Mit einem Milliardenprogramm sollen die deutschen Krankenhäuser ein digitales Update bekommen. Zu drei Milliarden geplanten Euro vom Bund kommen von den Ländern weitere Investitionsmittel von bis zu 1,3 Milliarden Euro hinzu. Die Initiative ist nötig, denn: "Der Bedarf für den Ausbau der Digitalisierung ist da", betont Markus Holzbrecher-Morys, Geschäftsführer für IT, Datenaustausch und eHealth bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft in unserer Fachdebatte.
Wenngleich das Fördervolumen mit 4,3 Mrd. Euro vergleichsweise hoch sei, habe die seit Jahren wachsende Investitionslücke der Länder Spuren in den Krankenhäusern hinterlassen, die durch die zur Verfügung stehenden Fördermittel nicht aufgefangen werden können, befürchtet der Experte. Dennoch begrüßt er die vorgesehene Förderung von Digitalisierung im Krankenhaus ausdrücklich und sein Verband „wird den Prozess aktiv begleiten, damit die notwendige digitale Transformation in den Krankenhäusern gelingt.“
Für Thomas Bublitz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Privatkliniken (BDPK) muss der Nutzen für die Patienten bei jeder Weiterentwicklung im Krankenhaus der zentrale Punkt sein, das gelte natürlich auch für die IT. „Kliniken, die schon jetzt in der digitalen Zukunft angekommen sind, zeigen, wie es geht: Online-Sprechstunden sparen Wege und Wartezeiten, Tele-Monitoring verbessert den Operationserfolg, das Pflegepersonal wird durch IT-Lösungen entlastet und hat mehr Zeit für Patienten.“ Das sei alles anfangs mit Aufwand verbunden, verbessere aber die Versorgung und entlaste am Ende meistens auch das Budget. Diese Kombination sei immer langlebig. „Dafür ist es allerdings wichtig, dass erzielte Einsparungen durch die IT in den Budgetverhandlungen von den Krankenkassen nicht wieder „einkassiert“ werden.“
„Die Gesamtsumme kann aber angesichts des aktuellen „digitalen Reifegrads“ der deutschen Krankenhäuser nur ein erster Impuls sein“, findet auch Udo Beck, Geschäftsführer des CLINOTEL Krankenhausverbundes. In den nächsten Jahren werde noch erheblich nachgelegt werden müssen, wenn die Krankenhäuser ihre im Krankenhauszukunftsgesetz formulierten Verpflichtungen im Jahr 2025 erfüllen sollen. Das Problem sei, dass die Bundesebene hier gesetzliche Vorgaben mache, die Finanzierung der Krankenhausinfrastruktur aber Aufgabe der Bundesländer sei. „Angesichts bisheriger Erfahrungen und der heute noch gar nicht abschätzbaren finanziellen Folgen der Corona-Pandemie auch für die Bundesländer, sind wir skeptisch, dass diese ihrer Verpflichtung nachkommen werden können.“
Auch Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin des Katholischen Krankenhausverbandes hätte sich gewünscht, „dass man die Bundesländer verpflichtend mit ins Boot geholt hätte und so die Investitionen in die Digitalisierung in einer Regelfinanzierung verstetigt hätte.“ Die geplante Summe werde sicherlich helfen, den digitalen Grad der Krankenhäuser zu erhöhen, für eine komplette digitale Transformation der gesamten Branche werde dies jedoch nicht ausreichen. „Die IT-Budgets der meisten Krankenhäuser betrugen in der Vergangenheit nur 1-3 Prozent des Gesamtbudgets. Insbesondere die Kosten für IT-Sicherheit werden aufgrund zunehmender Digitalisierung und gesetzlicher Anforderungen (KRITIS) in den nächsten Jahren stark ansteigen.“
Die Sicherheit der IT ist auch für Dr. Markus Müschenich, Vorstand Bundesverband Internetmedizin, ein besonders wichtiger Aspekt. Aktuelle Beispiele wie in der Uniklinik Düsseldorf hätten gezeigt, was die traurige Folge von auch unverschuldeten Lücken in der IT-Sicherheit sein kann. Deswegen sei es richtig, dass mit dem Krankenhauszukunftsgesetz an dieser Stelle gezielt gefördert werde. „Doch hilft alles Geld der Welt nicht, wenn die digitale Kompetenz der Mitarbeiter – vom Geschäftsführer bis zum Pförtner nicht ausreicht bzw. nicht geschult wird.“
Wie sensibel gerade das Thema Sicherheit ist, zeigt auch ein Blick über die deutschen Landesgrenzen hinaus. Dr. Franz Harnoncourt, Geschäftsführer der Oberösterreichischen Gesundheitsholding GmbH erklärt, wie sich die Häuser seines Unternehmens mit vier Gegenstrategien vor Cyber-Angriffe schützen. An erster Stelle steht die Förderung der Awareness durch intensive Schulung und Training der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dazu kommt zweitens die Segmentierung der IT-Systeme, um bei möglichen Angriffen den Schaden möglichst gering zu halten (Schottensystem), drittens technischer Support durch bestmögliche Software-Unterstützung und viertens eine eigene hochprofessionelle CISO-Struktur, die direkt an die Geschäftsführung angebunden ist.