Schienenfahrzeugen geeignet? (Regionalverkehr, ICEs, Güterverkehr)
Im Sinne einer CO2-freien Mobilität wäre das in jedem Fall wünschenswert. Die meisten Schienenfahrzeug-Hersteller haben zwischenzeitlich auch Projekte für die Umrüstung von Dieselfahrzeugen auf einen Brennstoffzellen/Batterie-Antriebsstrang gestartet. Da die Schienenfahrzeug-Hersteller internationale Konzerne sind, gibt es bereits weltweit Folgeprojekte, die in der Vorbereitung sind. Eines davon wird beispielsweise von dem kanadischen Betreiber Metrolinx für nichtelektrifizierte Streckennetze der Region Toronto geprüft. Brennstoffzellen-Züge haben eine Reichweite von bis zu 1000 Kilometer, sie kommen vor allem als Regionalzüge, Güterzüge aber auch als Rangierlokomotiven in Frage. Die meisten Fernstrecken sind dagegen elektrifiziert, daher werden Züge des Personenfernverkehrs auch weiterhin mit Stromversorgung fahren.
Welche technischen Hürden gibt es noch beim Thema Wasserstoffantrieb? (Erzeugung und Speichertechnologien)
Technische Hürden im eigentlichen Sinne gibt es für die Brennstoffzellen-Fahrzeuge nicht. Aufgrund der im Vergleich zu Straßenfahrzeugen deutlich höheren Leistungsklasse und der (noch) geringen Stückzahlen ist der Antriebsstrang zu Zeit etwa doppelt so teuer wie der des Dieselmotors. Wobei zu erwarten ist, dass die Serienfertigung zu niedrigeren Preisen führt und fossile Energie eher teurer wird. Eine Herausforderung wird allerdings der Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur. Da aber sofort verlässliche relativ große Mengen abgenommen werden und sich der Verbrauch auf dem Streckennetz gut planen lässt, ist der Aufbau einer Wasserstoffversorgung einfacher als in anderen Bereichen.
Warum ist die Brennstoffzellen-Technologie im Gegensatz zur herkömmlichen Elektromobilität bisher weit weniger im Fokus? Sollten hier Bund und Länder ggf. mit gesetzgeberischen Maßnahmen nachjustieren?
Seitdem einige Bundesländer sich diese technische Lösung näher ansehen, erkennen auch die großen Energiekonzerne und die DB Energie das Potential der Wasserstoffversorgung. Mit der NOW (Nationale Organisation Wasserstoff) wird ist das Thema schon länger bundesseitig gestaltet. Die Einführung der Brennstoffzellen-Technik könnte in dieser konkreten Anwendung z.B. durch die Befreiung von der EEG-Umlage oder den Wegfall der Trassenpreise für das Schienennetz unterstützt werden.