Künftig verfügen alle Neuwagen über einen digitalen Radioempfänger. Wie sieht es mit der Empfangbarkeit von digitalen Sendern in Tunneln auf Fernstraßen aus Ihrer Sicht derzeit aus?
Nach meinem Wissensstand und aus eigener Erfahrung wird die Situation des DAB+ Empfangs in den Tunneln besser, aber sie ist lange noch nicht gut.
Bei den meisten aktuellen DAB+ Tunnelversorgungen handelt es sich im Wesentlichen auch nur um sogenannte Repeater, die das außerhalb des Tunnels empfangbare DAB+ Signal verstärken und im Tunnel wieder einspeisen. Ein direktes Einsprechen von Notfalldurchsagen, die dann sofort im DAB+ Autoradio zu hören wären, ist mit diesen Systemen nicht möglich.
Ein Negativbeispiel erlebte ich auf einer Geschäftsreise im September diesen Jahres in Hamburg: In einem Tunnel staute es sich und plötzlich fiel mein DAB+ Radioempfang aus. Kurz darauf hörte ich dann aus dem Durchsagesystems des Tunnels die Aufforderung zur Bildung einer Rettungsgasse – abwechselnd auf Deutsch und Englisch.
Was war schlecht daran? Zum einen habe ich die Durchsage bei geschlossenem Fenster zunächst gar nicht wahrgenommen, da meine Aufmerksamkeit erst einmal auf den unerwarteten Ausfall des Radioempfangs gerichtet war. Hätte ich Musik von meinem Mediaplayer gehört, hätte ich die Durchsage vermutlich überhört. Hinzu kam eine nur mäßige akustische Verständlichkeit.
Als Hersteller von DAB+ Tunneldurchsage-Systemen war ich über diese Art der Notfalldurchsage ein wenig irritiert.
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Sie sind in der Branche bereits dafür bekannt, Systemkomponenten für DAB+ Tunnel-Installationen anzubieten. Wodurch zeichnen sich ihre Komponenten aus?
Das von uns entwickelte MAGIC TBR Tunnel Break-In Rebroadcast System ist zunächst ein klassischer DAB+ Repeater, der aber darüber hinaus eine integrierte Einsprechmöglichkeit bietet.
Im Gegensatz zu UKW, bei dem jedes Programm auf einer eigenen Sendefrequenz ausgestrahlt wird, werden bei DAB+ mehrere, üblicherweise 10-18 Programme, in einem sogenannten Ensemble-Multiplex zusammengefasst. Dieser Multiplex benötigt nur eine Sendefrequenz. Ein DAB+ Repeater muss in einem Tunnel also nicht jedes Programm einzeln aufbereiten, sondern es wird immer das gesamte Ensemble gesendet.
Die Kosten für eine DAB+ Tunnelversorgung lassen sich dadurch auf alle Programmanbieter innerhalb eines Ensembles verteilen. Problematisch wird es dann, wenn einzelne Programmanbieter kein Interesse an einer Tunnelversorgung haben. Im Extremfall zahlt ein Programmanbieter die Versorgung für alle anderen mit, wie Herr Knoll vom Schwarzwaldradio in dieser Fachdebatte sehr bildlich anhand der fliehenden Kakerlaken verdeutlichte.
Das Beispiel macht deutlich, dass die Zuständigkeiten bei der Finanzierung generell geklärt werden müssen.
Ein besonders wichtiges Merkmal unseres Systems ist die integrierte Einsprechfunktion, wodurch Notfalldurchsagen direkt im DAB+ Autoradio hörbar sind. Technisch betrachtet ist dies ein sehr komplexer Vorgang, wie auch Herr Schneider von der BLM bereits konstatierte.
Diese technische Herausforderung wird durch ein Ersetzen aller Programme eines Ensembles gelöst. Aus Sicht des Empfängers wird dabei lediglich das Audiosignal ausgetauscht. Praktisch bedeutet das jedoch ein Encodieren aller im Ensemble enthaltenen Programme. Um diese Anforderung realisieren zu können, hat unser Projektpartner IB-MULKA ein sehr effizientes Verfahren entwickelt und patentiert.
Erschwerend kommt hinzu, dass der ganze Vorgang sehr genau synchronisiert erfolgen muss, damit bei einer Durchsage ein Autoradio das Empfangssignal nicht verliert und den Sendersuchlauf startet.
Sie haben mit Ihren Komponenten bereits auch Erfahrungen in anderen Ländern gemacht. Können Sie uns hier ein Beispiel geben?
Aktuell wird insbesondere in Australien der DAB+ Ausbau in Tunneln sehr stark vorangetrieben. Hier hat man sich für unsere Systeme mit integriertem Einsprechen entschieden, da die Durchsagen im Autoradio hörbar sein sollen. Der Trend zur erhöhten Sicherheit durch integriertes Einsprechen wird sich sukzessive auch in anderen Ländern durchsetzen. Sinnvoll ist es also direkt in ein System inklusive integriertem Einsprechen zu investieren, anstatt einen einfacheren DAB+ Repeater zu verbauen, der dann später ausgetauscht werden muss. Auch das Kostenargument gegen einsprechfähige Systeme gilt so nicht mehr, da sich die Preise hierfür in den letzten Jahren deutlich reduziert haben.
Welche Rolle können DAB+ Programme und moderne TPEG-Services für die Sicherheit in Tunnel spielen?
Dank der DAB+ Pflicht in Neuwagen wird in absehbarer Zeit ein Großteil der Fahrzeuge über DAB+ verfügen. Daher ist es sinnvoll die technischen Möglichkeiten, die DAB+ mit sich bringt, auch zu nutzen.
DAB+ Repeater mit Einsprechmöglichkeit in Tunneln bieten wesentliche Vorteile:
Um Tunneldurchsagen im DAB+ Autoradio zu hören, muss man bei der Einfahrt nicht mehr eine spezielle UKW-Frequenz einstellen, sondern empfängt Durchsagen automatisch auf allen im Tunnel ausgestrahlten Programmen. Voraussetzung ist, dass alle in der Tunnelumgebung verfügbaren Ensembles im Tunnel gesendet werden. Auch CD- oder andere Mediaplayer können automatisch gestoppt werden. Ganz neue Empfänger sind durch die DAB+ Alarmsignalisierung sogar in der Lage, automatisch eingeschaltet zu werden.
Darüber hinaus können zusätzliche Warnmeldungen über Textinformationen (Dynamic Label) und Infografiken (Slideshow) direkt auf dem Empfängerdisplay angezeigt werden.
Dank des TPEG-Services, der mittlerweile bei vielen aktuellen DAB+ Autoradios verfügbar ist, kann die Position des Notfalls im Tunnel sehr genau auf dem eigenen Navigationssystem dargestellt werden.