Nach aktuellen Erhebungen wollen viele Unternehmen und die Mitarbeiter das zur Corona-Krise eingeführte Homeoffice dauerhaft stärker etablieren – was sind die wichtigsten Vorteile davon?
Eine im Mai 2020 durchgeführte anonyme Umfrage unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an unserem Institut zu den Erfahrungen mit Homeoffice in den ersten Wochen der Coronakrise zeigte, dass niemand künftig ausschließlich im Büro arbeiten möchte. 47 Prozent halten sich für produktiver, 40 Prozent für etwa gleich produktiv, wenn sie an einem selbst gewählten Arbeitsplatz außerhalb des Büros arbeiten. Die Möglichkeiten des flexiblen Arbeitens und von Homeoffice werden daher letztlich zu effizienterem Arbeiten und zu einer verbesserten Vereinbarkeit von Beruf und Familie führen.
Es gibt aber natürlich noch weitere positive externe Effekte. Die Verkehrssysteme in den Ballungszentren werden entlastet und der Ausstoß von CO2 vermutlich im Saldo reduziert. In den Ballungszentren könnte mehr Homeoffice zudem langfristig zur Verbesserung des Wohnraumangebots führen. Zum einen, weil möglicherweise weniger Büroraum benötigt wird. Zum anderen, weil Wohnraum außerhalb der Stadt attraktiver wird, wenn weniger gependelt werden muss.
JETZT HERUNTERLADEN
DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE

DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
Untersuchungen zeigen, dass individuelle Arbeit im Homeoffice besser als Teamarbeit funktioniert. Was bedeutet das für das Management?
Das Arbeiten an verteilten Standorten stellt zusätzliche Anforderungen an die digitalen Tools und Prozesse, aber auch an die Führungskräfte. Um die Teamarbeit am Laufen zu halten, haben wir am bidt bei der Auswahl der Softwaretools die digitale Kollaboration im Blick. Führt man Workshops digital durch, wird zum Beispiel ein Tool wie Miro benötigt, das es ermöglicht, gemeinsam an einer virtuellen Tafel zu arbeiten. Zur Darstellung des Arbeitsfortschritts im Team eignen sich digitale Kanban-Tools. Außerdem gilt es für das Arbeiten in verteilten Teams, Tools auszuwählen und zu etablieren, die es ermöglichen, alle Papierprozesse zu digitalisieren.
Wir achten zudem darauf, dass die vor Corona etablierten regelmäßigen Austauschtermine zumindest erhalten bleiben, wenn nicht sogar vermehrt werden. Solche Termine sollten nicht ausschließlich per Video stattfinden. Wir versuchen, wenn es Corona zulässt, einen Team-Tag pro Woche zu etablieren. An diesem Tag sollen möglichst alle Mitarbeiter im Büro sein und viele Meetings stattfinden.
Inwieweit lassen sich Büroflächen und Dienstreisen durch Homeoffice-, Hybrid-Modelle und Online-Meetings einsparen?
Die Erfahrungen mit den langen Wochen im Homeoffice zum Beginn der Coronakrise haben uns gezeigt, dass es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin schätzen, Arbeitszeit im eigenen Büro und mit dem Team zu verbringen. Und wenn sie im Büro sind, möchten sie ihren eigenen festen Arbeitsplatz. Trotzdem überlegen wir, wie wir zukünftig ein Desksharing organisieren können. Eine Lösung könnte eine Art Kompromiss sein: Jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin behält einen festen Arbeitsplatz, zugleich lösen wir Einzelbüros auf und geben nicht besetzte Räume für alle frei, damit dort bei Bedarf in Ruhe gearbeitet und telefoniert werden kann. Dies würde bei uns zu einer begrenzten Verringerung des Raumbedarfs von etwa 20 Prozent führen.
Einen viel größeren Effekt erwarte ich langfristig bei Einsparung von Dienstreisen. Videokonferenzen sind nun allgemein eingeübt und akzeptiert. Da muss es schon besondere Gründe für eine Dienstreise geben. Ich bin gespannt auf welchem Wert sich das einpendeln wird, erwarte aber eine Reduktion von mehr als 50 Prozent.
Die Politik diskutiert auch ein Recht auf Homeoffice. Was sagen Sie dazu?
Das bidt hat im März und Juni 2020 zwei repräsentative Online-Befragungen zur Verbreitung und Akzeptanz von Homeoffice durchgeführt. Die Zufriedenheit mit Homeoffice ist arbeitgeber- und arbeitnehmerseitig demnach generell hoch und technische Schwierigkeiten gibt es kaum. Angesichts dieser guten Erfahrungen bleibt es daher abzuwarten, ob ein gesetzliches Recht auf Homeoffice überhaupt noch vonnöten sein wird. Das Ziel sollte es eher sein, die Vorzüge von Homeoffice mit den Vorteilen der Präsenzarbeit verknüpfen und zu überprüfen, ob der rechtliche Rahmen eine solche Verknüpfung immer unterstützt.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden zukünftig einfach erwarten, einen Teil ihrer Arbeitszeit im Homeoffice zu verbringen. Dem können sich Unternehmen nicht entziehen, wenn sie als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden wollen.