E-Bikes verändern den Tourismus in den Alpen und erlauben es neuen Zielgruppen das Gebirge per Rad zu bereisen. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in diesem Trend?
„E-Bikes demokratisieren den Radsport“. Diese Aussage beschreibt das Phänomen „E-Bike“ sehr gut. Plötzlich werden große Steigungen, Höhenunterschiede und längere Touren auch für Menschen möglich, die nicht jede freie Minute auf dem Rad verbringen oder die aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt sind. Gleichzeitig erfüllt das E-Bike eine wichtige soziale Funktion: der konditionell schwächere Partner kann mithalten; längere Touren werden auch mit Familie und Kindern möglich.
Die Vorteile für den Tourismus liegen auf der Hand. Mountainbike wird zum Breitensport, neue Zielgruppen werden erschlossen und so steigt die Anzahl der Touristen. Gleichzeitig überfordern die neuen Räder viele Nutzer. Die Kondition ist nicht mehr der limitierende Faktor, die Probleme offenbaren sich oft bei der Abfahrt. Bereits abschüssige, unbefestigte Straßen können hier zu Problemen führen. Die steigende Anzahl an Radfahrern ruft auch zunehmend Konflikte mit Wanderer und Grundeigentümer hervor.
Wie sollte die Infrastruktur für die erhöhte Zahl von (E-)Bikern im Gebirge angepasst werden?
Um den potentiellen Konflikt zwischen Radfahrern und Wanderer zu entschärfen, bedarf es eines ausreichenden Angebots an Wegen und Trails. Dabei können durchaus auch Nebenstraßen und unbefestigte Wiesen- und Waldwege ins Angebot aufgenommen werden. Die meisten E-Biker suchen keine schwierigen Trails, sondern möchten dank Motorunterstützung die Natur genießen, auf einer Hütte einkehren und heil wieder ins Tal zurückkehren. Anstelle aufwendiger und kostspieliger Infrastrukturen sind oft eine gute Beschilderung und gutes Infomaterial die geeigneteren Mittel, die erhöhte Zahl von (E-)Bikern zu lenken.
Natürlich müssen auch Beherbergungsbetriebe und Gasthäuser auf die Entwicklung reagieren. Schutzhütten und Almen bieten zunehmend Lademöglichkeiten; Hotels eine gesicherte Bike-Garage und Reparaturmöglichkeiten. Die Radverleihe als erste Anlaufstelle müssen zumindest eine minimale Einschulung gewährleisten.
Wer sollte eventuelle Regulierungen und Verbote kontrollieren und durchsetzen?
In der Regel wird in Südtirol das Amt für Forstverwaltung mit den Kontrollen beauftragt. Die Erfahrungen haben aber gezeigt, dass die Lenkung der Biker durch ein angemessenes Angebot viel effizienter als Verbote ist, zumal eine flächendeckende Kontrolle nur sehr aufwendig und kostspielig durchgeführt werden kann. Etwaige Verbote sollten sorgfältig abgewogen und nur unter Einbeziehung der verschiedenen Interessensgruppen ausgesprochen werden.
Welche Rolle können Apps oder andere digitale Lösungen für eine naturverträgliche Besucherlenkung spielen?
(E-)Biker sind sehr technikaffin und somit gut mit digitalen Lösungen zu erreichen. Allerdings sind die wenigsten Touristen ausgesprochene Radtouristen, die bereits zuhause die Touren planen. Viele E-Biker leihen sich ein Rad vor Ort und sind entsprechend dankbar, wenn sie einfaches Print-Kartenmaterial mit Tourenvorschlägen zur Verfügung gestellt bekommen. Gutes Kartenmaterial, ob digital oder gedruckt, ist die Basis einer effizienten Besucherlenkung.