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Für Medienbildung fehlt es bereits jetzt an Fachkräften

Was für mehr Medienkompetenz getan werden muss

Dr. Friederike von Gross - Geschäftsführerin der GMK e.V. Quelle: GMK Dr. Friederike von Gross Geschäftsführerin GMK e.V. 06.05.2022
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Medienbildung ist eine große gesellschaftliche Querschnittsaufgabe, die entlang der gesamten Bildungskette noch besser und verlässlicher zu gestalten ist, als das bisher der Fall ist", betont Dr. Friederike von Gross, Geschäftsführerin der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) e.V., Bundes- und Fachverband für Medienpädagogik und Medienbildung. Sie nennt preisgekrönte Angebote und Erwatungen an die Politik.







Eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die digitale Nachrichtenkompetenz mit dem Alter sinkt - was bedeutet das für die Medienbildung?
Neben der sehr wichtigen Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen, deren Medienkompetenz schon früh gefördert werden muss, um einen kreativen und kritischen Medienumgang zu erlernen, müssen wir Medienbildung stets entlang der gesamten Bildungskette denken. Dabei müssen wir alle erwachsenen Menschen mitnehmen und sie im Umgang mit digitalen Medien befähigen. Hier gilt es stets soziale, politische, ethische und kulturelle Aspekte einzubeziehen. Erfahrungen aus der Medienpädagogik zeigen, dass hier Methodenvielfalt unbedingt sinnvoll ist. Reine Informationsvermittlung – z.B. über Flyer, Broschüren oder statische Webangebote – sind alleine nicht zielführend. Eine aktive, reflektierende Auseinandersetzung findet so in der Regel selten satt. Gibt es jedoch einen spielerischen, interaktiven und handlungsorientierten Umgang mit Fragen der Nachrichten- und Medienkompetenz, führt dies zu einem besseren Verständnis und dazu, dass Medien auch aktiv zur Gestaltung der eigenen Lebenswelt genutzt werden können. Der Vorteil des Netzes nämlich, dass jede*r auch Gestalter*in von Nachrichten und weiterem Content sein kann, führt zu neuen Herausforderungen. Je kompetenter wir aber im Umgang damit sind, desto konstruktiver sind Rezeption und Partizipation im Netz.  

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Die Vertrauenswürdigkeit von Quellen wird häufig falsch eingeschätzt. Wie lässt sich das ändern?
Informationsflut, Medienvielfalt, Globalisierung, Bildmanipulationen und Desinformationen: all das sind Aspekte, die die Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit von Quellen mindern. Vor einigen Jahrzehnten war das Vertrauen in Nachrichten, Bilder und Videos noch ein anderes. Es existierte eine (noch) recht übersichtliche Medienlandschaft und mit einigem Medienwissen, zum Beispiel über das Duale Rundfunksystem, war einem schon recht gut geholfen. Dies ist heute aus den besagten Gründen nicht mehr so einfach. Umso wichtiger ist es daher, die Medienkompetenzen von Menschen aller Voraussetzungen im Sinne eines lebensbegleitenden Lernens zu fördern und sie zu befähigen, Medien kreativ und kritisch zur Teilnahme an der durch Digitalisierung geprägten Gesellschaft zu nutzen.

Desinformation, Information, Werbung und Meinung werden zum Teil nur schwer erkannt. Was kann dagegen getan werden?
Auf der einen Seite wird es immer komplexer und herausfordernder, alle Quellen zu prüfen. Aufgrund von digitalen Möglichkeiten der Bild- und Videobearbeitung (wie z.B. Deepfakes) fällt es mitunter selbst ausgebildeten Journalist*innen schwer. Auf der anderen Seite gibt es einige Methoden, die im Grunde recht einfach anzuwenden sind, wie zum Beispiel die Bilderrückwärtssuche, mit der man prüfen kann, ob das Bild einer Nachricht ursprünglich vielleicht in einem ganz anderen Kontext gemacht wurde. Des Weiteren gibt es Tools, die helfen, Veränderungen oder Montagen in Bildern zu entdecken. Grundlage eines medienkompetenten Handelns ist es, nicht alles so hinzunehmen, wie es einem präsentiert wird, sondern reflektierend und hinterfragend mit Meldungen umzugehen: Wer schreibt? Welches Mediensystem steht hinter der Quelle? Gibt es für die Meldung nur eine Quelle oder wird sie auch von seriösen Portalen geteilt? An wen wendet sich die Nachricht? Mit welchem Zweck?

Damit Kinder, Jugendliche und Erwachsene diese Haltung verinnerlichen, sind medienpädagogische Projekte – schulisch wie außerschulisch – notwendig. Ziel muss es sein, digitale Teilhabe für alle Bürger*innen zu ermöglichen. Dieses Ziel verfolgt auch der #DigitalCheckNRW (www.digitalcheck.nrw), ein kostenloser Selbsttest im Internet (verfügbar aktuell in vier Sprachen: Deutsch, Englisch, Türkisch und Arabisch), der mit zahlreichen Weiterbildungsangeboten, Lerninhalten und Materialien verknüpft ist.
Wie im besten Sinne kritikfördernde und kreative Medienpädagogik mit Kindern und Jugendlichen aussieht und gestaltet wird, zeigen die ausgezeichneten Projekte des Dieter Baacke Preises (www.dieter-baacke-preis.de). Mit dem Preis zeichnen die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) beispielhafte Projekte der Bildungs-, Sozial- und Kulturarbeit aus. Ziel ist, herausragende medienpädagogische Projekte und Methoden zu würdigen und bekannt zu machen, die Kindern, Jugendlichen und Familien einen kreativen, kritischen Umgang mit Medien vermitteln und ihre Medienkompetenz fördern.

Wie sollte die Politik die Medienbildung besser fördern - ohne in den Verdacht zu geraten, in das Mediensystem einzugreifen?
Medienbildung ist eine große gesellschaftliche Querschnittsaufgabe, die entlang der gesamten Bildungskette noch besser und verlässlicher zu gestalten ist, als das bisher der Fall ist. Pädagogische Prozesse stehen dabei im Vordergrund. Wer Digitalisierung ausbaut, wer digitale Kompetenzen und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, von Bürger*innen und Bürgern fördern will, muss auf breiter Linie dafür sorgen, dass eine vielschichtig gestaltete, explorative, kritikfördernde und kreative Medienbildung aller gewährleistet ist. In der Medienbildungslandschaft – und in der Mitgliedschaft der GMK – gibt es eine Vielzahl von Träger*innen, Einrichtungen und Medienpädagog*innen mit einer langjährigen Expertise in unabhängiger medienpädagogischer Projektarbeit mit allen Zielgruppen. Diese gilt es nachhaltig und langfristig zu fördern – z.B. mit Strukturförderungen. Zusätzlich fehlt es bereits jetzt an Fachkräften! Unbedingt sind die Aus-und Weiterbildungsmöglichkeiten auszubauen. Fachkräfte sind fair und gemäß ihrer Qualifikationen zu bezahlen und Weiterbildungen sollten – gerade in so einem dynamischen Feld – während der Arbeitszeit ermöglicht und unterstützt werden. Wichtig ist es bei Förderentscheiden auch danach zu schauen, dass Projekte über technische Ausstattung, Stärkung einer digitalen Infrastruktur und Bedienungskompetenzen hinausgehen und Medienkompetenz im Sinne einer umfassenden Medienbildung fördern. Diese sollte soziale, ethische, politische und kulturelle Aspekte berücksichtigen und einen kreativen und kritischen Umgang mit Medien im Fokus haben. Wie und wie weit wir in einer Kultur der Digitalität dazu beitragen können, mit Medienbildung die Welt zu retten, wird auf dem kommenden 39. Forum Kommunikationskultur 2022 (https://www.gmk-net.de/veranstaltungen/39-forum-kommunikationskultur-2022/) debattiert und erfahrbar gemacht.

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