E-Bikes verändern den Tourismus in den Alpen und erlauben es neuen Zielgruppen das Gebirge per Rad zu bereisen. Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in diesem Trend?
Wir müssen unterscheiden. Etwa 3/4 der E-MTB-Nutzer sind, nach unseren Erkenntnissen, Umsteiger vom normalen MTB. Das bedeutet, dass es kaum eine Zunahme des Verkehrs in der Summe gibt. Es werden aber eventuell jetzt Routen gewählt, die zuvor zu anstrengend waren. Diese Nutzer kennen sich aber grundsätzlich in der Natur aus und wissen, wie sie sich verhalten müssen.
Daneben haben wir einige Neueinsteiger. Auch Urlauber, die sich erst vor Ort ein E-MTB leihen und es einmal ausprobieren möchten. Hier ist die richtige Aufklärung gefragt, damit diese Nutzer sich nicht selbst überfordern. Viele werden aber schon von sich aus auf einfachen, breiten Forstwegen bleiben. Um das richtige Verhalten zu vermitteln arbeiten wir Verbände mit Verhaltensregeln und Tipps. Auch die Verleiher sollten die Räder nicht einfach ausgeben, sondern die Nutzer gut einweisen.
Tatsächlich sind die Alpen aber nicht überlaufen, wie gerne behauptet wird. Diese Wahrnehmung kommt daher, dass die Menschen gezielter bei schönem Wetter kurzfristig einen Ausflug machen und dabei die Hotspots aufsuchen. In der Summe bleibt der Besucherverkehr aber gleich. In den Seitentälern findet sogar aktuell eine Landflucht statt. Hier kann das E-MTB neue Impulse setzen und diese Regionen neu beleben.
Wie sollte die Infrastruktur für die erhöhte Zahl von (E-)Bikern im Gebirge angepasst werden?
Es wird vor allem im Talboden eine Zunahme des Radverkehres geben. Viele Gäste werden das Auto am Hotel stehen lassen und mit dem E-Bike losfahren. Das ist an sich eine sehr gute Entwicklung. Man wird aber im Talboden dem Fahrrad auf der Straße mehr Platz einräumen oder neue Radwege anlegen müssen.
Daneben wird der Hangbereich, ab Talboden bis um 600 Höhenmeter aufwärts, stärker frequentiert werden. In diesem Bereich ist bislang oft wenig Besucherverkehr, weil die Wanderer meist mit der Bergbahn in die Gipfelregionen fahren. In den Hanglagen haben wir zumeist bewirtschaftete Flächen durch die Forst- und Almwirtschaft, so dass auch aus naturschutzfachlicher Sicht keine Probleme zu sehen sind. Um mit dem E-MTB bis in die Gipfelregionen zu kommen ist es auch mit Antrieb zu anstrengend und der Akku reicht auch nicht so weit aus. Oft sind die Wege dort auch so schwierig, dass niemand sein schweres E-Bike dort schieben oder tragen wird. Das E-MTB sorgt also für eine Entzerrung des Besucherverkehrs an den Bergen, weil die Nutzer andere Bedürfnisse und Möglichkeiten haben.
Wer sollte eventuelle Regulierungen und Verbote kontrollieren und durchsetzen?
Wie beschrieben gibt keinen Grund für Regulierungen und Verbote, weil sich die Nutzer verteilen. Der Ruf danach wird nur deshalb laut, weil die Almwirtschaft jetzt auf den Wegen in den Hanglagen mit Radfahrern rechnen muss, aber nicht bereit scheint, dies zu akzeptieren. Dabei wurde der Bau vieler Almwege von der öffentlichen Hand stark gefördert, eben weil sie auch dem Erholungsverkehr zur Verfügung stehen sollen. An den wenigen Hotspots kann mit Angeboten, welche die Radfahrer gerne freiwillig nutzen, gearbeitet werden. Sie werden positiv vom Besucher wahrgenommen.
Welche Rolle können Apps oder andere digitale Lösungen für eine naturverträgliche Besucherlenkung spielen?
Apps, Karten und Beschilderung werden genutzt, aber nur dann befolgt, wenn die Angebote gut sind. In den Internet-Foren und sozialen Medien spricht es sich schnell herum, welche Strecken attraktiv sind. Sonst stellen sich die Besucher ihre Routen selbst zusammen. Die DIMB berät Touristiker, welche Angebote Mountainbikern gerne nutzen. Es benötigt aber auch die Offenheit von Naturschutz, Grundbesitz und Verwaltung, dass solche Angebote umgesetzt werden können.