Digitales Wirtschaften spart viele Wege, etwa indem Konferenzen virtuell abgehalten werden oder Einkäufe online erfolgen. Dem stehen hohe (ökologische) Kosten für Traffic und Netzinfrastruktur entgegen. Wie nachhaltig kann digitales Wirtschaften aus Ihrer Sicht unterm Strich sein?
Die bahnbrechende Innovation der Digitalisierung hat die Art und Weise wie wir leben und arbeiten verändert und stellt Unternehmen wie auch die Gesellschaft als Ganzes vor große Herausforderungen. So unterscheiden wir grundsätzlich die Digitalisierung der Mittel, etwa die zahlreichen Möglichkeiten digitaler Kommunikation, von der Digitalisierung der Prozesse, die völlig neue Geschäftsmodelle hervorbringen. Vor- und Nachteile des digitalen Wirtschaftens sind von beiden Perspektiven wesentlich geprägt. Im Kontext von Nachhaltigkeit steht der technischen Dimension von Digitalisierung eine soziale Komponente gegenüber. Daraus ergeben sich neue Anforderung an Leadership und die Notwendigkeit umfassender gesellschaftlicher Kooperationen im Kontext von Wirtschaft und Unternehmertum.
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Beim E-Commerce-Waren brauchen transportfähige Einzelverpackungen. Wie kann der Versandhandel in Anbetracht dessen und großzügiger Rücksende-Regelungen nachhaltig gestaltet werden?
Tatsächlich ist der digitale Waren- und Versandhandel von hohen Prozesskosten geprägt, deren Ausgangspunkt die Individualisierung von Angebot und Nachfrage ist. Bequem für den Einzelnen erweist sich die Logik des E-Commerce aufgrund hoher Transaktionskosten zu Lasten der Umwelt als nicht nachhaltig genug. Ein Lösungsansatz liegt in der Kollektivierung kommerzieller Interessen und mehr Aufmerksamkeit für das Lokale. So können etwa lokale Einkaufsgemeinschaften mit regionalen Ausgabestellen in Stadtvierteln und Bezirken eine Trendwende einleiten. Die Herausforderung dabei ist der globalen, digitalen Plattformwirtschaft ein lokales Äquivalent, also sprichwörtlich einen „Sitz im Leben“, zu geben. Auch hier wird die Kooperation mit lokalen Akteuren und der Zivilgesellschaft ein entscheidender Erfolgsfaktor sein.
Digitale Währungen sparen wertvolle Rohstoffe, aber allein die Digitalwährung Bitcoin verbraucht so viel Strom wie das Land Norwegen. Wie lässt sich der Zahlungsverkehr möglichst nachhaltig abwickeln?
Der Trend zur Entwicklung von digitalen Währungen, die an keinen materiellen Gegenwert gebunden sind, ist unaufhaltbar wenn auch momentan noch nicht mehrheitsfähig. Einerseits ist die Technologie der Block-Chain in diesem Feld noch nicht ausgereift genug, andererseits übersteigen die Prozesskosten den faktischen Nutzen dieser Entwicklung. Gegenüber den traditionellen Mechanismen der Finanztransaktion, bieten so genannte „Fintechs" neue Finanzinstrumente und -dienstleistungen im Bereich des bereits weitestgehend digitalisierten Zahlungsverkehrs. Eine Bestandsaufnahme zeigt jedoch, dass, etwa im Gegensatz zu Großbritannien, Fintechs im deutschsprachigen Raum noch Randerscheinungen mit lediglich 0,6 % aller Investitionen in diesem Sektor sind.
Viele Digitalunternehmen legen öffentlichkeitswirksame Nachhaltigkeits-Programme auf. Woran erkennt der Nutzer, was der Umwelt hilft und was bloßes „Greenwashing“ ist?
Längst ist der Faktor der Nachhaltigkeit fixer Bestandteil der Markenbildung von Unternehmen. Dabei verlangt der weite Begriff einiges an Konkretisierung, da verallgemeinerbare Standards bislang fehlen. Ein Versuch Nachhaltigkeit für ökonomische Prozesse zu definieren, bilden die Sustainable Development Goals (SDGs), die von den Vereinten Nationen mit der Agenda 2030 vorgelegt worden sind. Die 17 Entwicklungsziele zeigen, dass Nachhaltigkeit vor allem ein Querschnittsthema ist, dass viele Gebiete der Produktion betrifft, wie etwa jüngst die deutsche Diskussion um die Einführung eines Lieferkettengesetzes zeigt. Ein Versuch die Komplexität des Themas zu reduzieren, ist die Einführung von Zertifizierungsinstrumenten für Produkte und Dienstleistungen. Als Orientierungshilfe für Unternehmen und Konsumenten erweisen sich jene als sinnvoll und auch in der digitalen Welt zukunftsfähig.