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Welche Kompetenzen die Anwendung von KI-Tools in Schulen erfordert

Welche Potenziale es gibt - und wo Herausforderungen liegen

Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung des Landes Rheinland-Pfalz Quelle: Peter Bajer Dr. Stefanie Hubig Bildungsministerin Landesregierung Rheinland-Pfalz 24.02.2023
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Das richtige Verständnis von KI-Textgeneratoren und ihre kompetente Nutzung wird integraler Bestandteil digitaler Bildung werden", prognostiziert die Rheinland-Pfälzische Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig (SPD). Dabei sieht sie große Chancen - aber auch vielfältige Herausforderungen.







KI-Anwendungen wie ChatGPT erobern die Kinder- und Klassenzimmer. Was sind aus Ihrer Sicht die größten damit verbundenen Chancen und Herausforderungen für die Schulen?
Das richtige Verständnis von KI-Textgeneratoren und ihre kompetente Nutzung wird integraler Bestandteil digitaler Bildung werden. Wie für alle digitalen Anwendungen, die bisher im Unterricht eingesetzt werden, gilt auch hier: Es reicht nicht aus, sie anzuwenden, ohne sie zu hinterfragen. Grundsätzlich haben Systeme wie ChatGPT viel Potenzial. Sie ermöglichen Schülerinnen und Schülern individuell personalisiertes Lernen, sie können sich an Interaktionen der Lernenden ausrichten und damit Schülerinnen und Schüler auf Basis ihrer individuellen Stärken und Schwächen strukturiert unterstützen. Die richtige Anwendung solcher Tools setzt allerdings voraus, dass Schülerinnen und Schüler weitere Kompetenzen entwickeln, zum Beispiel Lesefertigkeiten, Kenntnisse über spezielle Textsorten und die Fähigkeit, den eigenen Schreibprozess und Inhalte kritisch zu reflektieren. Bringen Schülerinnen und Schüler diese Fertigkeiten mit, können Systeme wie ChatGPT ihnen helfen, ihre Schreibleistungen zu verbessern. Allerdings bergen KI-Systeme nicht nur positive Potenziale, sondern auch Gefahren. Sie können absichtlich falsche Informationen erzeugen, aufgrund ihrer Funktionsweise und der eingespeisten Quellen produzieren sie zum Teil noch gravierende Fehler. Daher ist es neben dem grundlegenden Verständnis der Funktionsweise enorm wichtig, dass Schülerinnen und Schüler die Wirkweise von ChatGTP & Co. kritisch hinterfragen. Schülerinnen und Schüler dürfen KI nicht als Ersatz für eigenständiges Arbeiten nutzen oder Aufgaben quasi "auf Knopfdruck" erledigen, weil ihnen das Verständnis dafür fehlt. Das Werkzeug soll die Lernenden beim Lernen unterstützen, es darf den Lernprozess nicht ersetzen.

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In der Debatte ist bereits vom "Tod der Hausaufgabe" u. ä. die Rede - wie muss sich insbesondere die Didaktik auf KI-Anwendungen einstellen?
Mit pauschalen Urteilen wird man der Komplexität dieses Themas gewiss nicht gerecht. Der Taschenrechner hat das Kopfrechnen schließlich auch nicht überflüssig gemacht. Man muss sich aber in Zukunft die Frage stellen, in welchen Unterrichtssituationen und aus welchen didaktischen Gründen KI-Textgeneratoren erlaubt sein werden. In jedem Fall wird ChatGPT neue Aufgaben- und Prüfungsformate erforderlich machen, möglicherweise müssen Bewertungskriterien angepasst werden.

Grundsätzliche Verbote sind meiner Ansicht nach nicht zielführend. Schülerinnen und Schüler sollen erweiterte digitale Möglichkeiten nutzen. Bewertet würde insgesamt allerdings nicht nur oder weniger das Endergebnis, sondern vor allem der Lösungsweg und die Qualität der Vorgehensweise. Schülerinnen und Schüler müssen dabei den Einsatz ihrer Hilfsmittel dokumentieren und zeigen, dass sie sich auch die Inhalte verstanden haben, mit denen zum Beispiel ein KI-Textgenerator gefüttert wird. Denn nur dann erkennen sie auch, ob sie eine KI möglicherweise auf eine falsche Fährte gelockt hat. Wenn Schülerinnen und Schüler hier ungeprüft inhaltliche Fehler übernehmen, müssen Sie auch lernen, dafür die Verantwortung zu tragen. Diese Reflexion des Lernprozesses führt, gerade im Austausch innerhalb der Lerngruppe, zur Ausbildung metakognitiver Fähigkeiten.

Vor allem beim Thema Bildungsgerechtigkeit dürfte uns KI vor ganz neue Herausforderungen stellen. Natürlich ist es zwingend geboten, dass neue digitale Hilfsmittel allen Schülerinnen und Schülern im selben Umfang zur Verfügung stehen. Aber das ist nur ein organisatorischer oder technischer Aspekt. Viel wichtiger ist für mich, dass wir sicherstellen, dass nicht nur jene Schülerinnen und Schüler von KI profitieren, die aufgrund ihrer Voraussetzungen und ihrer Fähigkeiten ohnehin schon zu den leistungsstärksten gehören. Wir müssen verhindern, dass der Einsatz von KI die Schere zwischen jenen mit hohem Kompetenzlevel und denjenigen mit größerem Unterstützungsbedarf nicht noch weiter auseinanderzieht.

Welche Chancen bieten moderne KI-Anwendungen auf der anderen Seite für die Lehrerschaft - etwa bei der Kontrolle von Arbeiten o.ä.?
KI-gestützte Programm können Lehrkräfte beim Erstellen von Unterrichtsreihen und Prüfungsaufgaben sowie beim Sammeln von Material unterstützen. Chancen in der Unterrichtsgestaltung bieten KI-Werkzeuge dann, wenn es um einfache, wiederkehrende Routineaufgaben geht, die durch das Tool schneller erledigt werden. Das schafft Freiräume für die produktive und kritische Auseinandersetzung mit einem Thema.

Welchen rechtlichen Rahmen muss es mittelfristig für KI-Anwendungen in den Schulen geben?
Eine Herausforderung beim Einsatz von generativen KI-Sprachmodellen im Bildungswesen ist in der Bewertung von Lernergebnissen zu sehen. Die Verwendung von ChatGTP macht es unter Umständen nahezu unmöglich, individuelle Eigenleistungen zu beurteilen, sofern die Lehrkraft nur das reine Endergebnis betrachten kann, zum Beispiel bei einer schriftlichen Hausaufgabe. Die wesentlichen Instrumente der Leistungsfeststellung - also Klassenarbeiten, Klausuren oder mündliche Prüfungen - können weiterhin so stattfinden wie bisher. Größere Fragen werden sich gewiss auch im Bereich des Datenschutzes ergeben: Systeme, die eine Registrierung erfordern, können Profile von Schülerinnen und Schülern und deren inhaltlichen Schwerpunkten erstellen. Das wirft für den Datenschutz an Schulen neue Fragen auf.

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