Die EU hat ein Medienfreiheitsgesetz auf den Weg gebracht - was halten Sie ganz grundsätzlich von so einem Regelwerk?
Als überzeugte Europäer erkennen wir Mitglieder der Freien Demokraten sowohl die Notwendigkeit als auch den Nutzen eines Medienfreiheitsgesetzes auf EU-Ebene. Die globale und europäische Perspektive auf Presse- und Medienfreiheit verdeutlicht, wie prekär die Lage in einigen europäischen Staaten ist, was auch immer wieder von Organisationen wie Reporter ohne Grenzen bestätigt wird. Die Exklusivität staatlich finanzierter Medien und die Marginalisierung privater Akteure stehen im Widerspruch zu unseren europäischen Werten. In diesem Kontext ist das Bestreben der EU, regulierend einzugreifen, verständlich und unterstützenswert. Dennoch dürfen wir nicht übersehen, dass die Mediensysteme der Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich sind. Das deutsche duale Mediensystem, geprägt von den Erfahrungen der NS-Zeit, ist ein ausbalanciertes Modell. Unsere Landesmedienanstalten und der Deutsche Presserat leisten hervorragende Arbeit. Daher ist es wesentlich, dass das neue Regelwerk bestehende, funktionierende Systeme nicht beeinträchtigt, sondern vielmehr darauf abzielt, dysfunktionale Systeme an ein höheres, europäisches Werteverständnis anzupassen. In vielen Aspekten ist dies gelungen, jedoch nicht in allen. Unser Fazit ist somit gemischt, und für viele Mitgliedstaaten, einschließlich Deutschlands, stellt das EMFA keine Verbesserung dar.
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Eine unabhängige Medienaufsichtsbehörde soll geschaffen werden. Was halten Sie davon?
Die Schaffung einer unabhängigen Medienaufsichtsbehörde ist für uns ein wesentlicher kritischer Aspekt. Obwohl es gelungen ist, eine direkte Aufsicht durch die Europäische Kommission zu verhindern, bleibt eine gewisse Nähe bestehen. Dies zeigt sich darin, dass das Ausschusssekretariat an die Kommission angegliedert und von dieser finanziert wird. Eine echte Unabhängigkeit und Staatsferne ist dadurch nicht gewährleistet. Zudem bestand mit der ERGA bereits ein funktionierendes Netzwerk europäischer Regulierungsbehörden.
Regelungen zum Quellenschutz sind aus dem ursprünglichen Entwurf gestrichen worden. Wie bewerten Sie das?
Der Schutz von Informationsquellen ist für uns als Freie Demokraten von zentraler Bedeutung. Investigativer Journalismus und die Rolle der Presse als vierte Gewalt und öffentlicher Wachhund sind ohne Quellenschutz nicht realisierbar. Der EMFA enthält aber weiterhin Bestimmungen zum Quellenschutz, was besonders für jene Mitgliedstaaten vorteilhaft ist, in denen dieser kaum oder gar nicht existiert. Für Deutschland sehe ich jedoch keine signifikanten Verbesserungen in diesem Bereich.
Welche Änderungen und Konkretisierungen halten Sie nach der Einigung beim Trilog noch für nötig und möglich?
Aus unserer Sicht besteht Änderungs- und Konkretisierungsbedarf insbesondere in den Artikeln 5, 6 und 10 ff. Diese betreffen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, den Quellenschutz sowie die inhaltliche Verantwortung von Presseinhalten und das EMFA-Board. Der EMFA ist ein komplexes Regelwerk, das durch zähe Verhandlungen und vielschichtige Interessen geprägt ist. Als direkt anwendbare Verordnung bleibt sie in einigen Punkten unklar, was sowohl positiv als auch negativ sein kann. Ob der EMFA letztendlich ein Erfolg sein wird, wird die Zukunft zeigen. Ich bin noch skeptisch, ob es der angestrebte Durchbruch sein wird. Ich bin gespannt auf die Auswirkungen auf unser duales Mediensystem. Größere Änderungen halte ich für unwahrscheinlich, da dies Mehrheiten erfordert, die in Europa schwer zu organisieren sind, wie die bisherigen Verhandlungen deutlich gemacht haben. Angesichts der bevorstehenden Europawahl erwarte ich daher keine relevanten Änderungen mehr.