Nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) sollen ab 2022 Verwaltungsleistungen über digitale Verwaltungsportale angeboten werden - wie weit sind die Verwaltungen auf dem Weg dahin?
Die Digitalisierung der Verwaltung ist eine der zentralen Aufgabe, die die Zukunftsfähigkeit Deutschlands maßgeblich voranbringen wird. Vor allem ist sie schon lange überfällig. Bund, Länder und Kommunen haben in Sachen Digitalisierung der Verwaltung leider viele Jahre im analogen Dornröschenschlaf verbracht und entsprechend schlecht steht Deutschland nun auch im europäischen Vergleich da. Sowohl das OZG als auch das eGovernment Gesetz machen daher richtige und wichtige Vorgaben, die den notwendigen Druck auf den Kessel bringen, um Veränderungen in einem sehr komplexen System voranzubringen.
Erste Erfolge gibt es bereits: Wir befinden uns nun in der Umsetzungs- und nicht mehr in der reinen Konzeptionsphase. Allerdings ist dieser Erfolg je nach Bundesland durchaus unterschiedlich zu bewerten und somit fällt auch die Antwort auf die Fragen nach dem Umsetzungsstand des OZG entsprechend differenziert nach Bundesländern aus. Aktuell versucht der Bund auf Grundlage des Konjunkturprogramms und der Bereitstellung von EUR 3 Milliarden nochmals eine ergänzende Motivation zu schaffen und Projekte und Veränderungen zu unterstützen. Aber alleine bei der Verteilung dieser angekündigten Gelder hat das übliche Kompetenzgerangel im Dreieck Bund, Länder und Kommunen wieder lange für Stillstand gesorgt.
Bund, Länder und Kommunen müssen sich in den kommenden Monaten viel stärker als bisher auf ein konstruktives Miteinander sowie gemeinsame Ziele und Wege einigen. Die brachliegenden Potentiale in diesem Segment sind immens, beginnend bei den infrastrukturellen Voraussetzungen wie etwa der Cloudnutzung bis hin zu den Datenaustauschsynergien, nicht zuletzt im Bereich Open Data. Aber auch das interne Mindset der Verwaltung muss sich noch weiter verändern und mit digitalen Kompetenzen stetig ergänzt werden. Der seitens des neuen CIO des Bundes erstellte, auch inoffiziell bekannt gewordene 9-Punkte Plan behandelt im Kapitel „Modernisierung von Verwaltung und verwaltungsinternen Diensten“ bereits die richtigen Themenfelder.
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Welchen Schub hat die Corona-Krise der Digitalisierung in Verwaltungen gegeben und wie nachhaltig ist dieser ggf.?
In den letzten Monaten dürften etliche Bedienstete in Behörden und Verwaltungen die positiven Effekte einer digitalisierten Arbeitswelt am eigenen Leibe erfahren haben. Es ist zu hoffen, dass diese Erfahrung künftig auch Entscheidungen im Bereich Einkauf und Einsatz von digitalen Technologien und Arbeitsweisen positiv beeinflussen wird. Eine von eco gemeinsam mit Arthur D. Little erarbeitete Studie zur Zukunft der Internetwirtschaft bescheinigt gerade im Bereich Anwendungen der öffentlichen Verwaltung (u.a. im Bereich Gesundheit und Bildung) ein immenses wirtschaftliches Wachstumspotential und einen entsprechend signifikanten Anteil an der Steigerung des zukünftigen BIP.
Als größtes Hindernis für eine weitere Digitalisierung der Verwaltung gelten nach einer neuen Studie Medienbrüche und Schnittstellenprobleme. Wie können diese aus Ihrer Sicht über die verschiedenen Verwaltungsstufen in einem föderal organisierten Land überwunden werden?
Auch hier können meines Erachtens bereits auf Bundesebene gestartete Initiativen wie etwa GAIA-X bei entsprechendem politischen Willen einen zielführenden Rahmen schaffen, der infrastrukturell und in Kombination mit Ansätzen des International Data Space sicheren und souveränen Datenaustausch auf allen Ebenen der Verwaltung ermöglicht. Der Austausch zwischen Bund, Ländern und Kommunen muss hier entsprechend auf Augenhöhe stattfinden und auch digitale Kompetenzen aller Beteiligten müssen angeglichen werden. Nur so wird Kommunikation auf dem Weg in die digitale Transformation über die klassischen Silogrenzen hinweg in der Verwaltung möglich.
Die Verwaltungsmitarbeiter gelten als Schlüssel bei der digitalen Transformation - wie sollten die Mitarbeiter auf diesem Weg begleitet werden?
Digitale Aus- und Weiterbildung ist der zentrale Schlüssel. Wir brauchen in Deutschland generell ein Curriculum der schulischen Bildung, welches es in allen Bundesländern ermöglicht, vergleichbare digitale Kompetenzen mit dem jeweiligen Schulabschluss zu erwerben. Sowohl in der dualen als auch in der universitären Ausbildung müssen digitale Kompetenzen und Informatik Pflichtbestandteil werden. Nur so erhalten wir mündige BürgerInnen und Arbeitskräfte in Wirtschaft und Verwaltung, die gemeinsam den digitalen Wandel gestalten können. Für bestehende Verwaltungsangestellte müssen verpflichtende digitale Weiterbildungen eingeführt werden. Die in der Diskussion befindliche Digitalakademie des BMI erscheint mir hier sicherlich bereits eine gute Idee zu sein.