Was sind die Gründe dafür, dass Menschen vermehrt auf digitale Hörangebote zurückgreifen als auf lineare?
Meiner Meinung nach muss ein bisschen differenziert werden, um welches der vielfältigen Audioangebote es sich handelt. Beispielsweise wird Radio ja klassisch via UKW/DAB+ und digital ausgespielt. Der Ausspielungsweg heißt aber natürlich nicht im Umkehrschluss, dass Radio nicht trotzdem linear gehört wird. Die aktuellen Zahlen der MassenkommunikationTrends 2022 zeigen sehr deutlich, dass 76 Prozent der Deutschen lineares Radio hören. Sprich – lineares Hören beim Medium Radio ist immer noch ein wichtiger Faktor. Und ergibt als letztes Massenmedium auch Sinn, weil es die Menschen mit News, Infos und Unterhaltung durch den Tag begleitet. Aber natürlich ist der Vorteil der digitalen Angebote, dass sie auch on demand abgerufen werden können. Sprich – in einem eng getakteten Lebensalltag der Menschen, ist es doch von Vorteil, dass Audio-Angebote auch dann gehört werden, wenn die Hörerinnen und Hörer Zeit dafür haben. Beispielsweise Podcasts mit zumeist tiefergehenden Inhalten werden genutzt, wenn sich die Hörerinnen und Hörer bewusst damit auseinandersetzen wollen und können. Insofern hat beides sein für und wider.
JETZT HERUNTERLADEN
DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE
DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
Was sind die wichtigsten Audiotrends und wie gelingt es Marketingverantwortlichen diese innerhalb kürzester Zeit den Konsumenten schmackhaft zu machen?
Insgesamt ist der ganze Audiomarkt ja gerade sehr dynamisch und es gibt viele Bereiche wo ein auditives Umdenken bei Marketingverantwortlichen in ihrer Werbestrategie stattfindet. Ich spreche hier nicht nur von klassischer auditiver Werbung, die je nach Format via Radio und Podcast ausgespielt wird. Die Spanne reicht ja vom Audiospot, über ein Sponsoring bis hin zu nativer Werbung eingesprochen von einem Podcast-Host. Gerade bei Spots denke ich übrigens, dass hier noch viel Spielraum ist, Marken und Produkte durch kreatives Storytelling in Szene zu setzen. Wenn der Fokus bei Werbetreibenden mehr auf die Möglichkeiten von Markenverankerung durch spannende auditive Inszenierungen gelegt wird und weniger die Bewegtbild-Kampagnen eins zu eins auditiv übertragen werden, wird die Kraft von Audio und des gesprochenen Wortes sehr deutlich.
Neben Spots gibt es aber auch zahlreiche weitere Möglichkeiten wie beispielsweise Corporate Podcasts, die Überführung eines z.B. visuellen CI in die Audiowelt - also eine Audio-Identity oder ein Audio-Branding, bis hin zu der Implementierung eines intelligenten Audiosystems in Autos, die z.B. Fahrtlängen berechnen und dann präferierte Audioinhalte vorschlagen, die zu dieser Fahrtzeit passen. Wichtig ist bei all dem, dass Brands sich akustisch in den Köpfen der Hörerinnen und Hörern verankern und in der Nutzung von auditivem Content einen echten Mehrwert für die Zielgruppen liefern.
Mit welchen Werbeformaten und kreativen Entwicklungen könnte der Audiomarkt nachhaltig stabilisiert bzw. gewinnbringend vorangebracht werden – und sich dadurch auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Video- und Bewegtbildformaten verschaffen?
Wie bereits gesagt, gibt es schon viele Möglichkeiten, Audio in den verschiedensten Bereichen einzusetzen. Die Wirkung von auditiver Werbung ist vielfach durch Studien nachgewiesen, aber tatsächlich bei einigen Marketingverantwortlichen noch nicht in den Köpfen verankert. Soll heißen, dass die Vorteile schon jetzt belegt sind, aber die Kraft des Auditiven und der Stimme in der Werbewirtschaft derzeit oft noch schlichtweg unterschätzt wird. Insbesondere Radio wird meist als taktisches Medium eingesetzt. Also kurzfristig, um den Abverkauf anzukurbeln. Dabei wird die Kraft des Gehörten zur emotionalen Ansprache und zur Markenbildung völlig unterschätzt. Ein gutes Beispiel dafür ist unsere Studie: „Vom Sound zur Markenwelt“. Hier wird eindrucksvoll nachgewiesen, welche Stärke gute Audios haben, um Marken im Kopf zu bilden und zu verankern. Und dies zudem noch viel kostengünstiger, schneller und justierbarer als zum Beispiel bei einer audiovisuellen Umsetzung.
Aber um ein aktuelles und konkretes Beispiel zu nennen, wird ja das Voice-Marketing immer wichtiger. Also der Einkauf via Smart Speaker. Hier ist es sehr wichtig, dass Marken und Produkte in den Köpfen der Hörerinnen und Hörer im Bestellvorgang präsent sind. Also der spezielle Produktname muss im auditiven Gedächtnis der Konsument:innen genau beim Bestellvorgang im Kopf aufleuchten, um nicht nur zu sagen „Ich brauche ein Batterie“, sondern ich brauche die Batterie von XY. Dies gelingt nur, wenn man für eine Marke eine wirkliche Audiostrategie verfolgt und genau auf diese Verankerung im auditiven Gedächtnis hinarbeitet.
Funktioniert Werbung heutzutage überhaupt noch ohne digitale Algorithmus-basierte Vermarktungstechniken?
Ich würde sagen, dass es sowohl ein klares Ja als auch ein klares Nein gibt. Einfach zu sagen, ohne Algorithmus geht nichts mehr, würde ja das linear ausgespielte Radio via UKW oder beispielsweise Out of Home konterkarieren. Ich weiß, dass diese These immer wieder in den Raum gestellt und gerade im Online-Bereich propagiert wird. Die Behauptung ist ja: bei linearen nicht onlinebasierten Angeboten sei der Streuverlust einfach zu hoch. Radio als relevantes Massenmedium mit einer 100-jährigen Erfolgsgeschichte zumeist ohne Kenntnis des Mediums einfach ins Abseits zu stellen, ist dann schon sehr naiv – vor allem wenn man sich die Nutzungszahlen des linearen Programms anschaut. Anders gesagt, ein Markenaufbau braucht Massenmedien mit hohen Reichweiten wie es bei Radio oder Out of Home der Fall ist. An dieser Stelle also ein klares Nein. Ein Algorithmus im Sinne von Programmatic Audio ergibt aber natürlich Sinn, wenn man eine Audio-Onlineausspielung in den Fokus rückt. Hier kann algorithmus-basierte Vermarktung punkten und Zielgruppen zusätzlich zur Reichweite des Linearen punktgenau ansprechen. Also ein klares Ja. Wenn man mich fragt, würde ich das Beste aus beiden Welten zusammenführen, um den bestmöglichen Impact zu erzeugen.