Der MDR hat angekündigt, erst wieder in die terrestrische Rundfunkverbreitung investieren zu wollen, wenn der UKW-Streit um die Antennen beigelegt ist. Was hat den MDR zu diesem drastischen Schritt bewogen?
Das, was wir gerade im Bereich UKW-Verbreitung erleben, erschüttert die Zuverlässigkeit der terrestrischen Verbreitungswege insgesamt, also auch die Hörfunkverbreitung via DAB+ und die Fernsehübertragung mittels DVB-T2 HD. Dieses Modell des Verkaufs an mehrere Investoren könnte dort ja ebenso zur Anwendung kommen – und auch für ein digitales terrestrisches Signal ist letztlich eine Antenne erforderlich. Wir als MDR sehen uns deshalb künftig erst wieder in der Lage, Investitionen in die terrestrische Rundfunkverbreitung zu tätigen, wenn die Rahmenbedingungen geklärt und wir zur Überzeugung gekommen sind, dass wir langfristig auf verlässliche Partner vertrauen können. Dies ändert nichts an der Tatsache, dass wir nach wie vor in DAB+ die Zukunft der Hörfunkverbreitung sehen.
Was läuft aus Sicht des MDR falsch bei der Liberalisierung der UKW-Netze? Wie könnte ein Lösungsansatz aussehen und was fordert der MDR von wem, um künftig die UKW-Versorgung in Deutschland sicherzustellen?
Das Problem ergibt sich daraus, dass die UKW-Frequenzen senderstandortgebunden koordiniert sind und sich die Antennen, die dazu erforderlich sind, nun im Eigentum Einzelner befinden. Hier entsteht die Hebelwirkung, die die Investoren jetzt ausnutzen. Mit der Androhung von Abschaltung sollen höhere Preise durchgesetzt werden. Deshalb muss nun für rechtssichere Lösungen gesorgt werden, die absichern, dass die Festsetzung von Preisen bei diesen Dienstleistungen fair abläuft und die Androhungen von Abschaltungen der Vergangenheit angehören. Auch bei anderen Leistungen, die wir am Markt beziehen – wie Strom, Gas oder Glasfasernetze – ist es schließlich möglich, unterbrechungsfrei den Anbieter zu wechseln und die Vorteile des Wettbewerbs zu nutzen. Warum also nicht auch in der Rundfunkverbreitung? Wir sehen daher die Bundesnetzagentur und das Bundeskartellamt ebenso wie die Politik in der Pflicht. Es gilt, den massiven Auswirkungen des UKW-Antennenverkaufs durch die Media Broadcast auf den Hörfunkmarkt, zügig entgegenzuwirken und die UKW-Versorgung in Deutschland wieder nachhaltig sicherzustellen. Erste positive Signale stimmen uns optimistisch, dass rechtzeitig bis zum 30. Juni 2018 eine Lösung gefunden wird.
Was bedeutet der Investitionsstopp für den weiteren Ausbau von DAB+ in Mitteldeutschland? Wäre es nicht sinnvoll, die UKW-Querelen für einen schnellen DAB+ Umstieg zu nutzen?
Der MDR treibt den Ausbau des digitalen Hörfunks seit Jahren sehr aktiv voran, denn neben der Verbreitung via Internet sehen wir vor allem in DAB+ die Zukunft der Hörfunkverbreitung. Daran gibt es keinen Zweifel – soll heißen, wir werden uns auch weiterhin beim Thema DAB+ sehr stark engagieren. Es geht lediglich darum, ob wir auf der derzeit gültigen rechtlichen Grundlage Dienstleister mit dem Netzbetrieb beauftragen können. Denn die Bedienung von Interessen einzelner Finanzinvestoren ist ganz sicher nicht im Interesse der Rundfunkbeitragszahler. Wir sind zuversichtlich, dass die aktuelle Problematik im UKW-Markt – die auch Einfluss auf DAB+ hat – gelöst wird und wir weiterhin in den Netzausbau investieren können. Im Übrigen haben wir schon heute einen sehr hohen Ausbaustand: In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind bereits 99 Prozent der Fläche mit DAB+ versorgt. Damit gehören wir zu den Spitzenreitern in Deutschland.“