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Präsenz-Events und ihre digitalen Zwillinge

Wie virtuell Tagungen und Messen heute und künftig sind

Nikola Marquardt, Mitherausgeberin des Fachdebattenportals Meinungsbarometer.info Quelle: Redaktion Dipl.- Journ. Nikola Marquardt Founder & Herausgeberin Meinungsbarometer.info 18.05.2022

Digitale Events gab es schon vor der Pandemie, doch in den Corona-Jahren haben sie einen enormen Schub bekommen, wurden zeitweise gar zum Standard. Bis heute haben rein digitale Plattformen „ihren Wert“, findet Jörn Holtmeier, Geschäftsführer des AUMA – Verband der deutschen Messewirtschaft, in der Fachdebatte auf meinungsbarometer.info. Gerade in der Pandemie seien sie wichtig für das Kontakthalten und das Vermitteln von Informationen. 2020 und in diesem Jahr fanden nach seinen Informationen 50 bis 60 solcher digitalen Formate statt. Aber: „Als reale Messen im vergangenen Sommer wieder veranstaltet werden konnten, ging die Nachfrage und das Angebot für digitale Veranstaltungen übrigens sofort deutlich zurück.“ Denn Produkte wirklich erklären, beraten, erläutern – das gehe am besten live. Er verweist auf Studien, nach denen Präsenzmessen von der Wirtschaft gebraucht werden. Hybrid-Veranstaltungen sprechen aus seiner Sicht indes neue Zielgruppen an, können Aussteller und Besucher beteiligen, die für einen ersten Eindruck nicht anreisen würden.

Auch Matthias Schultze, Managing Director beim GCB German Convention Bureau, erwartet nach den Ergebnissen aus dem Meeting- & EventBarometer 2021, dass der Anteil rein virtueller Formate zurückgehen wird und Präsenzveranstaltungen mit einem großen Anteil hybrider Elemente zurückkommen werden. Durch die digitale Verbindung hybrider Events werde die Reichweite gegenüber analogen Events zum Teil deutlich erhöht, denn wenn eine Teilnahme vor Ort nicht möglich ist, könne man sich ohne Probleme live zuschalten. „Über diesen inklusiven Ansatz können viel größere Zielgruppen erreicht und die dahinterstehende Community gestärkt werden.“

Timo Feuerbach, Geschäftsführer, EVVC Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren e.V., konstatiert ebenfalls, dass die Einschränkung von Präsenzveranstaltungen zu einem sehr breiten Angebot an digitalen Formaten führte. Das habe zum Teil mit sehr guten und kreativen Formaten gut funktioniert und der Digitalisierung von Veranstaltung einen Schub gegeben. „Aber nicht immer stimmt dabei die Qualität. Und wo der persönliche Austausch, das Aufbauen von Vertrauen oder das Erlebnis mit allen Sinnen eine große Rolle spielt, wurden die Erwartungen oft enttäuscht.“ So hätten digitale Messen  beispielsweise im Investitionsgüterbereich überhaupt nicht funktioniert. Vielen Unternehmen fehle das wichtige und effektive Vertriebsinstrument der Präsenzmesse.

Das bestätigt Ramona Kaden, Geschäftsführerin beim Bundesverband Industrie Kommunikation (bvik) aus Sicht der Aussteller: „In einem Punkt sind sich die Industrieunternehmen einig. Eine 1:1-Umsetzung einer Messe oder eines Events in den digitalen Raum gibt es nicht.“ Dies habe schon die Studie „Digitalisierungsschub im B2B“ ihres Verbandes im Sommer letzten Jahres gezeigt. Mittlerweile habe sich die Welt jedoch gedreht, so dass die Unternehmen auf eigene Plattformen, ausgeklügeltes Online-Marketing und automatisierte Leadgenerierung setzen. Insofern gebe es eine eindeutige Erwartungshaltung der Aussteller, dass explizit Online-Messen sich darauf einstellen müssen, auf deren Content direkt zu verlinken ohne Mehraufwände zu generieren. „Bei einer Konzentration auf rein digitale Formate sollten die Veranstalter immer die Bedürfnisse der Aussteller aber auch der Besucher in den Vordergrund aller Planungen stellen.“

Dafür müssen aus Sicht von Prof. Dr. Lena Christiaans von der IST-Hochschule für Management zunächst die technischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche virtuelle Messe stimmen. So sollte die gewählte virtuelle Messeplattform eine gute User-Experience bieten. 3D-Welten und Avatare gehören für die Forscherin ebenso wie Interaktionsfunktionen zum Standard. „Allerdings sollte die Plattform auch nicht zu viele Funktionen bereitstellen, da eine zu hohe Komplexität bei den Besuchern auf Ablehnung stoßen kann.“ Ein weiterer Gesichtspunkt liege in den Inhalten der Veranstaltung – aus Sicht der Zielgruppen sollten diese immer relevant sein und einen Mehrwert schaffen. Der dritte Gesichtspunkt umfasse die Art der Vermittlung, denn die Aufmerksamkeitsspanne der Teilnehmenden sei bei digitalen Formaten deutlich kürzer und die Teilnehmenden werden vor dem Bildschirm leichter abgelenkt.

Andreas Franke ist Geschäftsführer der TANGRAM. WERBEAGENTUR. Aus seiner Erfahrung wurden die virtuellen Formate anfangs auch durch viele weniger gute Umsetzungen geprägt. Mittlerweile habe sich die Qualität, gerade auch in der Interaktion mit dem Besucher, stark verbessert. Hinzu komme, dass sich viele digitale Formate wie Videokonferenzen und Livestreams immer mehr etabliert haben und die Akzeptanz hierzu deutlich gestiegen ist. „Für die Zukunft, dass zeigen die Reaktionen, wollen die Kunden den virtuellen Zwilling daher auch parallel zur Präsenzmesse einsetzen.“ Als dauerhaft vollständigen Ersatz für eine Messeteilnahme oder als Alternative für eine ganze Messe sieht er das Format im Bereich der Fachmessen und Events aktuell nicht. Dafür sei der Wunsch nach persönlichen Kontakten und der Nachholeffekt zu groß.

Auf die technischen Herausforderungen dabei verweist Randell Greenlee vom VPLT - Der Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik: „Nach der verheerenden wirtschaftlichen Auswirkung der Pandemie benötigt die Branche eine Anschubhilfe. Notwendige Investitionen im Bereich der Digitalisierung konnten in der Krise nicht getätigt werden.“ Die Veranstaltungswirtschaft hatte nach seinen Angaben im Jahr 2019 mit ihren 1,13 Millionen Erwerbstätigen und zuletzt 81 Milliarden Euro Umsatz eine bedeutende Rolle in der deutschen Wirtschaft. Diesen Platz wolle sie so schnell wie möglich wieder einnehmen – und das ohne staatliche Hilfe. Das Potenzial von hybriden und virtuellen Events hänge von deren Qualität und Rezeption bei den Zielgruppen ab. Die technologischen Möglichkeiten würden sich sicherlich verbessern. „Unsere Mitglieder werden Veranstaltern mannigfaltige Tools zur Verfügung stellen, um erfolgreich im Markt der hybriden und virtuellen Veranstaltungen bestehen zu können.“

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