Die Fitness-Branche ist im Wandel - mehr Menschen halten sich fit, hybride Angebote werden vermehrt nachgefragt. Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie grundsätzlich für die Branche?
Historisch betrachtet hat die Fitnessbranche immer wieder einen Wandel durchlaufen und sich fortwährend an die gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen angepasst. Die aktuell vermehrte Nachfrage nach und das Bestehen von hybriden Trainingsangeboten spiegeln dabei zum einen den Wunsch der Trainierenden nach mehr Flexibilität, zum anderen aber auch die neuen technischen Möglichkeiten wider, die sich durch die fortschreitende Digitalisierung, auch für die Fitnessbranche, ergeben haben.
So ermöglicht die Kombination aus Online-Angeboten und traditionellem Studio-Training den Mitgliedern eine größere Flexibilität und Zugänglichkeit zum Training. Kunden können personalisierte Trainingspläne erhalten, die sie sowohl zu Hause als auch im Fitnessstudio durchführen können. Das Fitnesstraining, egal ob individuelles Krafttraining oder die Teilnahme an einem Kursangebot, ist dadurch ein Stück weit nicht mehr zwingend an eine bestimmte Örtlichkeit oder einen festen Zeitplan gebunden, sondern kann von den Mitgliedern flexibel in den eigenen Alltag integriert werden. Fitnessanbieter können dadurch ihren Mitgliederservice verbessern und so ihre Attraktivität steigern. Durch hybride Angebote besteht zudem die Möglichkeit, einen größeren Kreis an Interessenten und damit potentiellen Neumitgliedern anzusprechen.
Allerdings besteht durch die hybriden Angebote m.E. auch die Gefahr, die persönliche Bindung der Mitglieder an das Fitnessstudio zu verlieren. Dieser Umstand könnte sich langfristig negativ auf die Kündigungszahlen auswirken. Daher sollten Studios über Lösungen nachdenken, wie trotz einer vermehrten Nachfrage nach Online-Angeboten die persönliche Kundenbindung aufrechterhalten werden kann.
Zusammengefasst betrachtet, bieten hybride Angebote der Fitnessbranche aber die Chance, Fitnesstraining näher an den Kunden heranzutragen, das Training flexibler zu gestalten und dadurch die Attraktivität der Fitnessbranche und die Mitgliederzahlen weiter zu steigern.
Fitness-Apps erleben geradezu einen Boom. Wie kann das die Branche verändern?
Der aktuelle Boom der Fitness-Apps, also Apps, mit denen der eigene körperliche Gesundheits- und Leistungsstatus überwacht werden kann, zeigt, dass das Bewusstsein für die eigene Gesundheit und die körperliche Leistungsfähigkeit sowie die Verbesserung dieser in der Gesellschaft weiter zu nimmt.
Fitness-Apps können insofern Einfluss auf die Fitnessbranche nehmen, in dem sie neben der Steigerung der Motivation der Trainierenden eine weitere Individualisierung und Überwachung des Trainingsplans und -erfolgs ermöglichen. Das Training kann dadurch zielgerichteter gestaltet und Trainingsziele besser erreicht werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass die mit den Fitness-Apps gewonnen Daten bei der Trainingsplanerstellung berücksichtigt bzw. mit einem eventuell bestehenden hybriden Trainingsangebot verknüpft werden. Meines Erachtens sollte die Erstellung eines individuellen Trainingsplans dann aber immer noch durch einen qualifizierten Fitnesstrainer erfolgen. Die Qualität der Trainingspläne und -angebote in der Fitnessbranche kann durch die Verwendung von Fitness-Apps aber grundsätzlich verbessert werden.
Wie beeinflussen soziale Medien und Influencer den Markt?
Fast jeder nutzt heutzutage auf irgendeine Art und Weise beinahe täglich die sozialen Medien. Fitness und Gesundheit sind in den unterschiedlichen sozialen Netzwerken, vor allem bei den jüngeren Menschen, zwei beliebte Themen. So haben Influencer aus dem Fitnessbereich teilweise eine Abonnentenzahl im Millionenbereich. Aufgrund ihres Auftretens und ihrer persönlichen Fitness besitzen Fitness-Influencer und ihr Handeln eine gewisse Vorbildfunktion bei den Nutzern. Viele Follower vertrauen daher im Alltag den (Trainings-)Tipps und Ratschlägen der Influencer zu verschiedenen Themen. Durch die große Anzahl an Abonnenten wird mit einem Post zu einem bestimmten Thema auch schnell eine große Anzahl an Menschen erreicht. So können verschiedene Trends in kurzer Zeit an großer Reichweite bei den fitnessinteressierten Followern gewinnen und dadurch auch Einfluss auf den Fitnessmarkt nehmen. Allerdings verfügen nicht alle Fitness-Influencer über eine solide fachliche Qualifikation aus dem Sport- und Fitnessbereich. Auch basieren viele Empfehlung häufig nur auf persönlichen Erfahrungen und sind trainingswissenschaftlich nicht belegt.
Es sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass Fitness-Influencer keinesfalls ein Phänomen unserer Zeit sind. Bereits während der Fitnesswelle gegen Anfang des 20. Jahrhunderts gab es prominente Persönlichkeiten, die durch Ihr Auftreten und ihre Ratschläge die allgemeine Sicht auf Fitnesstraining beeinflusst haben.
Welche Auswirkungen erwarten Sie durch den demografischen Wandel auf die Branche?
Trotz des demographischen Wandels wird es natürlich in Zukunft auch ein breitgefächertes und ansprechendes Trainingsangebot für jüngere Menschen geben. Allerdings gehe ich davon aus, dass die Fitnessanbieter sich zukünftig auch mehr an den Bedürfnissen der älteren Interessenten und Mitglieder orientieren werden, um auch für diese attraktiv zu sein. Bei diesem Personenkreis stehen weniger die ästhetischen Aspekte im Vordergrund, sondern eher die gesundheitlichen. Durch einen höheren Anteil an älteren Mitgliedern wird auch die Anzahl der Menschen, die mit einer Vorerkrankung ein Fitnesstraining absolvieren, zunehmen. Um diese Trainierenden adäquat zu betreuen, bedarf es vor allem qualifizierter Fitnesstrainer. Ich hoffe, dass dieser Bedarf an qualifiziertem Personal die Betreuungsqualität in der Fitnesspraxis generell weiter steigern wird und einheitliche Qualitätsstandards bei der Ausbildung von Fitnesstrainern eingeführt werden. Momentan gibt es diesbezüglich noch keine einheitlichen und verpflichtenden Richtlinien.
Insgesamt gehe ich davon aus, dass sich die Fitnessbranche zukünftig, sicherlich auch durch den demographischen Wandel beeinflusst, weiter professionalisieren wird und auch die Verflechtungen zwischen präventiven Trainingsangeboten und therapeutischen Maßnahmen enger werden.