Nach dem aktuellen Waldzustandsbericht sind vier von fünf Bäumen bundesweit krank. Wie geht es dem Wald in Ihrem Bundesland?
Die Klimakrise verändert den Wald wie wir ihn kennen in unfassbar schnellem Tempo. Seit 2019 sind große Schäden durch Trockenheit, Käfer und Pilzbefall entstanden. Diese Tendenz setzte sich auch 2022 fort. Laut Waldzustandsbericht 2022 sind 9 Prozent aller Bäume im hessischen Wald stark geschädigt. Aus den Ergebnissen der letzten Jahre lässt sich ablesen, dass sich die mittlere Kronenverlichtung der Waldbäume in Hessen seit 2019 auf hohem Niveau bewegt. Auch der Anteil starker Schäden bleibt über alle Baumarten hinweg sehr hoch. Das Anpassungsvermögen der Bäume an wechselnde Bedingungen ist damit spürbar eingeschränkt und der hessische Wald in seiner Stabilität beeinträchtigt. Ursache ist der extreme Witterungsverlauf seit 2018.
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Der Wald steht insbesondere durch den Klima-Wandel unter Druck und ist zugleich ein wichtiger Faktor im Kampf um die Begrenzung der Erderwärmung - wie unterstützen Sie die hiesige Forstwirtschaft bei den entsprechenden Herausforderungen?
Mit der Klimakrise wird die Forstwirtschaft vor große Herausforderungen gestellt. Deshalb gilt es, einen klimastabilen Mischwald der Zukunft zu gestalten. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Auswahl standortangepasster, klimaresilienter Baumarten. Im Rahmen des „Integrierten Klimaschutzplanes 2025“ haben wir deshalb gemeinsam mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA), Hessen-Forst und dem Hessischen Waldbesitzerverband ein Projekt erarbeitet, das Empfehlungen für die Baumartenwahl und Bestandsbehandlung unter den Bedingungen des Klimawandels bereitstellt. Auf dieser Grundlage wurden Karten online zur Verfügung gestellt, auf denen für die gesamte hessische Waldfläche Vorschläge für eine zukünftige Waldbestockung, sogenannte Waldentwicklungsziele zu sehen sind. Diese bilden die Grundlage für die Wiederaufforstung im Staatswald und für die Förderung der privaten und kommunalen Waldbesitzer.
Um die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer dabei zu unterstützen, hat die Landesregierung 2019 die Extremwetterrichtlinie-Wald erlassen. Dieses umfassende Maßnahmenpaket steht für die Räumung von Schadensflächen, verschiedene Waldschutzmaßnahmen, die Anlage von Holzlagerplätzen und Waldbrandschutzmaßnahmen bereit. 2021 wurden die Fördermaßnahmen weiter ergänzt.
Die finanzielle Unterstützung im Privat- und Kommunalwald in der Verkehrssicherung sind notwendig, damit die Gefahren, die von geschädigten und absterbenden Bäumen für Menschen ausgehen, beseitigt werden können. Die Kosten für komplizierte Sicherheitsfällungen eines Baumes einschließlich Absperrung erreichen schnell einen vierstelligen Betrag. Gerade kleine Forstbetriebe können diese Leistungen nicht ohne eine wirksame Unterstützung erbringen. Seit 2019 bis Ende 2022 sind über 51 Mio. Euro Fördermittel aus der Extremwetterrichtlinie-Wald an Waldbesitzende aus dem Kommunal- und Privatwald ausgezahlt worden.
Holz ist auch ein nachhaltiger Rohstoff. Welche Rolle kann der Wald für die wirtschaftliche Transformation spielen?
Seit mehr als 200 Jahren ist die Waldbewirtschaftung in Deutschland und in Hessen von dem Prinzip der Nachhaltigkeit geprägt. Dieses Prinzip muss auch zukünftig Grundlage unseres Handelns in allen Wirtschaftsbereichen sein. Ein ausgeglichener Umgang mit Ressourcen und die Verwertung ökologischer und nachwachsender Rohstoffe ist dafür notwendig. Holz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung ist ein umweltfreundlicher nachwachsender Rohstoff, dem eine wichtige Rolle bei der wirtschaftlichen Transformation zukommt, insbesondere bei der dringend gebotenen Energiewende zum Schutz unseres Klimas. Die Wälder in Deutschland binden jährlich 56 Millionen Tonnen CO2, zusätzlich werden 6 Millionen Tonnen CO2 in Holzprodukten gebunden (Quelle: Umweltbundesamt, 2022). Zu Beginn des Jahres hat der Hessische Landtag ein Klimagesetz verabschiedet mit dem verschärften Ziel der Treibhausgasreduktion. Bis 2030 sollen es Minus 65% sein. Den Bausektor nachhaltiger zu gestalten ist essenziell, um die Klimaschutzziele erreichen zu können. Das Bauen mit Holz bietet hier viele Vorteile. Im Rahmen des neuen Klimaplans für Hessen werden wir daher auch eine Holzbauoffensive starten, um die Verwendung von Holz als klimafreundlichen Baustoff zu stärken. Ziel ist eine Steigerung der Holzbauquote in Hessen auf mindestens 25 % im mehrgeschossigen Wohnungsbau, im Nichtwohnungsbau auf 20 % bis 2030.
Wissenschaftler wollen den Wald mit digitaler Sensorik resilienter machen - wie kann moderne Technik dem Wald aus Ihrer Sicht helfen?
Digitale Sensorik kann forstwirtschaftliche Erhebungen erleichtern und effizienter machen. So können bspw. durch die Nutzung von Satellitendaten, Luftbildern und Radarabtastungen Schäden an Waldbeständen schnell erkannt und strukturelle Parameter wie Baumhöhe, Anzahl oder Baumart von Waldbeständen genau und effizient aufgenommen werden. Digitale Auswertungsverfahren erleichtern die Aufbereitung der Daten und Bereitstellung von nutzbaren Ergebnissen für die forstliche Praxis. Diese Ergebnisse bilden wertvolle Grundlagen für den Waldumbau hin zu resilienten Mischwäldern und ermöglichen zielgerichtetes Handeln bei Waldschäden. Digitale Anwendungen, die auch auf mobilen Endgeräten im Wald nutzbar sind, sind eine wertvolle Unterstützung für die Forstwirtschaft. Hierzu gehören die mobilen App-Anwendungen der Schadenserfassung und -aufnahme vor Ort im Revier sowie der Kulturflächenerfassung. Zusätzlich zum Waldschutzmeldeportal der NW-FVA kann die App „Schadensmeldung online“ z.B. verwendet werden, Waldschäden vor Ort im Revier aufzunehmen.