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Interview21.08.2020

Trend zu Eigenentwicklungen bei Predictive-Policing-Software

Wie es um die Vorhersage von Straftaten in der Schweiz steht

Dr. Matthias Leese - Senior Researcher, Center for Security Studies ETH Zurich Quelle: ETH Zürich/Center for Security Studies Dr. Matthias Leese Senior Researcher Center for Security Studies ETH Zurich
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"Eine zentrale Idee bei der Identifikation von Risikoräumen lautet Ressourcenoptimierung", sagt der Züricher Sicherheitsforscher Dr. Matthias Leese. Aus seiner Sicht werden die Schweizer Polizeien längerfristig nicht um eine stärkere technische Harmonisierung und Kooperation herumkommen. Darüber hinaus gelte es, bestimmte Entwicklungen genau zu beobachten.





Für verschiedene Delikte setzt die Polizei Vorhersage-Software ein - welches Potenzial hat dieses Predictive Policing aus Ihrer Sicht für die Polizeiarbeit?
Das Potential von datengestützten Vorhersagen ist für Polizeibehörden zuerst einmal aus organisatorischer Perspektive interessant. Eine zentrale Idee bei der Identifikation von Risikoräumen lautet Ressourcenoptimierung. Wird etwa in einer Nachbarschaft ein erhöhtes Risiko für Wohnungseinbruchdiebstahl diagnostiziert, können Streifenkräfte zielgerichteter und effektiver eingesetzt und im Optimalfall ein Abschreckungseffekt erzielt werden. Allerdings sollte man sich immer dessen bewusst sein, dass Risikoprognosen auf Wahrscheinlichkeitsrechnungen basieren. Auch wenn die Software eine Nachbarschaft als Risikogebiet identifiziert heisst das nicht, dass dort auch zwangsläufig Delikte stattfinden müssen.

Beim Predictive Policing kommen Algorithmen zum Einsatz - wer sollte diese wie kontrollieren?
Das ist in der Tat eine der wichtigsten Fragen beim Einsatz von Predictive Policing Software. Als öffentliche Behörden haben Polizeien eine Rechenschaftspflicht und auch eine soziale Verantwortung. Das heisst, sie sollten jederzeit erklären können, auf welcher Grundlage sie handeln – warum also beispielsweise mehr oder weniger Streifenwagen unterwegs sind oder warum Personen kontrolliert werden. Werden Risikogebiete allerdings in komplexen und für den Menschen nicht nachvollziehbaren Verfahren von Algorithmen bestimmt, dann wird damit die Rechenschaftsfähigkeit von Polizeien untergraben. Aktuell lässt sich, unter anderem aus diesem Grund, ein Trend weg von kommerzieller Software und hin zu Eigenentwicklungen von Polizeibehörden beobachten.

Kritiker wenden ein, dass insbesondere die (potenzielle) Einbeziehung personenbezogener Daten beim Predictive Policing das Recht auf informelle Selbstbestimmung gefährden könnte - wie sehen Sie das?
Aktuell werden im deutschsprachigen Raum ausschliesslich Verfahren eingesetzt, bei denen die Frage nach der räumlichen Verteilung von Kriminalitätsrisiko im Vordergrund steht. Dazu werden keine personenbezogenen Daten verarbeitet. Sollte es allerdings zu einer Aufweichung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen kommen, dann wäre es denkbar, dass auch hierzulande in Zukunft personenbezogene Verfahren eingesetzt werden könnten. Diese sind meiner Meinung nach sehr kritisch zu sehen, da sie versuchen, das individuelle Verhalten von Menschen zu prognostizieren und damit potentiell zu kriminalisieren, obwohl noch überhaupt keine Straftat stattgefunden hat. Studien aus den USA zeigen beispielsweise, wie dabei systematisch bestimmte Bevölkerungsgruppen diskriminiert werden können. Es gilt also, etwaige Tendenzen in diese Richtung genau zu beobachten.

In Schweiz liegt die Polizeihoheit bei den Kantonen, zudem gibt es Stadt- oder Gemeindepolizeien und die Bundeskriminalpolizei. Was bedeutet das für ein effizientes Predictive Policing?
Es bedeutet zuerst einmal, dass es eine vergleichbar starke Fragmentierung bei Prozessen und technischer Ausstattung zwischen verschiedenen Polizeien gibt. Das sind bekannte Probleme. In Bezug auf Predictive Policing heisst es aber konkret, dass die Prognosefähigkeit wegen fehlender Kooperationsmechanismen im Zweifelsfall an der Kantonsgrenze endet. Um dem entgegenzuwirken, bräuchte es im Optimalfall einen automatisierten Datenaustausch. Aktuell gibt es Bestrebungen, hier neue Rechtsgrundlagen zu schaffen, etwa auf Ebene der Polizeikonkordate. Längerfristig werden die Schweizer Polizeien aber nicht um stärkere technische Harmonisierung und Kooperation herumkommen.

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