Der Bund hat die Förderung privater Ladeboxen aufgestockt. Welche Bedeutung haben die sogenannten Wallboxen für die Elektromobilität?
Das Förderprogramm stößt auf große Nachfrage und deswegen muss ich dem aktuellen Verkehrsminister ein seltenes Lob aussprechen. Bis zum Start des Programms hat es zwar wie immer viel zu lange gedauert, aber die Antragszahlen zeigen, dass der Förderbedarf da ist. Mich wundert das überhaupt nicht: Politik und Industrie wissen ja schon seit einiger Zeit, dass die allermeisten Ladevorgänge nicht am Straßenrand, sondern auf privatem Grund erfolgen. Genau das ist ja einer der vielen Vorteile der E-Mobilität: Wer einen eigenen Stellplatz hat, kann jeden Morgen mit vollem Akku losfahren, das schafft man mit keinem Verbrenner. Deswegen wollen wir Grüne mehr Tempo machen. Konkret: Wir wollen, dass mehr Ladestationen beim Neubau von größeren Gebäuden gleich mitgebaut werden, damit man sich die teils komplizierten Nachrüstungen sparen kann. Außerdem wollen wir, dass an bestehenden Großparkplätzen und Tankstellen mehr Ladesäulen nachgerüstet werden, damit auch sie zur Verkehrswende beitragen.
JETZT HERUNTERLADEN
DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE

DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
Mit Fördermitteln sollen bis 2023 zudem 1000 weitere Schnellladestationen aufgebaut werden. Inwieweit ist dieses Ziel bedarfsgerecht?
Das Verkehrsministerium bringt gerade schrittweise die Ausschreibung von 1.000 Schnelllade-Hubs in ganz Deutschland auf den Weg. Dabei hat sich Minister Scheuer vermutlich an meiner Heimat Baden-Württemberg und der grünen Landesregierung orientiert. Dort hat unser Ministerpräsident Winfried Kretschmann bereits mit seiner letzten Regierung für ein dichtes Ladenetz gesorgt und will es nun noch enger knüpfen: Alle fünf Kilometer soll es grundsätzlich eine Schnellladesäule geben. Man muss aber auch sagen: Minister Scheuers Plan kann für ein Grundangebot sorgen, wird zusätzliche private Investitionen aber nicht ersetzen können. Deswegen ist es so wichtig, dass die Ladesäulen dieser Ausschreibungen die privaten Anbieter nicht verdrängen, sondern deren Säulen sinnvoll ergänzen. Wir Grüne haben im Bundestag dafür gesorgt, dass der Verkehrsminister seine Pläne transparent machen und den Verkehrsausschuss einbeziehen muss. Denn wir wissen ja alle, dass Scheuer bei solchen Milliardenprojekten nicht immer ein glückliches Händchen hat. Die Transparenz hilft auch einer neuen Bundesregierung, die Ausschreibungen zum Erfolg zu führen und wo nötig noch eine Schippe draufzulegen.
Für längere Dienst- und Urlaubsreisen spielt auch die Ladeinfrastruktur außerhalb Deutschlands eine Rolle. Wie sehen Sie die gesamteuropäische Entwicklung diesbezüglich?
Wir Grüne sind die Partei, die Europa immer mitdenkt, und das gilt natürlich auch für das Ladesäulennetz. Das Lade-Angebot pro Pkw sieht in Ländern wie Norwegen und den Niederlanden deutlich besser aus als in Deutschland, aber in Staaten wie Rumänien und Griechenland bisher deutlich schlechter. Am Ende ist jedes Mitgliedsland zwar selbst verantwortlich für den Aufbau, aber wir brauchen mehr europäische Einheitlichkeit, damit die Elektromobilität überall zum Erfolg wird. Quer durch die ganze EU. Deswegen bin ich froh, dass die EU-Kommission im Juli verbindliche Ausbauziele vorgeschlagen hat, damit das Ladeangebot parallel zur Anzahl der E-Autos mitwächst. Außerdem schlägt sie vor, dass entlang der wichtigen europäischen Straßenverkehrsachsen alle 60 km eine ausreichende Anzahl von Schnelllademöglichkeiten vorhanden sein muss. Das halte ich für einen richtigen Ansatz und ich möchte dafür sorgen, dass die nächste Bundesregierung diesen Vorschlag schnell in trockene Tücher bringt.
Geld pro kW/h, pro Ladezeit, Pauschalen, Clubsysteme und Mixe aus alledem – derzeit sind die Preise fürs Schnellladen sehr kompliziert. Sollte die Politik aus Ihrer Sicht da Vorgaben machen?
Hinzu kommen ja noch die verschiedenen Ladekarten sowie die vielen Abrechnungsverfahren für das sogenannte „spontane Laden“. In Summe haben wir tatsächlich ein so unübersichtliches System, dass viele Menschen auch deshalb bei der E-Mobilität zögern. Auch hier setze ich auf den Vorschlag der EU-Kommission, der nicht nur eine Art Mindest-Verfügbarkeit gängiger Bezahlmöglichkeiten vorsieht, sondern auch Schluss machen will mit dem Ärgernis, das man an derselben Ladesäule teilweise unterschiedliche Preise bezahlt, je nach Abrechnungsverfahren. Trotzdem legen die Betreiber am Ende selber fest, was der Strom an der Ladesäule kostet, daran will ich gar nicht rütteln. Aber umso wichtiger wird dann, dass man Preise vergleichen kann, bestenfalls schon vor der Abfahrt daheim. Mein Vorschlag ist, die bestehende Markttransparenzstelle für Kraftstoffe auf Ladestrom auszuweiten und die Betreiber von Ladesäulen zu verpflichten, Infos zu Preisen und Belegungsstand laufend mitzuteilen.