Mit dem Krankenhauszukunftsgesetz soll die Digitalisierung von Krankenhäusern mit Milliarden vorangetrieben werden. Wie stehen die deutschen Krankenhäuser in Sachen Digitalisierung derzeit da?
Eine einheitliche Standortbestimmung „der deutschen Krankenhäuser“ ist schon mit Blick auf die heterogenen Versorgungsstrukturen, Trägervielfalt und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schwierig. Auch die Frage, auf welcher Grundlage eine solche Erhebung durchgeführt werden sollte, ist nicht einfach zu beantworten – ein allgemein anerkanntes und in allen deutschen Krankenhäusern sinnvoll einsetzbares Reifegradmodell hat sich bisher noch nicht herauskristallisiert. Ein solches Modell soll nach Vorgabe des Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) nun erarbeitet und für eine Zweipunktmessung Mitte 2021 und 2023 herangezogen werden.
Belastbare Zahlen, in wie vielen Krankenhäusern heute z. B. eine durchgehende elektronische Medikation oder Dokumentation (Stichwort: elektronische Patientenakte) umgesetzt sind, liegen uns heute nicht vor. Aber unabhängig von der Frage, wo das einzelne Krankenhaus heute steht, ist klar: Der Bedarf für den Ausbau der Digitalisierung ist da und das KHZG kann einen wichtigen Beitrag in der Umsetzung von mehr Digitalisierung im Krankenhaus leisten.
JETZT HERUNTERLADEN
DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE
DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
Das Fördervolumen soll bis zu 4,3 Milliarden Euro betragen, dabei können aber auch Corona-bedingte Ausfälle geltend gemacht werden. Ist die Summe angemessen für die nötige digitale Transformation der Branche?
Wenngleich das Fördervolumen mit 4,3 Mrd. Euro vergleichsweise hoch ist, hat die seit Jahren wachsende Investitionslücke der Länder Spuren in den Krankenhäusern hinterlassen, die durch die zur Verfügung stehenden Fördermittel nicht aufgefangen werden können. Das KHZG geht in seiner Begründung ungewohnt deutlich auf die fehlende Investitionsbereitschaft der Bundesländer ein. Die Tatsache, dass im vorgesehenen Gesamtfördervolumen 1,3 Mrd. Euro an Eigenmitteln der Länder oder Krankenhausträger eingerechnet sind, wird seitens der DKG kritisch gesehen, da Krankenhäuser schon heute immer einen Eigenanteil an Fördervorhaben beisteuern müssen. Dennoch begrüßt die DKG die im KHZG vorgesehene Förderung von Digitalisierung im Krankenhaus ausdrücklich und wird den Prozess aktiv begleiten, damit die notwendige digitale Transformation in den Krankenhäusern gelingt.
Investitionen in digitale Patientenportale oder moderne Telemedizin-Anwendungen bedingen regelmäßig erhebliche Kosten beim späteren Betrieb. Wie lässt sich sicherstellen, dass die geförderten Investitionen den Patienten dauerhaft helfen?
Für die Beantragung von Fördermitteln ist es aus Sicht der Geschäftsstelle notwendig, sich mit dem Zweck bzw. der Notwendigkeit der zu fördernden Maßnahme im konkreten Einzelfall auseinanderzusetzen. Dazu gehört neben der Schaffung notwendiger Voraussetzungen auch die Klärung, ob sich eine getätigte Investition langfristig tragen kann. Hierzu müssen eine ganze Reihe von Fragen beantwortet werden: Steht das benötigte Personal zur Verfügung? Ist eine belastbare Finanzierung der Betriebskosten auch nach Ende des Förderzeitraums gesichert? Als grober Richtwert wird immer wieder ein Betriebskostenanteil von ca. 30 % genannt – über den Zeitraum von drei Jahren müssen die Investitionskosten damit quasi noch einmal aufgebracht werden. Die Krankenhäuser sind angehalten, bei der Auswahl der Förderprojekte eine Einordnung ihrer digitalen Reife vorzunehmen und Förderprojekte sinnvoll an diesem IST-Stand auszurichten. Die Förderung semantischer Interoperabilität steht für ein Krankenhaus, das noch strukturelle Defizite in der Basisinfrastruktur ausgleichen muss, vielleicht nicht an erster Stelle, wenn es darum geht, aus dem Kreis möglicher Förderthemen die richtigen auszuwählen. Die DKG plant, hierzu Hinweise zu geben, an denen sich Krankenhäuser bei der Auswahl von Förderthemen orientieren können.
Ausdrücklich soll auch die IT-Sicherheit gefördert werden. Wie schätzen Sie die Gefahr von IT-Angriffen auf Krankenhäuser ein?
Krankenhäuser werden täglich Ziel von Cyber-Angriffen. In den meisten Fällen dürfte es sich dabei um zufällige Angriffe handeln – dass bewusst gegen Krankenhäuser vorgegangen wurde, ist uns bisher zumindest nicht bekannt geworden. Dennoch steigt in Zeiten von Corona und der in diesem Behandlungskontext ggf. notwendigen Unterstützung durch Medizintechnik (Stichwort: „Beantmungsgeräte“) die Gefahr, dass es infolge eines Cyberangriffs zu Beeinträchtigungen der Verfügbarkeit, Integrität oder Authentizität der Behandlungsdaten und damit in der Folge zu negativen Auswirkungen auf die Behandlungseffektivität oder gar Patientensicherheit kommt. Die jüngsten Vorfälle am Uniklinikum Düsseldorf haben erneut vor Augen geführt, wie sich ein Cybersicherheitsvorfall auf den Behandlungsalltag auswirken kann. Dass der Gesetzgeber nun mit verpflichtenden Ausgaben für IT-Sicherheit entgegensteuern möchte, trägt dieser wachsenden Sorge Rechnung. Die im KHZG vorgesehene Regelung, nach der pauschal 15 % jeder Fördermaßnahme für die Verbesserung der IT-Sicherheit aufgewendet werden müssen, schränkt den Handlungsspielraum dabei vielleicht an der ein oder anderen Stelle etwas ein. Grundsätzlich wird die Förderung der IT-Sicherheit, für die sich die DKG seit Jahren einsetzt, jedoch sehr positiv wahrgenommen.