Digitale Lernformate prägen die Weiterbildung zunehmend. Welche Bedeutung haben solche Formate aus Ihrer Sicht?
Durch die pandemiebedingten Einschränkungen haben digitale Lernformate in Bremen erheblich an Bedeutung gewonnen. Einrichtungen der allgemeinen, politischen und beruflichen Weiterbildung im Land haben – mit finanzieller Unterstützung aus Landesmitteln – die Krise als Chance genutzt und die Herausforderungen erfolgreich bewältigt. Dabei wurden viele neue Lernformate und digitale Tools ausprobiert. Einige davon haben sich auch über die Pandemie-Zeit hinweg etabliert. Auch, weil die Vorteile auf der Hand liegen: keine Reisezeit und Reisekosten für Teilnehmende. Diese können zur Not auch an wichtigen Prüfungen teilnehmen, wenn sie ans Haus gebunden sind. Durch digitale Formate kann den Teilnehmenden zudem oft ein individuelleres Lernen ermöglicht werden, so gibt es zum Beispiel digital gestützte Selbstlerneinheiten, die im eigenen Tempo absolviert werden können.
Von den Weiterbildungseinrichtungen im Land weiß ich auch: Nach den Pandemie-Einschränkungen hat die Nachfrage nach digitalen Lernformaten nachgelassen. Die Teilnehmenden haben die Rückkehr in den Kursraum häufig explizit gewünscht. Die digitalen Formate gehören aber weiterhin zum Angebotsportfolio der Einrichtungen. Ein Zurück auf Null wird es nicht mehr geben. Digitale Angebote sind fester Bestandteil der Weiterbildung in Bremen.
Nach einer aktuellen Untersuchung halten etwa drei Viertel der Beschäftigten digitale Weiterbildung für wichtig. Wie unterstützen Sie Unternehmen und Beschäftigte in diesem Bereich?
In Bremen ermöglichen wir Beschäftigten, die in unserem Bundesland arbeiten, z. B. durch das „Bremische Bildungszeitgesetz“ die Möglichkeit zur Weiterbildung. In einem Zeitraum von zwei Kalenderjahren können zehn Tage Bildungszeit in Anspruch genommen werden. Dies gilt selbstverständlich auch für Formate, die in digitaler Form angeboten werden.
Bildungszeitangebote beschäftigen sich inhaltlich mit dem Thema Digitalisierung. Sie tragen dazu bei, Teilnehmende beim Kompetenzaufbau für Digitalisierungsprozesse zu unterstützen und sie damit für den Alltag und den Beruf digital handlungsfähig zu machen. Das sind zum Beispiel Angebote, die den Umgang mit KI im beruflichen Alltag lehren. Auch hiervon profitieren Unternehmen.
Rund zwei Drittel haben Interesse an KI-gestützten Trainingsformaten - welche Potenziale sehen Sie hier?
KI nehme ich aktuell als eines der großen Themen in der Weiterbildung wahr. Die Anwendungspotenziale sind enorm – in allen Bildungsangeboten. In Kursen der politischen Bildung beispielsweise animiert der Einsatz von KI zur kritischen Auseinandersetzung mit KI-generierten Informationen und Daten. Wie entstehen diese Informationen? Wie geht man mit den Informationen um? Wie kann man diese Informationen und Daten einordnen und prüfen? Das sind hier wichtige Fragen im Lernprozess. Im Bereich der Alphabetisierung können KI-gestützte Tools ein gutes Hilfsmittel in Lernprozessen von gering Literalisierten sein, zum Beispiel indem sie zum Schreiben anregen, sog. Schreibanlässe schaffen oder unterstützen.
Und dennoch, bei allen Potenzialen, die ich sehe, möchte ich zugleich die Notwendigkeit eines reflexiven und bewussten Einsatzes von KI betonen. Gerade, was den sensiblen Umgang mit Daten betrifft, sind wir zur Vorsicht aufgerufen. Hier Kompetenzen aufzubauen ist meines Erachtens für die Weiterbildung ein relevantes Zukunftsthema.
60 % glauben allerdings auch, dass KI bewährte Formate nicht ersetzen wird. Wie sehen Sie das?
Ich schließe mich den 60 % an - KI wird bewährte Lernformate nicht ersetzen. Aus anderen Umfragen wissen wir: eine Motivation an Weiterbildung teilzunehmen, ist die Freude von Menschen, in einem sozialen Setting gemeinsam miteinander zu lernen, Dinge im Team zu erarbeiten, sich darüber auszutauschen, ins Gespräch zu kommen und dabei auch mal kontrovers zu diskutieren. Objekte anzufassen, an Orte zu gehen, um visuell und haptisch Eindrücke aufzunehmen. Dieses Erleben und diese Erfahrungen können KI und KI-gestützte Simulationssysteme meiner Meinung nach nicht komplett ersetzen.
Aber ja, KI wird Weiterbildung und ihre Formate grundlegend verändern. Ein Element wird meines Erachtens eine grundsätzliche Beschleunigung sein. KI-Tools generieren in Sekunden Informationen, Aufsätze, Gliederungen, Übersetzungen, Protokolle usw. – mit dieser Beschleunigung beim Lernen umzugehen, ist Herausforderung und Aufgabe zugleich für Weiterbildungsakteur:innen.