Eine aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Hotels in Rankings von Hotelbuchungsportalen schlechter dastehen, wenn sie anderswo günstigere Preise anbieten. Was bedeutet das für den Markt?
Die Studie weist nach, was vielen Hoteliers und Hotelsuchende schon lange klar war: Plattformen sind befangen. Hotels, die höhere Provisionen zahlen, werden besser gereiht. Je nach Endgerät werden unterschiedliche Preise angezeigt. Hotels werden gegen höhere Provisionssätze als Preferred Partner dargestellt. „Empfohlen“ werden Hotels, die nicht dem Gast, sondern der Plattform einen Mehrwert bieten. Unmengen von Live-Tests optimieren die Konversions- und Buchungsraten zu Gunsten der Plattformen. All das garantiert natürlich nicht das beste Angebot für den Konsumenten, sondern die höchsten Einnahmen für die Plattformen. Dass Hotels nun aber auch mit schlechterem Ranking abgestraft werden, weil sie auf der eigenen Webseite oder auf andern Portalen günstigere Priese anbieten, zeigt wie sich große Plattformen mit ihrer Marktmacht gegen aktuelle rechtliche Rahmenbedingungen stemmen. In Österreich ist dieses Vorgehen übrigens verboten und muss daher auch näher untersucht werden!
Die Kriterien für die Empfehlungslisten sind offenbar nicht transparent. Welchen Änderungsbedarf sehen Sie diesbezüglich?
Es benötigt einfach mehr Transparenz. Aktuell werden Suchalgorithmen bewusst intransparent gehalten, damit Plattformen die Profite für ihre Shareholder auf dem Rücken der Hoteliers und User optimieren können. Natürlich sollten Portale für ihre Leistungen auch Geld verdienen. Selbstverpflichtungen der Portale die Algorithmen offenzulegen bzw. Klarheit zu schaffen, wie Ergebnisse zustande kommen, können hier nur ein erster Schritt sein. Verbraucher werden unter Druck und Stress gesetzt („Nur noch 1 Zimmer frei!“; „Derzeit sehen sich 6 andere User dieses Hotel an!“), die Conversion geht über alles. So werden Konsumenten hinters Licht geführt – auch zum Nachteil von Hotels. Die Fragen nach den besten Angeboten für die Kunden führt zwangsläufig zur Direktbuchung bei den Anbietern: Nur direkt beim Hotel kann gewährleistet werden, dass die beste verfügbare Kategorie zum besten Preis angeboten wird. Viele Hotels bieten Kundenbindungsprogramme und Vorteile für Direktbucher über alle Kanäle, egal ob Telefon, Mail oder Onlinebuchung. Zusätzlich können spezielle Wünsche und Angebote direkt abgeklärt werden – ganz nach persönlichen Wünschen und Interessen, ganz ohne den Bias einer internationalen Plattform.
Online-Buchungsportale stehen ohnehin unter Beobachtung der Wettbewerbshüter. Wie viel Markt gibt es in diesem Bereich aus Ihrer Sicht überhaupt?
The winner takes it all – das Internet tendiert zu Markt- und Informationsmonopolisierung: Durch Plattform- und Netzwerkeffekte wachsen starke und große Player noch schneller. Auf dem Online-Reisemarkt gibt es heute im Wesentlichen nur mehr zwei große weltweite Player – Expedia und die Priceline Group. Diese Marktdominanz schränkt die ohnehin überschaubare Verhandlungsmacht einzelner Hotels noch weiter ein. Das spüren sie auch bei den Kommissionen: Die steigen. Natürlich nicht nur, wie uns suggeriert wird, um das Angebot der Hotels in die Auslage zu stellen. Nicht das Angebot, das den Kunden interessiert, wird promotet, sondern ausschließlich der Vertriebskanal. Und die Renditen der Plattform-Shareholder klettern in Höhen, von denen Hoteliers nur träumen können. Einzig größeren Hotelgruppen ermöglicht ihre Verhandlungsposition, reduzierte Provisionen zu vereinbaren. D.h. gerade in Richtung KMU muss hier ganz genau evaluiert werden, in welche Richtung sich die Märkte entwickeln.
Welchen Regulierungsbedarf sehen Sie insgesamt bei den Online-Buchungsportalen?
In einigen europäischen Ländern (wie in Österreich auf Betreiben der ÖHV) wurden Vertragsbestimmungen wie die „Bestpreisgarantie“ gesetzlich verboten. Die Online-Multis können somit ihre Marktmacht wenigstens nicht mehr ausnutzen, um Hotels zu verbieten, auf der eigenen Website günstigere Preis anzubieten als über den für sie kostenpflichtigen Vertriebskanal der OTAs. Umfassendes Monitoring sämtlicher Geschäftspraktiken durch die nationalen und supranationalen Wettbewerbsbehörden und ein entsprechendes Einschreiten sind gefordert. Nur so können auch neue Innovationen entstehen bzw. auch neue Mitbewerber auf dem Markt kommen, denn Märkte ohne Wettbewerb werden langfristig weder im Sinne der Konsumenten als auch der Anbieter funktionieren.
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