Die Pandemie hat den Hochschulen und Forschungseinrichtungen einen Digitalisierungsschub verpasst. Wo steht Ihre Hochschule in der digitalen Transformation derzeit?
Wir sind mittendrin, vielfach um Schritte voraus. Dass die Universität Graz schon vor der Pandemie gut aufgestellt war, hat der rasche und überwiegend reibungslose Wechsel in die Online-Lehre und ins Home-Office bewiesen. Und dennoch hat sich gerade heuer zum Semesterstart im Oktober gezeigt, dass Universität auch ganz besonders von der persönlichen Begegnung lebt. Digitale Tools werden also überall dort eingesetzt und verstärkt, wo sie einen Mehrwert haben. Wir wollen Abläufe erleichtern und Prozesse beschleunigen: in der Forschung, im Studium und im Uni-Management.
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Was braucht Ihre Hochschule, um die digitale Transformation künftig zu verstetigen?
In dem wir uns offen und konstruktiv der Herausforderung stellen. Denn wir verstehen die digitale Welt als gestaltbar. Als große Universität mit vielen Disziplinen nutzen wir die Breite, um die Vielfalt an Optionen durch Forschung möglich zu machen. Konkret heißt das, wir fördern zum Beispiel die fächerübergreifende Zusammenarbeit exzellenter Wissenschafter:innen, um der Komplexität von Forschungsfeldern wie Künstliche Intelligenz, Automatisierung und Algorithmisierung der Gesellschaft umfassend gerecht zu werden. Weiters ist die Verbindung von Klimaforschung und Digitalisierung von hoher gesellschaftlicher Relevanz. Deshalb unterstützt die Uni Graz auch die Anbahnung von Projekten, die den digitalen Wandel im Kontext des sozial-ökologischen Wandels zur Nachhaltigkeit zum Gegenstand haben. Gleichzeitig gilt es, das Thema wissenschaftlich kritisch zu reflektieren und zu fragen: Darf die Maschine klüger als der Mensch werden? Zugleich tragen all diese Forschungserkenntnisse wesentlich dazu bei, unsere Studierenden als die Gestalter:innen für die Welt von morgen auszubilden.
Welche Effizienzgewinne lassen sich aus Kooperationen von Hochschulen und Forschungseinrichtungen erzielen?
In der Steiermark hat die Vernetzung der fünf Universitäten und der vier Hochschulen Vorbildwirkung. Insbesondere in der didaktischen Weiterbildung der Lehrenden haben wir die Nase vorn. Zum Beispiel wurde gemeinsam das Programm e-didactics entwickelt. Es unterstützt die Lehrenden, ihre Qualifikation mit Kompetenzen beim Einsatz von Technologien auszubauen. Die Module werden weitgehend in einer Kombination aus Präsenz- und Online-Phasen angeboten. Dieses Prinzip gilt ebenso für gemeinsame Studien, um den Studierenden einen zeitlich und örtlich flexibleren Zugang zu ermöglichen. Oder Uni Graz und TU Graz haben im Vorjahr das gemeinsame Masterstudium „Computational Social Systems“ gestartet. Ziel ist es, Studierende und damit in weiterer Folge die Wirtschaft fit dafür zu machen, die digitale Transformation aus fächerübergreifenden Blickwinkeln, wie Betriebswirtschaft, Psychologie und Informatik, zu begleiten und zu gestalten.
Neben der technischen Infrastruktur braucht die digitale Transformation auch einen Kulturwandel - inwieweit wandeln sich die Prozesse in Ihrer Hochschule in diesem Sinne?
Tatsache ist, wir befinden uns mitten in einem gesellschaftlichen Wandel, der wie schon erwähnt die Forschung und das Studienangebot massiv prägt. Die Thematik integrieren wir zum Beispiel in ergänzende Module. Im Sommersemester 2023 wird die Palette der sogenannten Masterstudien Plus um das Modul „Digitalisierung - Data Science“ erweitert. Dabei können alle Studierenden digitale Schlüsseltechnologien erwerben, die sie für ihr jeweiliges Fach einsetzen können. Sie lernen, prototypische Lösungen für einfache Probleme aus ihrem Fachgebiet zu erstellen, sie müssen aber keine Entwickler:innen werden. In der Forschung hat die Uni Graz das Exzellenzfeld „Smart Regulation“ definiert. Denn künstliche Intelligenz wird an immer mehr Entscheidungen des Menschen mitbeteiligt sein: in der Medizin, in der Energieversorgung oder bei der Personalauswahl. Doch wie unvoreingenommen sind solche Systeme tatsächlich? Wie rechtssicher? Wie vertrauenswürdig? An diesen und weiteren Fragen arbeiten vor allem Jurist:innen und Wirtschaftswissenschafter:innen, aber – und das ist etwas Besonderes – auch Ethiker:innen der Uni Graz.