Die LKW-Maut steigt mit einer CO2-Differenzierung stark an, emissionsfreie LKW sind vorerst befreit. Welche Steuerungswirkung erwarten Sie davon?
Erklärtes Ziel der neuen CO2-Komponente ist die Dekarbonisierung der Fahrzeugflotte. Das Problem dabei ist, dass das Angebot an Fahrzeugen mit bezahlbaren alternativen Antrieben bislang sehr gering ist und die Transportunternehmen somit kaum eine wirkliche Möglichkeit haben, die Kostensteigerungen durch einen Fahrzeugwechsel zu umgehen. E-Lkw kosten aktuell das Dreifache, Brennstoffzellen-Lkw das fünf- bis siebenfache im Vergleich zum Verbrenner-Pendant und diese Kosten sind für viele Unternehmen nur schwer zu stemmen. Außerdem fehlt bislang die erforderliche Tank- und Ladeinfrastruktur. Der Aufbau einer flächendeckenden öffentlichen und nicht-öffentlichen Tank- und Ladeinfrastruktur für alternative Antriebe geht bisher noch zu langsam voran. Die Steuerungswirkung wird daher aktuell noch gering ausfallen. Batterieelektrische und wasserstoffbetriebene Fahrzeuge werden parallel existieren, da sie für unterschiedliche
Einsatzbereiche in Betracht kommen. Bisher war der konventionelle Dieselantrieb universell einsetzbar. Für die Zukunft gibt es noch keine Musterlösung, die für alle Einsatzbereiche in Frage kommt.
JETZT HERUNTERLADEN
DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE
DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
Kommendes Jahr wird die Maut auf Fahrzeuge über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht ausgeweitet. Welche Auswirkungen für die Verkehrsströme und etwa das Staugeschehen erwarten Sie davon?
Der ADAC erwartet keine merkliche Abnahme des Lkw-Verkehrs infolge der Lkw-Mautausweitung, in der Folge auch keine spürbaren Auswirkungen auf die Stausituation. Im Gegenteil: Laut einer aktuellen Langfrist-Prognose des Bundesverkehrsministeriums wird der Lkw-Verkehr in den kommenden Jahren sogar noch deutlich zunehmen. Der ADAC rechnet vielmehr damit, dass die mit der Mautausweitung entstehenden Transportkostensteigerungen an die Auftraggeber bzw. Verlader weitergegeben werden und dies somit letztendlich auch zu steigenden Verbraucherpreisen führen wird. Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass der Lkw-Verkehr nennenswert auf das nachgeordnete Straßennetz ausweicht, die von der Maut ausgenommen sind. Das war in den Anfangsjahren der Lkw-Maut ein auf einigen Strecken ein Thema, mittlerweile aber nicht mehr, da seit 2018 neben den Autobahnen auch die Bundesstraßen mautpflichtig sind.
Mit der Mauterhöhung soll der sogenannte geschlossene Finanzierungskreislauf Straße aufgebrochen werden. Wie bewerten Sie das?
Aktuell decken die Einnahmen mautpflichtiger Lkw (nach Abzug der Kosten für das Mautsystem) rund 2/3 der gesamten Betriebsausgaben und Investitionen in die Bundesfernstraßen und damit sämtliche Kosten, die diese Fahrzeuge verursachen. Mit dem ab Dezember 2023 fälligen CO2-Zuschlag und der ab Juli 2024 geplanten Mautausweitung auf Lkw zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen werden sich die Nettoeinnahmen aus der Lkw-Maut ungefähr verdoppeln. Gleichzeitig soll die Hälfte der gesamten Mauteinnahmen für andere Mobilitätsbereiche verwendet werden, insbesondere für Investitionen in die Schieneninfrastruktur. Dabei ist festzustellen, dass von den zusätzlichen Mautmehreinnahmen in Höhe von rund 7,1 Mrd.€ etwa die Hälfte nicht im Verkehrshauhalt ankommt. Es ist zu befürchten, dass angesichts des absehbaren Übergangs auf alternativ angetriebene Lkw, für die kein CO2-Zuschlag erhoben wird, die Mauteinnahmen mittelfristig so weit absinken, dass die dann verbleibenden Einnahmen zu einer Finanzierungslücke bei den Bundesfernstraßen führen. Der ADAC fordert daher, dass zumindest sämtliche Maut-Einnahmen, die zur Deckung der Wegekosten vorgesehen (Teilmautsatz Infrastruktur) sind, auch weiterhin vollständig zweckgebunden in die Bundesfernstraßen fließen. Als zweites Kriterium sollte festgelegt werden, dass die für die Fernstraßen zweckgebundenen Mittel mehr als die Hälfte des Gesamtaufkommens der Lkw-Maut betragen müssen.
Grundsätzlich ist der ADAC der Ansicht, dass die Gegenleistung für eine Straßennutzungsgebühr vor allem das Vorhandensein einer bedarfsgerechten Straßenverkehrsinfrastruktur sein sollte. Andernfalls nimmt die Gebühr den Charakter einer Steuer an.
Ein guter Teil der Maut-Einnahmen soll in die Schiene fließen. Was halten Sie davon?
Nach der Mauterhöhung werden 70 Prozent aller Investitionen in Bundesverkehrswege durch den Lkw finanziert. Der ADAC ist der Ansicht, dass der Teilmautsatz Infrastruktur weiterhin vollständig für die Straße zweckgebunden zur Verfügung gestellt und damit der Finanzierungskreislauf Straße erhalten werden sollte. Ziel muss sein, die gesamten Mehreinnahmen aus der Lkw-Maut zusätzlich und nachvollziehbar in den Verkehrsetat fließen zu lassen. Zudem sollte auch die Möglichkeit der Ausweitung der Anrechenbarkeit von alternativen Kraftstoffen angeboten werden.