Die Fitness-Branche ist im Wandel - mehr Menschen halten sich fit, hybride Angebote werden vermehrt nachgefragt. Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie grundsätzlich für die Branche?
Das Thema einer klaren Positionierung und Spezialisierung- was wir vor 20 Jahren mit der Marke Mrs. Sporty schon erkannt haben – war damals schon ganz entscheidend. In diesem speziellen Beispiel hatten wir uns die Zielgruppe der „Frauen in der zweiten Lebenshälfte“ herausgegriffen. In den vergangenen zehn Jahren war die Branche dominiert von preiswerten Fitnessangeboten- und Ketten. Ich denke, dass sich die Fitness- und Gesundheitsbranche derzeit wieder mehr spezialisiert. Und dennoch besteht jetzt die entscheidende Frage, ob sich die Menschen die besonderen Leistungen, die Spezialisierung und auch den Extraservice leisten können und wollen. Das wird die spannendste Frage unserer Branche in den kommenden 10-20 Jahren sein. Wie also entwickelt sich hier unsere Branche weiter?
Fitness-Apps und neue innovative Trainingsgeräte erleben geradezu einen Boom. Wie kann das die Branche verändern?
Das ist eine gute Frage. Fitness- und Gesundheits-Apps gibt es ja bereits recht lange. Und auch technologiegesteuerte Trainingsgeräte und eine Unterstützung des Trainings durch Technologie ist bereits seit längerem ein Trend. Wir starteten zum Beispiel mit unserer Firma Pixformance schon 2011 mit einem Fitness-Spiegel und sind damit schon recht lange auf dem Markt. Doch der Trend scheint sich jetzt erst durchzusetzen. Es ist spannend zu sehen, dass es doch so lange braucht, bis sich eine Technologie tatsächlich durchsetzt. Darum habe ich das Gefühl, dass wir erst jetzt dabei sind, mit diesen ganzen neuen Technologien in den Mainstream einzutauchen.
Über die Frage, wie sich die Fitnessbranche jetzt verändert und in welche neue Welle wir jetzt einsteigen, lässt sich nur spekulieren. Lassen Sie uns daher den Trend in den USA ansehen, denn Amerika ist Europa im Bereich Fitness und Health immer noch weit voraus. Der Trend dort zeigt, dass auch hier in Deutschland das Thema der ganzheitlichen Gesundheit viel stärker in den Vordergrund rücken wird und auch rücken muss. Das liegt letztendlich daran, dass Fitness immer noch getrieben wird von der Motivation, sich in seinem Körper wohlzufühlen und auch abzunehmen. Aus den neueren medizinischen Erkenntnissen wissen wir, dass das Wohlfühlgewicht und eine gute Körperform nicht allein ein Thema von „Sport“ ist oder etwa davon, dass wir Kalorien dem Körper hinzufügen und Kalorien dann wieder abtrainieren. Abnehmen bedeutet auch, ich muss vor allem mental gesund sein und auf mich Acht geben. Allein die Darmgesundheit und oder etwa das Nervensystem spielen hier eine zentrale Rolle. Und deswegen sehe ich die neuesten Trends viel holistischer. Das wird auch die technologische Entwicklung prägen. Um genau diese holistische Sichtweise wird es zunehmend im Fitnessbereich gehen.
Wie beeinflussen soziale Medien und Influencer den Markt?
Ich glaube, dass Influencerinnen und Influencer heutzutage die Rolle des klassischen Marketings übernommen haben. Ich möchte jetzt eine ganz kritische These aufstellen. Influencer sind leider nicht so frei in ihrer Meinungsbildung, wie wir das als Consumer vielleicht glauben. Da ich viel als Investor tätig bin habe ich einen ganz guten Eindruck, wie Influencer-Marketing überhaupt funktioniert. Wir wissen, dass das Influencer-Marketing einfach einen weiteren klassischen Marketing-Channel darstellt und wir wissen auch, dass es beeinflusst wird durch Produkte und finanziellen Interessen von Firmen, die dahinterstehen. Dementsprechend würde ich sagen: Ja, das Influencer-Marketing ist das wichtigste Medium heutzutage, da es Meinungsbildung bedeutet. Damit hat sich der Media-Channel gewandelt. Früher lasen die Menschen Tageszeitung und deren Anzeigen, später haben sie die Facebook-Anzeigen gesehen und heute bekommen sie auf TikTok die Influencer eingespielt. Das ist der große Wandel. Doch ob die Message jetzt eine Andere ist, bezweifle ich stark. Denn auch die Influencer leben – genauso wie damals die Zeitungen und Facebook - von dem Marketing-Budgets der größeren Marken. Inhaltlich spielen sie damit eine kleine Rolle, bezogen auf den Media-Channel spielen sie die entscheidende Rolle.
4. Welche Auswirkungen erwarten Sie durch den demografischen Wandel auf die Branche?
Die Fitness- und Health-Branche spielt wahrscheinlich eine ganz entscheidende Branche für die Zielgruppe. Erstens wird es zukünftig immer mehr ältere Menschen geben und sie stellen dann die Mehrheit der Consumer da. Das heißt: die Angebote müssen mehr auf diese Zielgruppe zugeschnitten sein – und das ist sie heute im großen Maße noch nicht. Immer noch orientiert sich die Branche an den „Mitdreißigern“. Hier wird auf jeden Fall noch ein Wandel passieren. Allerdings finde ich sehr spannend, dass die jetzige Generation der Älteren noch keine so großen Fitnesserfahrungen hat. Erst die Generation, die in 10 Jahren die 50 bis 60-Jährigen stellt, wird diese umfassende Fitness-Erfahrung haben. Dann werden auch ihre Ansprüche höher sein. Und die zukünftigen Konzepte werden dann die „holistischen Gesundheitskonzepte sein, von denen ich vorhin sprach. Das wird der eigentliche große Wandel werden.