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Verband fordert klares politisches Signal für Videosprechstunde

Welche Vorteile der Arzttermin am Bildschirm hat - und wo die Grenzen liegen

Sebastian Zilch - Geschäftsführer Bundesverband Gesundheits-IT – bvitg Quelle: bvitg Sebastian Zilch Geschäftsführer Bundesverband Gesundheits-IT - bvitg 12.05.2020
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Sebastian Zilch, Geschäftsführer Bundesverband Gesundheits-IT – bvitg, ist davon überzeugt, "dass auch Videosprechstunden einen festen Platz im Alltag der Gesundheitsversorgung haben werden." Dafür müssen die Voraussetzungen geschaffen werden - rechtlich, aber auch von der Infrastruktur her.







Anbieter von Telemedizin-Lösungen Video verzeichnen vor allem im Bereich der Videosprechstunden in der aktuellen Corona-Krise einen starken Nachfrage-Zuwachs. Welchen Beitrag können Videosprechstunden zur Entlastung des Gesundheitswesens leisten?
Unter dem Oberbegriff „Social Distancing“ wird ja durch verschiedene Maßnahmen versucht, den direkten Kontakt zwischen Menschen einzuschränken, um das Infektionsrisiko zu senken. Videosprechstunden schaffen das sogar auf mehreren Wegen: Einerseits beim Kontakt Arzt-Patient und andererseits zwischen Patientinnen und Patienten – gerade Wartezimmer sind ja für ihr Ansteckungsrisiko berüchtigt.

Darüber hinaus gibt es auch weitere Vorteile wie eine bessere zeitliche Planbarkeit für alle Beteiligten. Zudem ist der Ablauf für Patientinnen und Patienten angenehmer, etwa weil der Weg zur Arztpraxis entfällt.

Für welche Krankheitsbilder und Patientenkreise sind Videosprechstunden besonders gut geeignet?
Videosprechstunden können und sollen den Arztbesuch nicht vollkommen ersetzen. Doch gerade für eine schnelle, allgemeine Ersteinschätzung sind sie gut geeignet. Auch viele Alltagserkrankungen, Folgeuntersuchungen oder psychische Erkrankungen mit mildem Verlauf lassen sich darüber sehr gut abbilden. Aufwändigere Untersuchungen oder solche bei denen medizinische Geräte eingesetzt werden, beispielsweise die Blutabnahme oder eine Ultraschalluntersuchung, lassen sich dagegen besser in einer Praxis abbilden.

Es ist klar, dass Videosprechstunden nicht von heute auf morgen überall eingesetzt werden. Doch genauso wie Videokonferenzen auch nach Corona eine größere Rolle im Arbeitsleben vorhergesagt wird, bin ich überzeugt, dass auch Videosprechstunden einen festen Platz im Alltag der Gesundheitsversorgung haben werden.

Im Zuge der Corona-Krise wurden Beschränkungen für Videosprechstunden gelockert. Wie sollten die Regeln nach einem möglichen Ende der Corona-Krise gestaltet werden?
Der restriktive Umgang mit der Videosprechstunde vor Corona hat auf allen Seiten für Unsicherheit gesorgt und eine breite Nutzung verhindert. Deshalb braucht es schon heute das klare politische Signal, dass die Videosprechstunde fester Bestandteil unserer Gesundheitsversorgung bleiben soll. Damit könnte die Telemedizin insgesamt gestärkt und die ärztliche Versorgung noch weiter verbessert werden.

Damit die Videosprechstunde zu einer adäquaten Alternative zum Vor-Ort-Termin werden kann, muss sie schrittweise durch weitere Services erweitert werden: So sollte es zukünftig möglich sein, darüber Medikamente zu verschreiben oder eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auszustellen. Darüber hinaus braucht es auch eine angemessene Entlohnung und weitere Anreize für Ärztinnen und Ärzte, die Videosprechstunde in ihren Behandlungsalltag einbauen.

Nach dem MLP-Gesundheitsreport aus dem Jahr 2019 hatten nur 10 % Prozent der Ärzte Videosprechstunden im Angebot oder in Planung und nur für 33 % der Patienten kämen solche Angebote in Frage. Kann die Corona-Krise helfen, die Skepsis gegenüber solchen Angeboten zu verringern?
Absolut. Denn viele konnten sich in den vergangenen Wochen zum ersten Mal ganz konkret von den Vorteilen einer digitalen Gesundheitsversorgung überzeugen. War der Arztbesuch bisher selbstverständlich mit langen Wartezeiten verbunden, hat man plötzlich erlebt, dass es auch ganz anders geht. Natürlich muss der Umgang mit der Videosprechstunde auf beiden Seiten weiter geübt werden, damit das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis auch in der digitalen Welt Bestand hat.

Welche Chancen und Herausforderung für die Arbeit mit digitalen Daten entstehen durch den häufigeren Einsatz von Telemedizin-Lösungen?
Die Qualität digitaler Lösungen steigt und fällt mit der zugehörigen Infrastruktur. Dass es um die nicht allzu gut gestellt ist, wissen wir nicht erst seit den mittlerweile gut bekannten ruckelnden Videokonferenzen im Homeoffice. Hier braucht es einen konsequenten Ausbau, ganz besonders in ländlichen Regionen. Es müssen zudem Wege gefunden werden, wie wir besser mit der höheren Intensität bei einer rein digitalen Kommunikation umgehen können.

Eine gesunde und sinnvolle Mischung aus menschlicher Begegnung vor Ort und im digitalen Raum zu finden ist das Ziel.

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