Nach einer aktuellen Studie verursacht Informations- und Kommunikationstechnik weltweit wohl mehr Treibhausgasemissionen als der Flugverkehr. Zugleich gibt es viele Nachhaltigkeit-Initiativen in der Branche. Wie nachhaltig sind aus Ihrer Sicht derzeit die Kommunikationsnetze – sowohl die ITK- als auch die Rundfunknetze?
Der Anstieg des Datenverkehrs führt unbestritten zu steigendem Energiebedarf der IT. Gleichzeitig verlagern die Unternehmen – auch das ZDF – ihre Anwendungen zunehmend in große Rechenzentren, anstatt eigene Server zu betreiben, und reduzieren somit ihre CO2-Emissionen. Sog. „Hyperscaler“ bieten ihren Kunden IT-Ressourcen auf Basis des Cloud Computings, die sich in hohem Maß skalieren lassen und somit effizienter arbeiten als kleine und ältere Rechenzentren. Des Weiteren kommen dort fortschrittliche und umweltschonende Kühltechniken zum Einsatz. Bereits heute werden die Rechenzentren in großem Umfang aus erneuerbaren Energien versorgt. Darüber hinaus engagieren sich die Anbieter in Klimaschutz-Projekten.
Rundfunknetze sind insofern effizient, als dass – im Gegensatz zum Streaming, wo für jede*n Nutzer*in ein separates Signal (unicast) generiert werden muss – Millionen von Haushalten mit einem Signal (broadcast) erreicht werden können. Der CO2-Ausstoß der Rundfunknetze hängt somit im Wesentlichen von der Energiequelle des Netzbetreibers sowie dem Stromverbrauch der Endgeräte ab. Das ZDF selbst betreibt keine eigenen Rundfunknetze, sondern hat Verträge mit unterschiedlichen Netzbetreibern. So stammt z. B. der Strom für das von der Media Broadcast GmbH betriebene ZDF DVB-T2 HD-Sendernetz bereits heute zu 100% aus erneuerbaren Energien.
JETZT BESTELLEN
DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE

DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
Das ZDF sieht sich beim Thema Nachhaltigkeit nach eigenen Angaben ganz besonders in der Pflicht. Welche Bereiche umfasst das Thema Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen und in welchen Bereichen sind Sie bereits besonders weit und in welchen gibt es noch Luft nach oben?
Als öffentlich-rechtlicher, dem Gemeinwohl verpflichteter Sender sieht das ZDF eine besondere Verantwortung gegenüber Branche und Gesellschaft, übrigens nicht nur beim Thema Nachhaltigkeit. Für das ZDF ist es zudem eine Frage der Glaubwürdigkeit, das Unternehmen nachhaltig zu gestalten. Wenn wir in unseren Programmen anderen etwa beim Thema Umweltverschmutzung kritisch auf die Finger schauen, müssen wir dieselben Maßstäbe auch bei uns selbst anzusetzen. Nachhaltigkeit verstehen wir dabei ganzheitlich im Dreiklang von Ökologie, Ökonomie und Sozialem. Wir lehnen uns da an das sogenannte Triple-Bottom-Line-Modell an. Unsere Priorität im Bereich der Ökologie ist es, den CO2-Ausstoß weiter zu senken. Hierzu hat das ZDF mit dem Bezug von Ökostrom für das ZDF-Sendezentrum in Mainz und seine Landesstudios bereits 2019 einen essentiellen Schritt gemacht. Zusammen mit dem Einsatz von Fernwärme produziert das ZDF am Standort Mainz in wesentlichen Teilen damit nahezu klimaneutral.
Um Nachhaltigkeit sinnvoll und effektiv ins Unternehmen zu integrieren, sind alle Bereiche gefragt von der Verwaltung über die Produktion bis hin zu den Redaktionen. Wichtig ist es, nicht nur einzelne Leuchtturmprojekte zu initiieren, sondern das Thema systemisch im Unternehmen zu verankern. So können Investitionen auf ressourcenschonende Alternativen hin überprüft und Beschaffungen entsprechend ausgeschrieben werden, damit wird vom Übertragungswagen bei der Sportgroßveranstaltung bis hin zum Textmarker im Redaktionsbüro alles nachhaltig erfasst. Leider ist der Anspruch manchmal höher als der Markt schon Möglichkeiten bietet. Beispielsweise, was die Möglichkeit der Anmietung von Elektrofahrzeugen angeht oder Hotels mit Nachhaltigkeitskonzepten zu finden.
Ein Aspekt Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie ist das nachhaltige Produzieren. So ist das ZDF unter anderem Gründungspartner der Nachhaltigkeitsinitiative des Arbeitskreises „Green Shooting“ als Orientierungsrahmen für nachhaltiges Produzieren. Was versteckt sich ganz praktisch dahinter?
Im Arbeitskreis Green Shooting, in dem neben Sendern auch Produktionsunternehmen, Förderern und Dienstleistern ein breites Bündnis von Branchenteilnehmern und auch internationalen Playern wie Netflix vertreten sind, ist es gelungen, erstmals bundesweit einheitliche Kriterien für klimaschonende Kino-, TV- und Online-/VoD-Produktionen zu erarbeiten.
Die abgestimmten ökologischen Mindeststandards umfassen 15 Bereiche von Energie, Infrastruktur, Logistik, Catering, Reisen, Unterbringung bis hin zu Lichttechnik und Dekobau. Die Vorgaben sind in Muss- und Soll-Vorgaben unterteilt; von den 21 Muss-Vorgaben sind zwingend 18 Kriterien zu erfüllen. Vorgegeben ist neben dem Einsatz eines CO2- Rechners und dem Bezug von Ökostrom auch die Begleitung durch einen sog. Green Consultant, der die Produktion bei der Umsetzung der Kriterien berät und diese kontrolliert.
Die so hergestellten Produktionen werden zukünftig mit dem vom AK Green Shooting eigens entwickelten Label “green motion” gekennzeichnet. Das ZDF hat sich in einer Selbstverpflichtungserklärung ab dem 01.01.2022 zu deren Einhaltung zunächst bei über 50 % der fiktionalen Produktionen verpflichtet. In den kommenden Jahren wird der Sender den Anteil seiner grünen Produktionen nach diesen Standards bei sämtliche Eigen- und Auftragsproduktionen des ZDF und in allen Genres weiter kontinuierlich steigern.
Wenn Sie Ihre Nachhaltigkeits-Bemühungen mit denen anderer privater und öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten vergleichen – wo steht das ZDF?
Das ZDF hat bereits sehr früh das Thema Nachhaltigkeit in seine Unternehmensverantwortung integriert. Bereits 2010 ist ein erster Nachhaltigkeitsbericht erschienen, seit 2016 berichtet das ZDF als erster deutscher TV-Sender nach den verbindlichen Kriterien des Deutschen Nachhaltigkeitskodex über sein umfassendes Nachhaltigkeitsengagement. Die Initiative ist auch aus dem beschriebenen Verantwortungsbewusstsein als öffentlich-rechtlicher Sender heraus entstanden. Inzwischen haben auch andere Medienunternehmen das Thema in ihren Fokus gestellt. Das dient der Sache ungemein, denn Nachhaltigkeit ist ein Thema, dass am besten gemeinsam vorangetrieben werden kann. Die Motivation, die hinter dem jeweiligen Engagement steckt, ist dem Klima egal.