Viele Menschen haben bereits Erfahrungen mit der Vermischung von Arbeit und Urlaub zur sogenannten Workation gemacht, noch mehr wünschen das. Wo sehen Sie die wichtigsten Vor- und Nachteile von Workation?
Sicher kann die Vermischung von Arbeit und Urlaub zu Kommunikations- und Koordinationsschwierigkeiten in einem Unternehmen führen. Konkret sind insbesondere die genauen Arbeitszeiten des Arbeitnehmers zu klären – insbesondere bei Reisezielen mit erheblicher Zeitverschiebung. Auch die zuverlässige Erreichbarkeit muss unter technischen Gesichtspunkten geklärt und sichergestellt sein. Hinzu kommen rechtliche Fragestellungen im Hinblick auf Datenschutz, Steuerrecht und Versicherungsschutz. All das muss im gegenseitigen Einvernehmen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern geklärt sein, bevor Workation gemacht werden kann.
Zu den Vorteilen gehört sicher das erhöhte Maß an Flexibilität für die Arbeitnehmer. Laut einer aktuellen PwC-Studie trägt Workation für acht von zehn Beschäftigten zu einer besseren Work-Life-Balance bei. Fast ebenso viele geben an, dass ein solches Angebot ihre Zufriedenheit im Job erhöht. Drei von vier Beschäftigte betonen sogar, dass ihre Produktivität zugenommen hat. In Zeiten eines immer stärker werdenden Fachkräftemangels, der insbesondere dem Mittelstand zusetzt, kann es sich kein Arbeitgeber leisten, diese Zahlen zu ignorieren. Gerade bei jüngeren Arbeitnehmern können entsprechende Angebote einen erheblichen Arbeitsanreiz darstellen.
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Eine ganze Reihe von Unternehmen erlaubt gar keine Workation. Wie bewerten Sie das - ggf. auch mit Blick auf das Recruiting neuer Mitarbeiter?
Im Hinblick auf die Vorzüge einer einvernehmlichen Workation sollten Unternehmen, die das nicht erlauben, das Für und Wider genau abwägen. Es gilt jedoch auch zu berücksichtigen, dass es einige Unternehmen gibt, deren Geschäftsmodell sich nur schwerlich mit Workation vereinbaren lässt. Das gilt beispielsweise für all jene, bei denen am Standort eingesetzte Maschinen von Mitarbeitern bedient und/oder überwacht werden müssen. Oder für all diejenigen, die essenziell auf persönlichen Kundenkontakt angewiesen sind. Und nicht zu vergessen, sind die vielen Berufe im sozialen Bereich, wenn Sie beispielsweise an Pflegepersonal in Krankenhäusern und Seniorenresidenzen oder an Erzieher denken.
Workation wird stärker von Menschen mit höherem Einkommen ausgeübt. Welche Förderprogramme halten Sie für Einkommensschwächere für denkbar und geeignet?
Workation trägt zur Weiterbildung und Horizonterweiterung der Angestellten bei, weshalb es allen Beschäftigten ermöglicht werden sollte. Die Unternehmen sind bestrebt, dieses neue Arbeitsmodell umzusetzen, allerdings ist es für die meisten gerade nach der herausfordernden Corona-Pandemie finanziell nicht stemmbar. Deshalb ist staatliche Unterstützung notwendig. Denkbar wären aus meiner Sicht spezielle Förderprogramme, die von staatlicher Seite beispielsweise durch Zuschüsse für Reise- und Unterbringungskosten unterstützt werden. Auch Weiterbildungsangebote im Bereich digitaler Kompetenzen könnten dazu beitragen, dass Arbeitnehmer aller Einkommensgruppen von dieser Entwicklung profitieren.
Workation kann rechtliche Probleme zur Folge haben. Welchen Regelungsbedarf sehen Sie bei der Politik?
Die Politik muss die Unternehmen spürbar entlasten, weshalb alle Regelungen, die für die Unternehmen zu noch mehr Bürokratie führen, zu vermeiden sind. Es darf durch Workation kein zusätzlicher Regulierungsaufwand entstehen. Die Unternehmerinnen und Unternehmer im Mittelstand sind lösungsorientiert und haben vielfältige flexible Lösungen zur Hand, wenn man sie nicht gängelt. Mit Interesse treten sie mit all jenen in den Austausch, die sich für diese neue Form des Arbeitens interessieren und reichen ihnen gerne die Hand.