Eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die digitale Nachrichtenkompetenz mit dem Alter sinkt - was bedeutet das für die Medienbildung?
Dieser Befund der Studie „Quelle:Internet“? ist dahingehend spannend, als dass der Erwerb von Medienkompetenz – immer noch – häufig ausschließlich im Kontext von schulischer Bildung diskutiert und verhandelt wird. Derlei Forschungsergebnisse untermauern jedoch den Stellenwert einer qualitativ hochwertigen und staatlich geförderten Bildung über die gesamte Lebensspanne hinweg, womit insbesondere die „vierte Säule“ des Bildungssystems – die Erwachsenenbildung – angesprochen ist. Dazu passt, dass „digitale und technologiebasierte Kompetenzen“ zu den acht Schlüsselkompetenzen des europäischen Kompetenzrahmens für Lebenslangen Lernen der Europäischen Kommission gehören. Dezidierte Weiterbildungsangebote für Erwachsene zur Verbesserung der eigenen Medienkompetenzen – darunter fällt auch die digitale Nachrichtenkompetenz – wie auch im weiteren Sinne der politischen Bildung sind ein wichtiger Pfeiler für unsere demokratische und auf wissenschaftlicher Ratio basierende Wissensgesellschaft.
Besonders erwähnenswert scheint mir, dass die Förderung der digitalen Nachrichtenkompetenz im Kontext von Erwachsenenbildung zumindest nicht ausschließlich als Teil der beruflichen Weiterbildung verstanden wird. Ein weiterer Befund der Studie „Quelle:Internet“? verweist nämlich darauf, dass der Bildungsgrad einen signifikanten Einfluss auf die digitale Nachrichtenkompetenz hat. Da berufliche Weiterbildung ebenfalls stark mit dem Bildungsgrad korreliert – Personen mit höheren Bildungsabschlüssen nehmen häufiger an beruflicher Weiterbildung teil –, liefe man tendenziell Gefahr, den „digital gap“ oder „digital divide“ zwischen den Bevölkerungsgruppen weiter zu vergrößern. Mit anderen Worten braucht es niedrigschwellige Angebote, insbesondere für Personen mit geringerem Einkommen und/oder Bildungsstand.
Aus didaktischer Perspektive könnte man den Forschungsbestand auch als ein Plädoyer für intergenerationelle Lehr-Lernsettings im Rahmen der angedeuteten Angebote lesen, was für altersheterogene Zielgruppen spricht.
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Die Vertrauenswürdigkeit von Quellen wird häufig falsch eingeschätzt. Wie lässt sich das ändern?
Da für eine lückenlose staatliche Regulierung von Social Media die notwendigen gesetzlichen Grundlagen fehlen, braucht eine demokratische Gesellschaft mündige und wissenskritische Bürgerinnen und Bürger. Darunter fällt auch, Informationen zu sichten, die Qualität von Quellen einzuschätzen und die Absichten des Informationsgebers kritisch zu hinterfragen. Da der Begriff der Medienkompetenz im deutschsprachigen Raum (zu) oft lediglich auf Nutzungskompetenzen reduziert wird, arbeiten wir am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (www.bifeb.at) mit dem Konzept der „media and information literacy“ (MIL) der UNESCO, welches das Schlaglicht insbesondere auf Kompetenzen des „critical thinkings“ im Kontext der Neuen Medien wirft.
Kritische Medienkompetenz muss ihren Platz nicht nur in schulischen Curricula finden, sie ist allen voran auch ein wichtiges Handlungsfeld von Erwachsenenbildung, wobei man das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven bearbeiten kann: Erstens als eigenständige Thematik, d.h. es braucht passgenaue Weiterbildungsveranstaltungen – idealerweise niedrigschwellig und zielgruppenadäquat –, welche die Förderung dieser kritisch-reflexiver Kompetenzbündel für breite Gruppen der Bevölkerung anvisiert. Zweitens als Querschnittsthema, das lebensweltnah und anwendungsbezogen mit anderen Thematiken didaktisch verzahnt wird. Während sich die erstgenannten Angebote direkt an die Bevölkerung richten, sind mit den letztgenannten Veranstaltungen insbesondere Fortbildungen für Akteurinnen und Akteure der Erwachsenenbildung, allen voran Lehrende, angedeutet.
Desinformation, Information, Werbung und Meinung werden zum Teil nur schwer erkannt. Was kann dagegen getan werden?
In einem ersten Schritt braucht es eine entsprechende Sensibilisierung für die Thematik, sei es der breiten Öffentlichkeit oder aber auch der (Bildungs-)Politik. Darauf aufbauend müssen allen voran die bereits erwähnten kritischen Medienkompetenzen in den Fokus von Bildung und Weiterbildung genommen werden. Ein reines Auf- oder Nachrüsten von Nutzungskompetenzen führt uns in eine technokratische Sackgasse, was gerade unter den ebenfalls bereits erwähnten demokratiepolitischen Aspekten höchst problematisch anmutet.
Gleichzeitig braucht es – gerade mit Blick auf als Information getarnte Werbung – mehr staatliche und insbesondere transnationale Regulierung.
Wie sollte die Politik die Medienbildung besser fördern - ohne in den Verdacht zu geraten, in das Mediensystem einzugreifen?
Wir – Bildungspolitik, pädagogische Professionals wie auch die gesamte Gesellschaft – müssen ein Stück weit unsere oftmals noch technokratischen geprägten Denkmuster hinterfragen. Die Herausforderungen der Digitalisierung als gesamtgesellschaftliche Querschnittsthematik liegen eben nicht ausschließlich in der kompetenten Anwendung, sondern in einem – im wahrsten Sinne des Wortes – selbstbewussten und selbstreflexiven, kritischen und kreativen Umgangs mit den neuen Technologien. Analog dazu braucht es nicht nur Fördermittel für den Ausbau digitaler Infrastruktur, sondern weitläufige Strukturförderungen für ganzheitliche Medienbildung, allen voran für die Erwachsenenbildung mit ihren Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung in diesem zukunftsträchtigen Bereich.
Kooperationen der Erwachsenenbildung – aber auch der Schulen – mit Medien unterschiedlichster Art können innovative Handlungsfelder aufspannen, um das Gelernte in die Praxis zu übersetzen und insbesondere auch die gestalterischen Medienkompetenzen zu schärfen. Auch hier könnte der Staat finanzielle Unterstützung dafür leisten, die Partizipationschancen der gesamten Bevölkerung an der Mediengestaltung zu erhöhen.