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Mit Vier-Stufen-Plan und digitalen Zwillingen zu mehr Energieeffizienz

Wie die sächsische Landeshauptstadt Dresden Ressourcen schont

Stephan Kühn, Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften der Landeshauptstadt Dresden Quelle: Landeshauptstadt Dresden Stephan Kühn Beigeordneter für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften Landeshauptstadt Dresden 11.01.2023
INITIATORIN DIESER FACHDEBATTE
Dipl.- Journ. Nikola Marquardt
Founder & Herausgeberin
Meinungsbarometer.info
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Dresden hat zur Energiekrise eine Taskforce eingesetzt. Der Bau-Beigeordneter Stephan Kühn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) berichtet von bereits umgesetzten Maßnahmen, besonderen Herausforderungen in seiner Stadt und dem Einsatz moderner Technik. Bei etwaigen Förderprogrammen hat er klare Wünsche an Bund und Land.







Die Energiepreiskrise trifft die Bürgerinnen und Bürger aber  auch die Kommunen direkt mit ihren Liegenschaften. Welche Maßnahmen haben Sie zur Energie-Einsparung ganz unmittelbar getroffen?
Eine neu eingesetzte Taskforce zur Energiekrise hat einen gestuften Maßnahmenplan entwickelt. Umgesetzt wurden vorerst die Maßnahmen aus den ersten beiden von vier möglichen Stufen. Dazu zählen Sofortmaßnahmen zur Sensibilisierung unserer Mitarbeiter zum Umgang mit Energie und Ressourcen. So sollen zum Beispiel nicht benötigte Energieverbraucher nach Nutzung oder zum Feierabend ausgeschaltet werden. Dezentrale Warmwasserbereiter haben wir – wo nicht gesetzlich erforderlich – ausgeschaltet. Das sind das Maßnahmen, deren Energiespareffekte schon lange bekannt sind, auf die aber nicht immer konsequent geachtet worden ist.

In der zweiten Stufe haben wir unsere Heizungsanlagen ins Visier genommen und hier je nach Gebäudetyp die Regelungseinstellungen überprüft und soweit wie möglich angepasst. Die Vorlauftemperaturen wurden gesenkt und Heizzeiten verkürzt. Ähnlich sind wir bei Lüftungsanlagen vorgegangen. Wir haben unnötige Außenbeleuchtung abgeschaltet, ebenso wie der Freistaat Sachsen für seine Objekte, was in der bekannten Dresdner Altstadtsilhouette abendlich sichtbare Veränderungen bewirkt hat. Damit signalisieren wir Bürgern und Gästen, dass wir Energiesparen ernst nehmen.

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Nach aktuellen Daten ist die Bausubstanz von kommunalen Nichtwohngebäuden im Durchschnitt rund 35 Jahre alt. Wie gehen Sie bei der Sanierung von solchen Gebäuden vor?
Kommunale Nichtwohngebäude in Dresden sind im Durchschnitt weit mehr als 35 Jahre alt. Viele davon stehen unter Denkmalschutz und erfordern sowohl einen besonderen Umgang mit der Gebäudesubstanz als auch mit den technischen Anlagen. Die Herausforderungen der energetischen Ertüchtigung der denkmalgeschützten Gebäude liegen in der Bewahrung des historischen Gebäudes und in der Auseinandersetzung mit den Nutzungsanforderungen. Besonders bei der Instandsetzung sind individuelle Lösungen, die im engen Austausch mit Nutzern, Planern und zuständigen Behörden erarbeitet werden, grundlegend für den Projekterfolg.

Unser Ziel als kommunaler Bauherr ist die Unterschreitung des Jahresprimärenergiebedarfs von Neubauten um 25 Prozent gegenüber der aktuellen Fassung des GEG, sofern wirtschaftlich. Außerhalb unseres zentralen Fernwärmenetzes wird für Neubauten der Passivhausstandard und für Instandsetzungen der Einsatz von Passivhauselementen auf Wirtschaftlichkeit geprüft und umgesetzt.

Momentan erarbeiten wir ein Handbuch für Nachhaltiges Bauen, das Vorgaben für nachhaltige und klimaschutzrelevante Baustandards festlegt. Es sollen verstärkt die klimarelevanten und ressourcenseitigen Auswirkungen während der gesamten Lebensdauer eines Objekts berücksichtigt werden: von der Errichtung inkl. der Baustoffe bis hin zum Betrieb und zum Energieverbrauch. Erfasst werden von diesen Standards dabei nicht nur Gebäude, sondern auch Freiflächen und Straßenbauprojekte.

Welchen Beitrag können digitale Tools und Technologien für mehr Energie-Effizienz leisten?
Solche Hilfsmittel spielen eine große Rolle. Um Energieströme detailliert untersuchen zu können, genügt es inzwischen nicht mehr, einmal jährlich die Zählerstände in den Objekten abzulesen. Für Analysen der Lastgänge benötigt man Werte im Stundenrhythmus. In einer größeren Kommune mit zahlreichen großen Gebäuden und mit einer komplexen Energieverbrauchs- und –erzeugungsstruktur kommen schnell große Datenbestände zusammen, die nicht mehr von Hand oder mit einfacher Tabellenkalkulationssoftware gehandhabt werden können. Hier benötigt man leistungsstarke Energiedatensoftware, die auch moderne Auswertungsmöglichkeiten bietet, wie automatische Grenzwertmeldungen, Echtzeitdiagramme oder Kennwertbildung, und die verschiedenen Nutzergruppen einen eigenen Einblick und Auswertungen auf einfachem und schnellem Weg ermöglicht. Bestenfalls kann eine Software auch in Regelungen eingreifen und im Bedarfsfall nachjustieren. Inzwischen wird in diesem Bereich sogar mit künstlicher Intelligenz gearbeitet. Die Menge an Messwerten kann auch nicht mehr von Hand erfasst werden, zu groß sind dabei mögliche Fehlerquellen und die Datenmengen an sich. Eine automatische digitale Zählwerterfassung, die inzwischen sogar per App die Ablesung und Übertragung in die zentrale Software ermöglicht, schafft da Abhilfe.

Gebäudeleittechnik mit Fernzugriff ermöglicht einen zentralen Einblick und Zugriff auf komplexe Gebäudetechnik und erleichtert so die Optimierung von Heizungs- und Lüftungsanlagen durch Anpassung der Regelungsparameter und Zeitpläne. So kann sichergestellt werden, dass nur so viel Energie wie nötig verwendet wird.

Wo keine explizite Gebäudeleittechnik vorhanden ist, ist es sinnvoll, Raumtemperaturwerte aufzuzeichnen und anhand dieser Werte eine Optimierung der Heizungsanlagen vorzunehmen. Die Raumtemperaturwerte geben Hinweise auf zu hoch eingestellte Vorlauftemperaturen der Heizungsanlage, auf eine nicht ausreichende Nachtabsenkung bzw. eine Abschaltung der Heizungsanlage. Raumtemperatursensoren mit Fernauslesung können inzwischen ohne große Verkabelungsarbeiten, zum Beispiel mit Hilfe von sogenannten LoRaWAN-Funknetzen nachgerüstet werden. LoRaWAN steht für „Low Power Wide Area Network“. In Dresden ist der regionale Energieversorger (SachsenEnergie) dabei, ein flächendeckendes LoRaWAN Netz aufzubauen, welches unter anderem von der Stadt zum Zwecke der Raumluftqualitätsmessung genutzt wird.

Ein sehr nützliches Tool ist in diesem technischen Umfeld ist die Schaffung eines digitalen Zwillings von Gebäuden. Dieser Zwilling stellt die digitale Kopie des realen physikalischen Gebäudes in Form eines Simulationsmodells dar. Er ermöglicht es, das energetische Einsparpotential in unterschiedlichen Szenarien, mit unterschiedlichen Varianten und unterschiedlichen Schwerpunkten schnell, einfach und damit effizient zu ermitteln. Ein großer Vorteil ist, dass verschiedene Szenarien wie Vorlauftemperaturabsenkung, Nachtabschaltung oder Aufheizverhalten ohne Beeinträchtigung der Gebäudenutzer getestet werden können, bevor es zur Umsetzung am realen Gebäude kommt. In Dresden haben wir dies erfolgreich an einer Schule umgesetzt, welche eine von 38 Schulen des sogenannten DDR-Bautyps „Dresden Atrium“ ist. Hier konnten wir auf diese Weise rund ein Drittel Wärmeenergie einsparen. Die gewonnenen Erkenntnisse können auf weitere Schulen des gleichen Bautyps übertragen werden.

Welche Unterstützung brauchen die Kommunen aus Ihrer Sicht von Bund und Ländern?
Förderrichtlinien wurden teilweise mit sehr kurzen Laufzeiten und Antragsfristen veröffentlicht. Für Kommunen mit ihren komplexen Entscheidungsprozessen waren die Fristen zu kurz, so dass für sinnvolle Förderprogramme keine Anträge eingereicht werden konnten. Für eine bessere Fördermittelnutzung und Planbarkeit sollten die Programme langfristig aufgesetzt werden. Die Kommunalrichtlinie ist ein gutes Beispiel dafür.

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