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Interview30.09.2020

Bewährte Ausnahmeregelungen sollten zur Regel werden

Wie die kommunalen IT-Dienstleister die Digitalisierung vorantreiben

Dr. Ralf Resch, Geschäftsführer der Bundes-Arbeitsgemeinschaft Kommunaler IT-Dienstleister e. V. (VITAKO) Quelle: VITAKO Dr. Ralf Resch Geschäftsführer Vitako - Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e.V.
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Dipl.- Journ. Thomas Barthel
Founder & Herausgeber
Meinungsbarometer.info
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Für VITAKO-Geschäftsführer Dr. Ralf Resch ist offenbar geworden, "dass eine funktionierende moderne Infrastruktur heute schlicht Basis vieler Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge darstellt". Sein Verband setzt sich dafür ein, dass nun Investitionen z. B. in die Schulen keine einmaligen, sondern langfristig gedacht werden müssen. An die Politik hat er klare Forderungen.





Nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) sollen ab 2022 Verwaltungsleistungen über digitale Verwaltungsportale angeboten werden - wie weit sind die Verwaltungen auf dem Weg dahin?
Laut „OZG-Informationsplattform“ haben bislang 30 der 575 Leistungen die „Reifegradstufe 3“ (von 4) erreicht, in der die Beantragung der Leistung inkl. aller Nachweise online abgewickelt werden kann. Bund, Länder und Kommunen haben also noch eine Menge Arbeit vor sich. Derzeit wird in Dutzenden Arbeitsgruppen bundesweit an Lösungen gearbeitet, Online-Services für die bisherigen analog bereitgestellten Leistungen der öffentlichen Hand zu ergänzen. Dabei kommt es aus kommunaler Sicht vor allem darauf an, die bereits seit vielen Jahren genutzten Verwaltungsfachverfahren in den Ämtern und Behörden mit passenden Frontend-Lösungen für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zu verbinden.  

Welchen Schub hat die Corona-Krise der Digitalisierung in Verwaltungen gegeben und wie nachhaltig ist dieser ggf.?
Die kommunalen IT-Dienstleister haben u. a. hunderttausende neue sichere VPN-Zugänge geschaltet und zusätzlich Hardware-Geräte mindestens im mittleren fünfstelligen Bereich beschafft, um Homeoffice und digitales Arbeiten von zu Hause zu ermöglichen. Laut einer Umfrage unter den Vitako-Mitgliedern wird für die Verwaltungsdigitalisierung tatsächlich ein Umsetzungsschub erwartet. In vielen Bereichen wie etwa im Bildungs- und Gesundheitswesen ist offenbar geworden, dass eine funktionierende moderne Infrastruktur heute schlicht Basis vieler Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge darstellt. Vitako setzt sich dafür ein, dass nun Investitionen z. B. in die Schulen keine einmaligen bleiben, sondern langfristig gedacht werden müssen. Es braucht gut durchdachte Nutzungs-, Betreuungs- und Medienkonzepte, die es erlauben, Hard- und Software effizient, sicher und nachhaltig zu bewirtschaften. 

Als größtes Hindernis für eine weitere Digitalisierung der Verwaltung gelten nach einer neuen Studie Medienbrüche und Schnittstellenprobleme. Wie können diese aus Ihrer Sicht über die verschiedenen Verwaltungsstufen in einem föderal organisierten Land überwunden werden?
Wir brauchen eine föderal organisierte Digitalarchitektur, die es erlaubt, die „alte Welt“ und ihre Strukturen auf einem gangbaren Weg in die neue Welt zu überführen. Gemeinsam mit dem Deutschen Landkreistag haben wir kürzlich ein Konzept vorgelegt, das die bestehenden Systeme mit den anvisierten übergreifenden Lösungen zusammenbringt. Ganz wichtig dafür sind gemeinsame Schnittstellen und Standards, an die sich unterschiedliche Komponenten andocken lassen. So können auch spezifische dezentrale Lösungen, die sich seit Jahren bewährt haben, in das Gesamtsystem integriert werden.       

Auch die Politik kann konkret etwas tun: Es müssen endlich die vielen bundes- und landesgesetzlichen Hindernisse beseitigt werden. Wir brauchen z. B. Vereinfachungen beim Schriftformerfordernis, um eben durchgängige digitale Prozesse schaffen zu können. Ausnahmeregelungen, die sich in der Krise bewährt haben, sollten nun zur Regel werden! 

Die Verwaltungsmitarbeiter gelten als Schlüssel bei der digitalen Transformation – wie sollten die Mitarbeiter auf diesem Weg begleitet werden?
Eine Menge hierarchischer Denk- und Arbeitsweisen sind heute obsolet. In der „neuen Arbeitswelt“ braucht es statt Kontrolle und Gehorsam vielmehr Teamarbeit, Kollaboration und kreatives Schaffen. Das ist gerade für die öffentliche Verwaltung eine Herausforderung, weil die Verwaltungen darauf ausgelegt sind, dauerhaft, nach rationaler Art und Weise, nachprüfbar und wiederholbar – eben im besten Sinne bürokratisch – zu funktionieren. Je nach Organisation und Zweck gilt es nun, sich auf die oft durch die Digitalisierung hervorgebrachten neuen Arbeitsweisen einzustellen und sie als Organisation entsprechend zu adaptieren. Eine Begleitung kann und muss im Zweifel sehr individuell stattfinden, da in vielen Verwaltungen ja oft Personal aus drei Generationen arbeiten. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besitzen verschiedene Voraussetzungen und lassen sich oft ebenso unterschiedlich motivieren – vor allem, wenn es um die Digitalisierung ihrer tagtäglichen Arbeitswelt geht.

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