Nach ersten bekannt gewordenen Details soll die geplante TKG-Novelle einen rechtlichen Anspruch auf schnelles Internet vorsehen - wie bewerten Sie das?
Die große Herausforderung besteht darin, eine sinnvolle Verzahnung des eigenwirtschaftlichen Ausbaus, des geförderten Breitbandausbaus, des von der EU vorgeschriebenen Universaldienstes und eines „eigenständigen“ Rechts auf schnelles Internet zu schaffen – was immer das auch sein mag.
Grundsätzlich ist dies im Entwurf leidlich gut gelungen, indem man Universaldienst nicht extra erwähnt. In der Praxis bedeutet das, dass überall dort, wo keine ausreichende Versorgung besteht und ein eigenwirtschaftlicher Ausbau nicht geplant ist, zunächst versucht werden muss, die Lücken mit Hilfe der Breitbandförderung zu schließen. Nur in den Fällen, in denen dies misslingt, kommt dann der rechtliche Anspruch auf schnelles Internet zu Zuge. Dabei begrüßen wir, dass der rechtlich durchsetzbare Anspruch und der Universaldienst „Hand in Hand gehen“.
Dabei gilt es zu bedenken, dass die EU in ihrer Richtlinienvorgabe die Anforderungen, die an den Universaldienst zu stellen sind, deutlich modernisiert hat. So gewährleisten die Regelungen im Gesetzentwurf, dass alle Endkunden einen breitbandigen Zugang zum Internet erhalten, der den heutigen Bedürfnissen gerecht wird. Der Begriff des „Schnellen Internets“ ist insofern absolut gerechtfertigt. Mit Blick auf die Finanzierung des Universaldienstes bzw. des Rechts auf schnelles Internet sieht die EU-Richtlinie entweder die Möglichkeit einer Finanzierung durch öffentliche Mittel oder über eine Umlage der Unternehmen vor. Bislang präferiert die Bundesregierung die Umlagefinanzierung. Für eine ordnungsgemäße Umsetzung muss hier aber noch eine wichtige Anpassung erfolgen. Der EU-Kodex sieht vor, dass in die Umlagefinanzierung alle Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste einzubeziehen sind, wohingegen der Referentenentwurf Over-the-top-Dienste – kurz OTT – wie zum Beispiel Google bislang von dieser Verpflichtung ausnimmt. Die Ausnahme für OTTs ist aber nach den EU-Vorgaben nicht zulässig und ist zu streichen.
JETZT HERUNTERLADEN
DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE

DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
Für mangelnde Bandbreiten sollen Verbraucher künftig ein Minderungsrecht erhalten - was schätzen Sie dieses Vorhaben ein?
Die anstehende TKG-Novelle sollte dazu genutzt werden, die Thematik der zu geringen Bandbreiten und den daraus resultierenden Rechtsfolgen sauber neu zu regeln. Aktuell stützen sich die Verbraucherbeschwerden auf das Messtool der Bundesnetzagentur, das nachgewiesenermaßen hohe Fehlerquoten aufweist – insbesondere bei der Überprüfung von hohen Bandbreiten. Unser Vorschlag ist daher, dass die Unternehmen die Möglichkeit haben müssen, alternative zertifizierte Messtools auch aus anderen EU-Mitgliedstaaten zu nutzen, um eine behauptete Schlechtleistung zu widerlegen. So verfügt etwa der österreichische Regulierer über ein solches zertifiziertes Messtool, das deutlich zuverlässigere Ergebnisse liefert.
Darüber hinaus schlagen wir vor, dass die Unternehmen die Möglichkeit bekommen, nach der ersten Schaltung eines neuen Kunden, die tatsächlich physikalisch begrenzte Bandbreite vor allem auf alten Kupferleitungen der Telekom vertraglich zu konkretisieren, da die Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt die tatsächliche Netzqualität im konkreten Einzelfall nicht kennen und hier auf korrekte Angaben ihres Vorleistungsanbieters angewiesen sind. Das im Referentenentwurf vorgesehene Minderungsrecht halten wir für systematisch verfehlt, da es gemäß BGB ausschließlich für Werkverträge, nicht aber für hier vorliegende Dienstleistungen angewendet wird. Völlig verfehlt wäre es auch deshalb, weil auch bei längerer Kupferzuleitung und damit geringerer Leistungsfähigkeit dieser Zuleitung, die Vorproduktpreise, die an die Telekom zu zahlen sind, nicht sinken. Die Telekom könnte theoretisch sogar höhere Kosten in Ansatz bringen, da längere Kupferleitungen mehr kosten, auch wenn sie weniger Leistung bringen. Physik kann man nicht ändern und jede Kupferleitung ist leider unterschiedlich lang.
Im Gespräch ist eine Befristung der Laufzeiten von Mobilfunkverträgen auf zwölf Monate - was halten Sie davon?
Wir sind definitiv für die Beibehaltung der jetzt vorhandenen Vielfalt von Vertragsoptionen. Die Kundin und der Kunde sollten weiterhin selbst entscheiden können, ob sie u. a. Prepaid, einen Vertrag ohne Mindestlaufzeit, mit 12 Monaten oder 24 Monaten Laufzeit wählen möchten. Eine Abweichung von der europäisch vereinbarten maximalen Vertragslaufzeit von 24 Monaten macht auch aus Verbrauchersicht keinen Sinn. Diese Vertragsart wird sogar von der Kundenmehrheit aus gutem Grunde bewusst ausgewählt und seit Jahrzehnten mit größter Kundenzufriedenheit genutzt.
Das zeigen die Ergebnisse einer vom VATM initiierten und von Prof. Dr. Jens Böcker, FH Bonn-Rhein-Sieg und Böcker Ziemen, erstellten Studie. Die heute bestehenden Wahlmöglichkeiten bezeichnen 89 Prozent aller Kundinnen und Kunden – mit aber auch ohne Vertragsbindung – als fair. Hinzu kommt, dass bei einer Laufzeitbegrenzung auf 12 Monate die entsprechenden Vergünstigungen wie bei Zweijahresverträgen nicht mehr genutzt werden könnten, so z. B. im Mobilfunk-Bereich ein technologisch hervorragendes Endgerät zu reduzierten Konditionen zu erhalten. Eine Streichung der Zweijahres-Option beträfe massiv die von den Kunden besonders geschätzten Bundle-Verträge mit subventioniertem Endgerät, die auch Stiftung Warentest als durchaus vorteilhaft für die Verbraucherinnen und Verbraucher beschrieben hat.
Das Gesetz soll auch Impulse für Ko-Investitions- und Open-Access-Modelle beim Breitbandausbau setzen - welche Rolle kann das beim Breitbandausbau in der Fläche spielen?
Die Unternehmen kooperieren bereits heute immer stärker beim Netzausbau und in Anbetracht der auf die Anbieter zukommenden Herausforderungen auf dem Weg zum flächendeckenden Glasfaserausbau wird dieser Trend weiter zunehmen. Das sogenannte Ko-Investitionsmodell, dass der Telekom bei Kooperationen unter umfangreichen Bedingungen weniger Regulierung in Aussicht stellt, wird für Deutschland aufgrund seiner Komplexität aber kaum Relevanz haben.
Stattdessen ist Open Access maßgeblich dafür, dass Regulierung nach dem neuen TKG flexibler gehandhabt werden kann. Die Ausgestaltung des offenen Netzzugangs für Nachfrager, die darauf angewiesen sind, wird maßgeblich darüber entscheiden, ob entsprechende Verpflichtungszusagen und kommerzielle Vereinbarungen der Unternehmen bei der Bewertung der Regulierungsbedürftigkeit des Marktes von der Bundesnetzagentur berücksichtigt werden können. Während beim geförderten Netzausbau Open Access bereits obligatorisch ist, wird dessen freiwillige Gewährung beim eigenwirtschaftlichen Ausbau bestimmen, in welchem Umfang Regulierungseingriffe in Zukunft erforderlich sind. Der Rahmen für solche Verpflichtungszusagen ist aber im Gesetz noch nicht ausreichend klar definiert und birgt so deutliche Gefahren für den Wettbewerb.