Eine aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Hotels in Rankings von Hotelbuchungsportalen schlechter dastehen, wenn sie anderswo günstigere Preise anbieten. Was bedeutet das für den Markt?
Wenn Portale Hotels dafür bestrafen, dass sie an anderer Stelle Zimmer günstiger anbieten, behindert das den Wettbewerb im Markt um günstigere Preise zum Schaden der Verbraucher, die überhöhte Preise zahlen müssen. Besonders problematisch ist das, wenn die Portale über eine gewisse Marktmacht verfügen - also ein besonders wichtiger Kanal für Hotels sind, um Gäste zu gewinnen. Dann wird es für Hotels besonders schmerzlich, wenn sie im Ranking herabgestuft werden. Und dann steigt das Risiko, dass die Preise im Markt generell höher gehalten werden als unter Wettbewerbsbedingungen.
Die Kriterien für die Empfehlungslisten sind offenbar nicht transparent. Welchen Änderungsbedarf sehen Sie diesbezüglich?
Die Kriterien, mit denen der Algorithmus der Portale die Rankings erstellt, müssten gegenüber Verbrauchern viel transparenter gemacht werden. Die Rankings der Vergleichsportale haben einen hohen Einfluss auf die Kaufentscheidung der Verbraucher. Deshalb ist es ein Problem, dass Provisionen oder geschäftliche Beziehung zwischen Hotel und Vergleichsportal einen Einfluss auf die Ranking-Position und die Darstellung von Angeboten in der Ergebnisanzeige haben. Auch weil das für Nutzer oft nicht leicht erkennbar ist. Wenn Ergebnisse von Vergleichsportalen derart voreingenommen, und nicht im Interesse der Nutzer sind, besteht das Risiko, dass Verbraucher zu Entscheidungen bewogen werden, die sie nicht getroffen hätten, wenn Ihnen wirklich relevante Informationen zur Verfügung gestellt würden.
In die Algorithmen der Vergleiche sollten also nur objektive, für den Produktvergleich aus Verbrauchersicht relevante Kriterien einfließen dürfen. Provisionen, andere Zahlungen oder geschäftliche Beziehung zwischen Anbieter und Vergleichsportal dürfen keinen Einfluss auf die optische Darstellung der Angebote oder das Ranking haben. Alle Ergebnisse müssen nach den gleichen Standards präsentiert bzw. dargestellt werden. Selbstverständlich können Provisionen legitim für die Vermittlung sein, in keinem Fall aber für das „Erkaufen“ von höheren Positionen im Ranking. Das wären eher Werbeanzeigen und diese sollten auch als solche klar gekennzeichnet werden.
Online-Buchungsportale stehen ohnehin unter Beobachtung der Wettbewerbshüter. Wie viel Markt gibt es in diesem Bereich aus Ihrer Sicht überhaupt?
Das Bundeskartellamt geht völlig zurecht gegen sogenannte Bestpreisklauseln vor. Das sind Vertragsklauseln, mit denen Hotelportale Hotels verbieten an anderer Stelle ihre Zimmer zu einem günstigeren Preis anzubieten. Wenn Plattformen nun ihre Rankings als Hebel nutzen um das gleiche zu erreichen, was sie bisher über Bestpreisklauseln durchgesetzt haben, ist das ein echtes Problem, weil das den Preiswettbewerb im Markt gefährdet. Und mit Preiswettbewerb meine ich auch einen Preiswettbewerb um die Höhe der Provision, die Plattformen von Hotels für die Vermittlung verlangen. Wenn eine Plattform niedrigere Provision verlangt, sollte sich das in niedrigeren Zimmerpreisen niederschlagen, wenn die Hotels diese in Form niedrigere Zimmerpreise an die Verbraucher weiterreichen könnten, ohne an anderer Stelle einen Nachteil zu befürchten.
Welchen Regulierungsbedarf sehen Sie insgesamt bei den Online-Buchungsportalen?
Es sollte gesetzlich verankert werden, dass Betreiber von Buchungs- und Vergleichsportalen über Vergleichsmethoden, Ranking und Finanzierung des Portals umfassend und leicht verständlich informieren müssen. Aber diese Angaben müssten auch von einer neutralen Stelle überprüft werden können. Die Diskussion um beeinflusste Rankings zum Nachteil der Verbraucher ist ein Spezialfall in der generellen Debatte um den richtigen Umgang mit Algorithmen.
Deshalb diskutieren wir zurzeit über die Einrichtung von unabhängigen Kontrollsystemen in einzelnen Sektoren. Diese sollten gesellschaftlich relevante algorithmenbasierte Entscheidungs-Prozesse einsehen und überprüfen können - etwa hinsichtlich ihrer Rechtskonformität – Stichwort Antidiskriminierungsschutz, Lauterkeitsrecht und Datenschutzrecht. Das könnte etwa über technische Schnittstellen umgesetzt werden mit denen eine zum Stillschweigen verpflichtete Stelle Zugriff auf die Datengrundlage bekommt. Damit blieben auch Geschäftsgeheimnisse gewahrt. Die Ergebnisse könnten uns auch bei der Frage weiterhelfen, welche Auswirkungen der zunehmende Einsatz von automatisierten Entscheidungen auf Gesellschaft und Individuen hat.