Digitale Lernformate prägen die Weiterbildung zunehmend. Welche Bedeutung haben solche Formate aus Ihrer Sicht?
Digitale Lernformate gewinnen in der beruflichen Weiterbildung stetig an Bedeutung – und das aus gutem Grund. Sie ermöglichen es, Wissen flexibel und unabhängig vom Standort zu erwerben. Gerade in ländlichen Regionen ist das ein echter Gewinn, weil dadurch Bildungszugänge deutlich erweitert und erleichtert werden.
Darüber hinaus eröffnen digitale Formate ganz neue didaktische Möglichkeiten. Virtuelle Lernumgebungen machen es möglich, Prozesse oder Technologien realitätsnah zu erleben, die in der Praxis mit erheblichem Aufwand oder Kosten verbunden wären. Der Einsatz von VR-Brillen, augmented reality oder von simulatorgestützten Anwendungen erlaubt praxisnahe Lernerfahrungen, die früher oft nur in spezialisierten Lehrwerkstätten oder Fachkabinetten mit entsprechender Ausstattung möglich waren.
Solche Formate schaffen eine wichtige Brücke zwischen individueller Lernerfahrung und praktischer Anwendung. Sie tragen demnach dazu bei, Weiterbildung effizienter, zugänglicher und moderner zu gestalten – und sind damit ein zunehmend unverzichtbarer Bestandteil einer zukunftsorientierten Arbeitswelt.
Nach einer aktuellen Untersuchung halten etwa drei Viertel der Beschäftigten digitale Weiterbildung für wichtig. Wie unterstützen Sie Unternehmen und Beschäftigte in diesem Bereich?
Digitale Weiterbildung ist heute für viele Beschäftigte längst kein „Nice-to-have“ mehr – sie ist ein zentraler Schlüssel, um mit den Anforderungen der modernen Arbeitswelt Schritt zu halten. Das nehmen wir als Landesregierung sehr ernst. Unser Ziel ist es, Weiterbildung nicht nur zu ermöglichen, sondern auch gezielt zu fördern und niedrigschwellig zugänglich zu machen.
Ein zentrales Instrument ist dabei die Thüringer Fachkräfte- und Weiterbildungsrichtlinie. Sie richtet sich gleichermaßen an Unternehmen wie an Beschäftigte. Besonders hervorzuheben ist der Weiterbildungsscheck, der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von bis zu 55.000 Euro offensteht. Damit lassen sich zahlreiche Qualifizierungen – insbesondere auch im digitalen Bereich – finanziell unterstützen. Ergänzend fördern wir berufliche Anpassungsqualifizierungen sowie Projekte und Netzwerke, die die Weiterbildungsbeteiligung insgesamt stärken.
Darüber hinaus haben wir mit den vier Thüringer Weiterbildungsagenturen ein flächendeckendes Beratungsnetzwerk aufgebaut. Es bietet unkompliziert und individuell Informationen zu allen Fragen der beruflichen Qualifizierung und Fördermöglichkeiten – und orientiert sich dabei ganz konkret am Bedarf der Unternehmen und ihrer Beschäftigten.
Ein weiterer wichtiger Baustein ist unsere Beteiligung am Bundesprogramm „Zukunftszentren“, das die Anpassung an den digitalen Wandel und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz gezielt unterstützt. In Thüringen wird das Programm durch das „Zukunftszentrum Digitale Transformation Thüringen (ZETT)“ mit Sitz in Jena umgesetzt.
Es bewegt sich also bereits viel in Thüringen. Unser Anspruch ist es, Weiterbildung so wirkungsvoll, flexibel und zukunftsgerichtet wie möglich zu gestalten – damit alle Beteiligten die Chancen des digitalen Wandels aktiv nutzen können.
Rund zwei Drittel haben Interesse an KI-gestützten Trainingsformaten – welche Potenziale sehen Sie hier?
Das große Interesse an KI-gestützten Trainingsformaten zeigt: Viele Beschäftigte sind offen für neue Lerntechnologien – und erkennen das enorme Potenzial, das in diesem Bereich liegt. Auch wenn wir derzeit noch am Anfang stehen, sind erste Anwendungsfelder bereits sichtbar: So erleichtern automatisierte Übersetzungsprogramme heute schon den Zugang zu Lerninhalten, und auch adaptive Testformate, die sich dem individuellen Wissensstand anpassen, kommen zunehmend bei der Wissensüberprüfung zum Einsatz.
Gerade bei der Vermittlung theoretischer Inhalte kann Künstliche Intelligenz künftig einen echten Mehrwert bieten – etwa durch personalisiert aufgebaute Lernpfade, automatisiertes Feedback oder flexible Prüfungsmethoden. Wenn es gelingt, Lehr- und Lernprozesse so zu gestalten, dass auch standardisierte Formate wie Multiple-Choice-Tests verlässliche Rückschlüsse auf den Lernfortschritt zulassen, dann wird KI-gestützte Wissensvermittlung zur konsequenten Weiterentwicklung bestehender Bildungsangebote.
KI wird das Lernen nicht neu erfinden – aber es effizienter, individueller und zugänglicher machen. Und genau darin liegt ihre große Stärke.
60 % glauben allerdings auch, dass KI bewährte Formate nicht ersetzen wird. Wie sehen Sie das?
Diese Einschätzung teile ich insofern, als dass bewährte Formate weiterhin ihren Platz in der beruflichen Weiterbildung behalten werden. Gleichzeitig sehe ich – wie bereits angesprochen – in KI-gestützten Trainingsformaten großes Potenzial, bestehende Angebote zielgerichtet zu ergänzen und dort, wo es sinnvoll ist, auch zu ersetzen.
Gerade bei der Vermittlung theoretischer Inhalte kann KI ihre Stärken ausspielen – zum Beispiel durch individualisierte Lernpfade oder automatisierte Rückmeldungen. Aber der persönliche Austausch, praktische Übungen oder erfahrungsbasiertes Lernen lassen sich nicht vollständig digital abbilden – und sollen das auch gar nicht.
Es geht also nicht um ein Entweder-oder, sondern um eine sinnvolle Verbindung von Bewährtem und Neuem.