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Interview09.04.2019

Dynamische Netzentgelte für sichere E-Mobilität

Wie enviaM sich auf die E-Auto-Versorgung der Zukunft einstellt

Dr. Sven Haase, Unternehmensentwicklung enviaM Quelle: envia Mitteldeutsche Energie AG Dr. Sven Haase Unternehmensentwicklung envia Mitteldeutsche Energie AG
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"Intelligente Ladelösungen senken die Netzausbaukosten um bis zu 95 Prozent", sagt Dr. Sven Haase vom Energieversorger enviaM. Sein Unternehmen erforscht bereits entsprechende Steuertechnik im Feldeinsatz. Daher brauche künftig Anreize für gesteuertes, netzdienliches Laden.





Die Zahl der E-Autos in Deutschland soll in den kommenden Jahren stark steigen, doch viele Experten befürchten, dass die Stromnetze nicht hinreichend darauf vorbereitet sind – wie sehen Sie das?
Wir sehen das ähnlich. Bereits seit 2012 untersuchen wir in verschiedenen Projekten die Auswirkungen von Ladevorgängen von Elektrofahrzeugen auf das Niederspannungsverteilnetz. Dabei haben wir nachgewiesen, dass insbesondere ein- und zweiphasig ladende Fahrzeuge eine große Herausforderung darstellen. Deren Ladevorgänge verringern die Übertragungsfähigkeit der Netze erheblich: Bis zu 85 Prozent der Netz-Übertragungsfähigkeit gehen dabei verloren. Wenn zu viele Elektrofahrzeuge zeitgleich auf einer Phase laden, wird das Netz überlastet – die unsymmetrische Netzbelastung wird dann zum Problem.

Intelligente Ladestationen könnten die Last zeitlich verteilen, würden aber den Ladevorgang verlängern – welchen Beitrag können derartige Systeme für eine sichere Stromversorgung leisten?
Netzdienliches Laden hilft, Netzausbau zu vermeiden. Intelligente Ladelösungen senken die Netzausbaukosten um bis zu 95 Prozent. Dabei gibt es aus unserer Sicht verschiedene Ausbaustufen. So lässt sich das Problem einer unsymmetrischen Netzbelastung durch einen Phasenumschalter lösen, der autonom in der Ladebox funktioniert, d.h. ohne irgendeine Kommunikationsanbindung an das Stromnetz. Stellen Sie sich dieses Gerät als einen Lotsen vor, der die einzelnen Ladevorgänge im Netz symmetrisch auf die Phasen verteilt. Den netzdienlichen Phasenumschalter haben wir gemeinsam mit einem Partner entwickelt und testen diesen gerade ausgiebig im Feld. Die ersten Ergebnisse sind hier sehr vielversprechend.

Zukünftig braucht es aus unserer Sicht aber auch Anreize für gesteuertes, netzdienliches Laden. So könnten Preisanreize durch dynamische Netzentgelte dazu anregen, Verbrauch und Erzeugung optimal aufeinander abzustimmen. Nur so kann die Mobilitätswende ein wichtiger Baustein für das Gelingen der Energiewende sein.

Insbesondere in einzelnen Regionen mit einem hohen Anteil an Familien mit mittlerem oder hohem Einkommen könnte es zu einem vergleichsweise schnellen Anstieg der E-Mobilität kommen – wie müssten diese Gebiete unterstützt werden?
Durch relativ einfache technische Lösungen, wie Ladeboxen mit einem autonomen, netzdienlichen Phasenumschalter, kann die Anzahl an Elektrofahrzeugen in solchen Regionen deutlich erhöht werden. Das verschafft wiederum Zeit für einen möglicherweise notwendigen Netzausbau. Unterstützt werden könnte dies beispielsweise durch eine gezielte Förderung von Heimladepunkten mit netzdienlichen Funktionalitäten.

Entlang der Fernverkehrstrecken wächst mit zunehmender E-Mobilität der Bedarf an Kapazitäten. Was ist aus Ihrer Sicht diesbezüglich zu tun?
Entlang der Fernverkehrsstrecken werden wir einen hohen Leistungsbedarf haben. Um in kurzer Zeit möglichst viele Kilometer „nachzuladen“, braucht es Ladestationen mit hohen Ladeleistungen - und davon an einem Ort nicht nur eine. Hier reden wir von Anschlüssen an das Mittelspannungsnetz oder direkt an ein Umspannwerk. Das ist zwar für die Investoren in die Ladeinfrastruktur ein nicht zu vernachlässigender Kostenpunkt, netzseitig sehen wir da aber mittelfristig kein Kapazitätsproblem.

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