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Elektronische Rechnungsstellung spart europaweit ungefähr 4,5 Milliarden Euro

Warum Wissens- und Erfahrungsaustausch ausschlaggebend ist

Dr. Reinhard Brandl - MdB, Vorsitzender der AG Digitales der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Quelle: Allan Riedel Dr. Reinhard Brandl Vorsitzender der AG Digitales CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag 14.11.2022
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"Eine in der EU einheitliche E-Rechnungsstellung liegt im Interesse Deutschlands, da nur durch eine Harmonisierung effizient Kosten gesenkt und Abläufe transparenter und sicherer gestaltet werden können", meint der Unions-Experte Dr. Reinhard Brandl. Er fordert die Regierung auf,  sich auf europäischer Ebene für ein geeignetes System einzusetzen, das dann deutschlandweit verwendet werden kann.







Nach dem Willen des EU-Parlaments soll für die unterschiedlichen Systeme bei der elektronische Rechnungsstellung schnellstmöglich ein harmonisierter, gemeinsamer Standard geschaffen werden. Welche Vorteile und Herausforderungen sehen Sie dabei?
Eine in der EU einheitliche E-Rechnungsstellung liegt im Interesse Deutschlands, da nur durch eine Harmonisierung effizient Kosten gesenkt und Abläufe transparenter und sicherer gestaltet werden können. Wir müssen dort einen europäischen Flickenteppich vermeiden.
Problematisch ist, dass teilweise höchst unterschiedliche nationale Regelungen getroffen werden, die auch unterschiedlichste Systemvoraussetzungen bedingen. Dies birgt viel Konfliktpotential.

Die große Herausforderung besteht also darin, sich auf ein gemeinsames System in der EU zu einigen. Deutschland und Frankreich haben bereits einen gemeinsamen Standard für E-Rechnungen. Er soll den Austausch von elektronischen Rechnungen zwischen beiden Ländern vereinfachen. Die neuesten Versionen von ZUGFeRD 2.1 auf deutscher und Factur-X 1.0 auf französischer Seite sind dem Bundeswirtschaftsministerium nach, vollständig kompatible und technisch identische Formate.

Auch innerhalb Deutschlands ist noch einige Harmonisierungsarbeit zu leisten. Nach einer Evaluierung zufolge, werden die Bundesbehörden bei der Umsetzung der Verordnung durch ein breites Spektrum zentraler IT-Verfahren unterstützt. Grundsätzlich muss dabei eine stärkere Harmonisierung der Verfahrensabläufe erfolgen, um die Umsetzung schneller und effizienter voranzutreiben. Der Bund muss hier eine stärkere Koordinierungsfunktion einnehmen. Außerdem müssen Bundesverwaltungen, bei denen die Umsetzung gut klappt ihr Wissen mit anderen teilen.

Eine weitere Herausforderung ist sicherlich die Einhaltung der europäischen Datenschutzverordnung bei der Übermittlung und Verarbeitung der E-Rechnung. Datensicherheit und Transparenz stehen bei der elektronischen Rechnungsbearbeitung in einem Zielkonflikt. Einerseits braucht es eine gewisse Transparenz, um das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit zu stillen, die einen möglichst freien Zugang zu Informationen, insbesondere zur Verwendung öffentlicher Gelder fordert. Andererseits müssen die verwendeten personenbezogenen Daten vor Missbrauch geschützt werden.

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Die EU-Staaten sollen sich in diesem Zusammenhang um Systeme zur Einhaltung der Steuervorschriften kümmern - wie bewerten Sie das?
Wenn jedes europäische Land sein eigenes System entwickelt, müssen sich die Unternehmen, die international agieren, an diese unterschiedlichen Systeme anpassen. Dies sehe ich kritisch. Meiner Meinung nach muss die beste Lösung gefunden und in den europäischen Ländern einheitlich umgesetzt werden.

Ein einheitliches elektronisches Meldesystem ist wichtig, um effizient Umsatzsteuerbetrug zu verhindern. Es ist auch ein einheitliches elektronisches Meldesystem wichtig, um effizient Umsatzsteuerbetrug zu verhindern. Dafür muss ein vorbildliches Modell gefunden werden. Länder wie Italien oder Finnland haben bereits elektronische Meldesysteme, die wir genauer betrachten müssen. In Italien konnte beispielsweise ein Jahr nach Einführung eine Mehreinnahme von 3,6 Milliarden Euro verbucht werden.

Meiner Meinung nach ist hier der Wissens- und Erfahrungsaustausch innerhalb Deutschlands und auf europäischer Ebene ausschlaggebend. Die große Herausforderung besteht darin, sich auf ein gemeinsames System in der EU zu einigen, auch in Hinblick auf eine Vielzahl von europäischen Ländern, die bereits ihr eigenes System verwenden und sich im Falle einer europäischen Lösung wieder umstellen müssten.

Bei den einheitlichen Systemen sollen die Kosten für KMU im Blick behalten werden - wie lassen sich die Aufwände für kleine Unternehmen möglichst gering halten?
Die Umstellung von Papierrechnungen auf ausschließlich E-Rechnungen bedeutete für KMU eine gravierende Prozessumstellung, die mit Aufwand verbunden ist, da alle Mitarbeiter in die neuen Prozesse eingeweiht werden müssen. Es werden aber keine zusätzlichen Kosten für kleine Unternehmen anfallen. Vielmehr werden kleine Unternehmen zukünftig Kosten einsparen. Die Kostenersparnis für private kleine und mittelgroße Unternehmen mit der Einführung der elektronischen Rechnungsstellung beträgt europaweit ungefähr 4,5 Milliarden Euro.

Zurzeit sind die unterschiedlichen Meldepflichten für die betroffenen Unternehmen, die international agieren, eine Belastung. Diese individuellen Regelungen könnten zudem das Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigen. International agierende Unternehmen, insbesondere solche mit umsatzsteuerlichen Betriebsstätten in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten, müssen sich an noch mehr verschiedene vorherrschende E-Rechnungssysteme anpassen. Ein einheitliches System würde dafür sorgen, dass die Unternehmen sich auf ein einziges System umstellen. Dies würde den Umstellungsaufwand dieser Unternehmen verringern.

Welchen Zeitrahmen halten Sie bei der angestrebten Harmonisierung für realistisch?
Die Harmonisierung muss so schnell wie möglich erfolgen. Die Regierung muss sich auf europäischer Ebene für ein geeignetes System einsetzen, das dann deutschlandweit verwendet werden kann. Je mehr Länder ihre eigenen Systeme entwickeln desto unwahrscheinlicher wird eine europäische Lösung.

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