Das Reiseverhalten normalisiert sich nach der Pandemie, dabei liegen Inlandsreisen besonders im Trend. Wie ist Ihre Region auf diesen eingestellt?
Wir haben den Trend aufgegriffen und direkt im ersten Corona-Jahr, als absehbar war, dass viele Menschen innerhalb Deutschlands verreisen werden, eine großangelegte Inlandskampagne gestartet. Und 2021 und 2022 haben wir noch einmal nachgelegt, wobei wir im letzten Jahr insbesondere Familien in den Fokus gerückt haben. Das hat sich für uns voll ausgezahlt: Im Tourismusjahr 2021/22, das von November 2021 bis Oktober 2022 ging, konnten wir in Nordrhein-Westfalen laut GfK so viele Urlaubsübernachtungen durch Inländer verbuchen, wie noch nie – 13,9 Millionen! Gegenüber dem Vorkrisenjahr 2018/19 war das ein Plus von ganzen 25 Prozent. Und was auch auffällt: Die Gäste sind länger geblieben. Bei den Übernachtungen während längerer Urlaube gab es sogar ein Plus von 38 Prozent auf 8,1 Millionen Übernachtungen. Das sind enorme Steigerungen. Viele Menschen haben während der Pandemie, als es schwieriger war, weite Auslandsreisen zu unternehmen, gesehen, wie schön es auch im Nahbereich ist. Und da müssen wir nun anknüpfen und diesen Trend verstetigen. Dabei profitieren wir davon, dass Nordrhein-Westfalen extrem abwechslungsreich ist – und dass alles nah beieinander liegt. Dadurch sind wir gerade für Familien mit ihren ganz unterschiedlichen Bedürfnissen der einzelnen Familienmitglieder ein ausgezeichnetes Ziel und wir bieten genug Anlässe, um häufiger zu kommen. Es wird nie langweilig. Das liegt natürlich auch daran, dass wir neben dem ohnehin schon breiten Angebot an Freizeit- und Kulturinfrastruktur auch viele Events mit großer Strahlkraft haben, durch die immer wieder neue Reiseanlässe geschaffen werden.
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Individualreisen scheinen gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Was bedeutet das für Ihre Region?
In Nordrhein-Westfalen ist der Anteil an Individualreisenden seit jeher sehr hoch. Wir sind daher auf Individualreisende sehr gut eingestellt und geben unter anderem auf unserem Reiseportal www.dein-nrw.de viele Tipps, wie sich der Urlaub bei uns individuell und erlebnisreich gestalten lässt.
Den Urlaubern ist Nachhaltigkeit am Urlaubsort sehr wichtig. Wie reagieren Sie auf diesen Trend?
Tatsächlich ist es so, dass viele Befragte in Umfragen angeben, dass ihnen Nachhaltigkeit wichtig sei. In der Praxis ist es aber bisher selten, dass gezielt nach nachhaltigen Angeboten gefragt wird oder diese gezielt ausgewählt werden. Wir müssen aber auch selbstkritisch sagen, dass es oft schwer ist, nachhaltige Angebote zu finden. Sie müssen sichtbarer werden und es muss auch kommuniziert werden, weshalb es wichtig ist, dass unsere Gesellschaft und damit natürlich auch der Tourismus sich nachhaltig transformiert und jeder seinen Beitrag dazu leisten kann. In Nordrhein-Westfalen läuft aktuell ein Fördermittelwettbewerb der Landesregierung, mit dessen Hilfe der Tourismus im Land nachhaltig aufgestellt werden soll. Daran haben auch wir uns mit zwei Projektvorschlägen beteiligt. Mit einem der Projekte wollen wir eine Nachhaltigkeitsoffensive im nordrhein-westfälischen Tourismus starten. Zum einen bedeutet dies, dass Anbieter sensibilisiert und befähigt werden müssen, nachhaltige Angebote zu gestalten. Zum anderen geht es dann aber natürlich auch um die Kommunikation und das Bekanntmachen solcher Angebote bei den Gästen.
Bahnreisen werden – wenn auch auf vergleichsweise niedrigem Niveau – beliebter. Welche Rolle spielt der Ausbau des ÖPNV für den Tourismus in Ihrer Region?
Nordrhein-Westfalen besteht ja aus vielen städtischen Regionen, wo der ÖPNV meist deutlich besser ausgebaut ist als in ländlicheren Regionen. Daher haben wir in vielen Regionen bereits heute gute Möglichkeiten für Gäste, die mit der Bahn anreisen und auch vor Ort den ÖPNV nutzen wollen.
Wichtig wäre allerdings, dass man auch in den ländlicheren Regionen gut mit dem ÖPNV unterwegs sein kann. Denn viele Urlauber:innen, die keine Städtereise unternehmen, zieht es natürlich dorthin. Und auch Tagesausflügler:innen sind oft in der Natur abseits der großen Städte unterwegs. Daher muss es eine breitflächige ÖPNV-Abdeckung geben, wenn eine echte Mobilitätswende gelingen soll. Man muss nicht unbedingt an jeden Punkt im Land mit einem Bus oder einer Bahn gelangen, das wäre sicherlich wirtschaftlich – und auch das gehört zur Nachhaltigkeit – nicht sinnvoll umzusetzen. Für die letzten Kilometer kann es auch durchaus andere Möglichkeiten geben, etwa Carsharing, On-Demand-Angebote oder ähnliches. Die unterschiedlichen Mobilitätsangebote müssen aber gut miteinander vernetzt sein, um einen Umstieg etwa vom eigenen Auto attraktiv zu machen. Insgesamt muss es bequem, angenehm, sicher und auch bezahlbar sein, mit öffentlichen Verkehrsmitteln in den Urlaub zu reisen und sich vor Ort zu bewegen. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, da bin ich sicher, werden auch viele Menschen umsteigen.