In einer Umfrage gaben knapp drei Viertel der befragten Industrieunternehmen an, schon einmal an einer virtuellen Messe oder einem vergleichbaren virtuellen Event teilgenommen zu haben. Wie haben sich digitale (und hybride) Formate für Messen, Tagungen usw. aus Ihrer Sicht am Markt etabliert und diesen verändert?
Der Aufschwung bei den digitalen Formaten hat seinen Ursprung eindeutig in der Pandemie. Vor der Krise sind virtuelle Events eher „experimentell“ und vorzugsweise als Zusatzangebot zu Präsenzveranstaltungen angeboten worden. Besucher haben sich erst durch die monatelange Beschäftigung mit Online-Meetings an diese Form von Technologie gewöhnt. Wenn der Arbeitsalltag schon online stattfindet, dann fällt der virtuelle Messebesuch oder die digitale Teilnahme an einem Kongress nicht allzu schwer. Der Markt hat entsprechend reagiert und recht schnell bessere Formate und innovative Umsetzungen entwickelt. Einige unsere Mitglieder haben in sehr kurzer Zeit exklusive Studios und Übertragungstechnologien entwickelt, die viel mehr als eine Alternative zu Präsenzveranstaltungen bieten. Solche Events müssen aber inhaltlich und von ihren Leistungsmerkmalen als solche konzipiert werden und sind deshalb nicht unbedingt günstiger als Präsenzveranstaltungen. Ein großer Vorteil: Die Reichweite von Events kann durch Onlineformate erheblich erhöht werden.
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Allerdings befinden Besucher von virtuellen Messen, dass die virtuellen Formate nicht „sehr gut" umgesetzt werden. Wie müssen solche Events organisiert werden, damit die Besucher zufrieden sind?
Wie gesagt, in vielen Fällen sind diese frühen virtuellen Messen „aus der Not“ geboren worden. Für die Umstellung auf erfolgreiche Konzepte mussten erst Erfahrungen gesammelt und musste im Detail darüber nachgedacht werden, wie die Teilnehmer in die neuen Formate „mitgenommen“ werden können. Wichtig ist es, dass die Besucher die Möglichkeit haben, ein Teil der Veranstaltungsgemeinschaft zu sein. Austausch und Networking sind genauso wichtig wie bei einer Präsenzveranstaltungen. Hier sind Veranstalter und Besucher aktuell noch dabei, die „richtigen“ Lösungen auszutarieren. Je nach Inhalt und Form der Veranstaltung können diese auch sehr unterschiedlich ausfallen. Aktualität, Partizipation, Interaktion und Authentizität werden wichtige Charakteristika von zukünftigen virtuellen Veranstaltungen sein.
Technik für hochwertige virtuelle oder hybride Events erfordert große Investitionen. Wie sollte die Politik die gebeutelte Branche unterstützen?
Der VPLT hat in Zusammenarbeit mit dem Forum Veranstaltungswirtschaft, die Allianz sechs maßgeblicher Verbände des Wirtschaftsbereichs, der neuen Bundesregierung mit dem Investitionsprogramm „Die Zukunft Gemeinsam Gestalten“ einen innovativen Ansatz zur Unterstützung von allen Formaten in der Veranstaltungswirtschaft unterbreitet. Nach der verheerenden wirtschaftlichen Auswirkung der Pandemie benötigt die Branche eine Anschubhilfe. Notwendige Investitionen im Bereich der Digitalisierung konnten in der Krise nicht getätigt werden. Die Veranstaltungswirtschaft hatte im Jahr 2019 mit ihren 1,13 Millionen Erwerbstätigen und zuletzt 81 Milliarden Euro Umsatz eine bedeutende Rolle in der deutschen Wirtschaft. Diesen Platz möchte sie so schnell wie möglich wieder einnehmen – und das ohne staatliche Hilfe.
Welche Potenziale sehen Sie nach für virtuelle und hybride Events nach einem möglichen Ende der Pandemie?
In einer Studie des German Convention Büro in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut heißt es: „Das Ökosystem von Veranstaltungen wird sich massiv und nachhaltig verändern. Entscheidend für den Erfolg in diesem System ist dabei die vorbehaltlose Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen der Kund*innen und Teilnehmer*innen, denn sie entscheiden letztlich, wofür sie in der Zukunft Zeit aufwenden werden – und das werden sie deutlich bewusster tun“.*
Das Potenzial von hybriden und virtuellen Events hängt also von deren Qualität und Rezeption bei den Zielgruppen ab. Die technologischen Möglichkeiten werden sich sicherlich verbessern. Und unsere Mitglieder werden Veranstaltern mannigfaltige Tools zur Verfügung stellen, um erfolgreich im Markt der hybriden und virtuellen Veranstaltungen bestehen zu können. Menschen haben das Bedürfnis, sich zu begegnen. Ob diese Begegnungen eher in Präsenz oder Online stattfinden, wird einer der Herausforderungen für die Veranstaltungswirtschaft in der Post-Corona-Epoche sein.
* Studie: Future Meeting Space: „Die zukünftige Rolle von Business Events im Kommunikationsmix“; Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO;
GCB German Convention Bureau e. V.; 03/2021; Seite 81