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Bayern würde Wasserstoff tanken

Warum neben der Oberleitung nur die LOHC-Technologie infrage kommt

Ilse Aigner, Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr Ilse Aigner Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr Staatsregierung Bayern 08.05.2018
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Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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Bund und Eisenbahnunternehmen sollten nicht nur auf innovative Zugantriebsformen setzen, sondern vor allem die konventionelle Elektrifizierung vorantreiben, wo immer sie sinnvoll ist. Das sagt Ilse Aigner, Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr. "Wir werden aber mit großem Interesse verfolgen, wie sich diese Nahverkehrszüge auf ihren bundesweiten Pilotstrecken machen. Aus unserer Sicht gibt es gerade beim Wirkungsgrad aber noch deutlichen Spielraum nach oben." Das sagt Ilse Aigner, Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr. "Ein Manko ist auch, dass mit den bisher entwickelten Zügen wohl keine Halte in Tunnelstationen möglich sind. Auch darum habe ich schon zu meiner Zeit als bayerische Wirtschafts- und Technologieministerin angestoßen, dass in Bayern der Einsatz der sogenannten LOHC-Technik als Wasserstoffspeichermedium für den Bahnbetrieb  vorangetrieben wird."







Der RMV hat kürzlich den ersten brennstoffzellengetriebenen Regionalzug der Welt auf die Reise geschickt. Auch in Bayern ist die „Bayerische Elektromobilitäts-Strategie Schiene zur Reduzierung des Dieselverkehrs im Bahnnetz in Bayern“ auf den Weg gebracht worden. Ist das der Durchbruch für neue Technologien auf der Schiene hin zum CO2-freien Schienenverkehr?
Es ist zumindest ein deutliches Signal, das einzelne Aufgabenträger oder Länder setzen. Es besteht in Deutschland breiter Konsens, dass der Dieselantrieb im Schienenverkehr ein Ablaufdatum haben muss. Das hat auch die kürzlich erstellte Branchenvision zum „Nahverkehrszug der nächsten Generation“ gezeigt. Aber es liegt noch ein steiler Weg vor uns. Noch haben wir keine Praxiserfahrung mit diesen Zügen. Nicht zuletzt deshalb sollten der Bund und die Eisenbahnunternehmen nicht nur auf innovative Zugantriebsformen setzen, sondern vor allem die konventionelle Elektrifizierung vorantreiben, wo immer sie sinnvoll ist. Hier brauchen wir Rad das Rad nicht neu erfinden, denn das System hat sich schon bewährt und macht den Bahnbetrieb national wie international flexibler.

Was sieht der bayerische Plan (BESS) auf welchen Strecken vor?
Wir setzen auf vier Säulen. Die im Bundesverkehrswegeplan verankerten Elektrifizierungsausbauprojekte müssen so schnell wie möglich kommen. Wir haben darin sehr viele bayerische Projekte enthalten, aber eben auch einen deutlichen Nachholbedarf. Als zweite Säule sollen auch an hauptsächlich vom Nahverkehr bedienten Strecken Oberleitungen gelegt werden. Wir haben aktuell sieben prioritäre Strecken bestimmt, bei denen der größtmögliche Nutzen entstünde. Das sind Strecken mit dichtem SPNV-Angebot, die auf die Ballungszentren München, Nürnberg, Frankfurt und Ulm zulaufen. In vielen Fällen kann ein schon bestehender Fahrdraht nicht genutzt werden. Drittens wollen wir im innerörtlichen Rangierbetrieb die Emissionen zurückfahren. Dazu unterstützen wir derzeit einen wissenschaftlich begleiteten Pilotversuch mit Hybrid-Rangierloks in Würzburg und Nürnberg. Und wir wollen als vierte Stellschraube in Bayern sieben Pilotprojekte im SPNV starten, bei denen mit unterschiedlichen innovativen Antriebskonzepten und Rahmenbedingungen die Praxistauglichkeit der neuen Züge im Regelbetrieb getestet werden soll. Bei aller Begeisterung für neue technische Lösungen: Es muss einen Übergang mit Augenmaß geben. Deswegen wollen wir nicht gleich mit einem komplettem Austausch von Fahrzeugflotten in die Vollen gehen.

Spielt in Ihren Überlegungen auch der Wasserstoff-Antrieb grundsätzlich eine Rolle? Welche technischen Hürden gibt es ggf. noch beim Thema Wasserstoffantrieb?
Wir werden mit großem Interesse verfolgen, wie sich diese Nahverkehrszüge auf ihren bundesweiten Pilotstrecken machen. Warum dann nicht auch ein regulärer Einsatz in Bayern, wenn sie sich bewähren und noch weiter entwickelt werden? Aus unserer Sicht gibt es gerade beim Wirkungsgrad noch deutlichen Spielraum nach oben. Ein Manko ist auch, dass mit den bisher entwickelten Zügen wohl keine Halte in Tunnelstationen möglich sind. Das ist gerade für viele nach München zulaufende Linien ein Ausschlusskriterium. Auch darum habe ich schon zu meiner Zeit als bayerische Wirtschafts- und Technologieministerin angestoßen, dass in Bayern der Einsatz der sogenannten LOHC-Technik als Wasserstoffspeichermedium für den Bahnbetrieb  vorangetrieben wird. Dass dies eine mögliche Lösung ist, haben Forscher bestätigt. Wir wollen in den nächsten Jahren im Freistaat zusammen mit der Bahnindustrie einen zulassungsfähigen Prototypen entwickeln.

Was erwarten Sie vom Bund in Bezug auf den CO2-freien Schienenverkehr? Braucht es hier ggf. neben den Länderinitiativen neue gesetzgeberische und unterstützende Maßnahmen?
Zuerst erwarte ich, dass der Bund seiner grundgesetzlichen Aufgabe bei der Schieneninfrastruktur nachkommt und endlich auch Elektrifizierungen jenseits des BVWP finanziert. Wir Länder fordern zudem, dass er bei der Markteinführung der deutlich teureren Zügen mit innovativen Antriebstechniken technologieoffen fördert – zumal er sich dadurch sehr wahrscheinlich die eine oder andere Infrastrukturfinanzierung sparen wird. All das haben wir jüngst auf der Verkehrsministerkonferenz in Nürnberg beschlossen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hier bald Nägel mit Köpfen machen wird. Ich könnte mir aber durchaus noch andere Hebel vorstellen. Wir haben aktuell ein lärmabhängiges Trassenpreissystem in Deutschland. Warum sollen wir nicht auch über emissionsabhängige Nutzungsentgelte auf den Strecken und Stationen in Regionen mit großen Luftreinhaltungsproblemen nachdenken? Auch das würde weiteren Anreiz liefern, Dieselfahrzeuge aufs Abstellgleis zu bringen. Es geht ja bei der ganzen Thematik nicht nur um CO2-Einsparung, sondern auch um Luftreinhaltung.

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